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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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unser Freundeskreis wächst stetig, mit meiner Karriere geht es voran und nur abends, wenn ich wach liege, dann denke ich daran, wie schön es wäre, die Liebe einer Frau zu spüren. Manchmal träume ich einen Traum: Ich liege am Strand, und eine Frau, die mich liebt, einfach nur mich, den kleinen Jungen, und nicht meinen Job, nicht mein Geld, nicht die Sicherheit, die ich biete, nimmt meine Hand und wandert mit mir irgendwohin ins Universum.
    »Wer braucht schon eine liebende Frau?«, sagt dann der Cowboy. »Guck dich mal um, so was hat keiner. Sind alle gleich, wollen Kinder, wollen ein Haus, haben keinen Bock zu arbeiten, vögeln fremd, und der einzige Idiot weit und breit bist du, weil du es nicht auch tust.«
    Manchmal haben Elke und ich auch Sex, alle fünf Monate oder so, vielleicht auch ein wenig seltener. Ätherisch, sauber, so wie immer eben, der einzige Unterschied ist der, dass wir beide dabei an den Rosenbubi denken. Sie geht dann duschen, aber ihren frisch gewaschenen Arsch, den kuschelt sie mir zum Einschlafen nicht mehr in den Bauch. Und danach, wenn ich einsam darüber nachdenke, ob das wirklich Sex ist oder bloß eine Art von sporadisch auftauchendem schlechten Elke-Gewissen, wird mir klar, dass ich zum erotischen Sozialhilfeempfänger abgestiegen bin.

Roberto
    Ich bin ein sexloses Wesen.
    Meine Frau hat mich entmannt.
    Ich leide unter jeder Morgenlatte, die ich unter der Dusche entferne, so selbstverständlich, wie Elke sich die Haare an den Beinen rasiert.
    Mein männliches Selbstwertgefühl tendiert gegen null.
    Der Cowboy lacht mich aus, wenn ich mir beim Wichsen ausmale, wie Elke sich schreiend unter mir windet, während ich es ihr richtig besorge.
    Ich muss etwas tun, aber ich weiß nicht, was!
    Ich bin noch nicht der große Aufreißer der späteren Jahre. Und ich habe eine lange Lehrzeit zu absolvieren.
    Zunächst gehe ich wieder mit meinem Basketballkumpel Robert aus, der eigentlich Roberto heißt. Robert ist ob seiner blonden Lockenpracht bereits in jungen Jahren das finale »o« aus dem Rufnamen abhandengekommen, den Halbitaliener in ihm erkennt man bloß an seinen geschmeidigen Bewegungen und den haselnussbraunen Schmachtaugen. Unglücklicherweise hat Robert nicht nur eine umwerfende Wirkung auf Frauen, sondern auch sonst fatale italienische Gene: Weil Letztere einfach nicht mehr als kümmerliche 1,83 Meter Körpergröße hergeben wollten, war Robert im Basketballinternat zwar stets der Begabteste, doch als wir anderen allesamt in Richtung der Zwei-Meter-Marke wuchsen und es um die Bundesligaverträge ging, war er zu seinem Kummer zum ewigen Ersatzspieler verdammt.
    Heute spielt Robert für ein Taschengeld in der dritten Liga, hilft ab und zu im Restaurant seines Vaters aus und macht die Mädels aller Alters- und Gewichtsklassen verrückt. Robert sagt, das reicht ihm. Ich glaube nicht, dass ich so leben könnte, aber wenn ich sein und mein Dasein vergleiche, brauche ich nicht lange darüber nachzudenken, wer definitiv mehr Spaß an seinem hat.
    Damals im Internat haben wir das Zimmer geteilt, und ich habe manche Nacht im Sessel vor dem rauschenden Fernseher des Aufenthaltsraumes verbracht, weil Robert wieder ein Mädchen ins Zimmer geschmuggelt hatte, denn für ihn hätte ich alles getan.
    Ich weiß nicht, warum wir so aufeinander flogen, vielleicht weil der stille, einsame Halbschwede und der vor Witz und Energie sprühende Halbitaliener sich zusammen überraschend ganz fühlten, und als es einmal eng wurde, auf dem dunklen Parkplatz vor dem Internat, und ich zur Verteidigung gegen die drei böse wirkenden Typen vor mir weit und breit keinen Baseballschläger in Reichweite hatte, da stand plötzlich Robert neben mir, und in seiner Hand machte es glänzend klick, obwohl ich noch nie ein Messer bei seinen Sachen gesehen hatte. Als die Typen eilig verschwanden, schlang Robert zärtlich die Arme um mich, und noch heute ist er der einzige Mann, den ich zur Begrüßung umarme und von dem ich mich auch küssen lasse.
    Ja, Jungs, ihr werdet es längst wissen, Robert ist der einzige Mensch auf der Welt, der die ganze traurige Geschichte meines Lebens kennt. Denn einen Freund muss man haben als Mann, und das Leben wird einsam, wenn man ihn aus den Augen verliert, und ein paar Jahre später wird die Trennung von ihm genauso schlimm sein wie die Trennung von irgendeiner Frau, als Robert zurück nach Ligurien geht und es mich in den heimatlichen Norden zieht. Doch bis dahin vergehen noch ein paar

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