Midleifcrisis
ist. Bald werde ich einen Menschen haben, den ich lieben kann, uneingeschränkt lieben, und der mich lieben wird, für alle Zeit.
Ich höre nie wieder etwas von Saskia. Sie verlässt unseren Basketballverein, und außer mir kann sich das niemand erklären.
Viel wünsche ich mir nicht vom Universum. Aber wenn Lisa, meine kleine Tochter, einmal eine junge Frau sein wird, dann hoffe ich, dass das Schicksal sie vor Arschlöchern verschonen wird, wie ich eines bin!
Lisa und Lars
Wir haben uns arrangiert, Stück für Stück, ich denke, dieser Satz trifft es am besten. Wir leben zu viert, manchmal zu fünft oder zu sechst, je nachdem, ich denke, das kommt auf das Hintergrundwissen des Betrachters an.
Elke, ich und die Kinder.
Elke, ich und der Rosenbubi und die Kinder.
Elke, ich und der Rosenbubi und die Kinder und der Cowboy, der mich fragt, ob ich eigentlich noch alle beisammenhabe. Aber irgendwie schaffe ich den Absprung nicht.
Elke ist in Sachen Rosenbubi sehr diskret, manchmal vergesse ich ihn monatelang. Natürlich haben wir uns ausgesprochen, so wie man es unter erwachsenen Leuten tut. Dass er ihre Seele berührt habe, hat sie erzählt, weil er so jung war und weil er für die Musik lebt, die er macht, und nicht für die Arbeit in der Bank. Und dass Musik ihr Herz berührt und sie deshalb vielleicht anfällig war.
Eine Weile gehe ich wieder mit ihr in Konzerte oder tanzen, aber es ist nicht das Gleiche. Ich spiele in keiner Band den Bass, und wenn sie bei der Musik die Augen schließt und lächelt, weiß ich, an wen sie denkt. Zum Geburtstag schreibt er ihr Postkarten, eine fische ich zuerst aus dem Briefkasten, und so kenne ich fortan auch seinen Namen, den ich voller Grimm verfluche. Und manchmal zieht Elke das Telefon aus der Dose und verschwindet ins Schlafzimmer, eine Freundin anrufen, während ich verbiestert auf dem Sofa hocke, in den Fernseher starre und mir ihr verliebtes Geflüster ausmale.
Außerdem fährt Elke inzwischen gerne allein in den Mädelsurlaub. Mit einer Freundin, Michaela, die eine mordsmäßige Schlampe ist, ich hasse sie voll glühender Verbitterung. Meistens geht es nach Gran Canaria, die Kinder sind dann bei Oma und Opa in Münster, und ich sitze in meinem leeren Haus und meinem leeren Leben und leide Qualen.
Als ich beim ersten Urlaub durchaus nicht zufällig in ihrer alten Bank anrufe, hat der Rosenbubi ebenfalls Urlaub. Ich sage: »Das ist ja Mist, der war mit mir zum Essen verabredet.« Die Antwort zerstäubt die Reste des Fundamentes, auf dem ich mein Leben gegründet wähnte. »Das hat er bestimmt vergessen, der ist jetzt auf Gran Canaria.«
100 Mal hat sie mir geschworen, dass es vorbei ist, 100 Mal habe ich gezweifelt.
Als Lisa gut ein Jahr nach dem Rosenbubi auf die Welt kommt, schicke ich heimlich eine Windel von ihr zum Vaterschaftstest. Das Ergebnis beschämt mich: Lisa ist meine Tochter, die Enkelin meines Vaters, der kurz darauf einsam in Stockholm stirbt, und wenn sie, am Schnuller saugend, auf meinen Armen schläft, bin ich glücklich. Lisa hat es nicht verdient, dass ich an ihr zweifle, genauso wenig wie kurz darauf Lars. Bei ihm werfe ich den Brief vom Labor, auf den ich zwei Wochen ängstlich gewartet habe, ungeöffnet weg. Ich liebe Lars zu sehr, als dass ich die Konsequenzen ertragen könnte. Wenn er mir abends glucksend in die Arme krabbelt, fühle ich mich eins mit meinem neuen Leben. Als er sich zum ersten Mal wackelnd auf seine Beinchen stellt, mit der einen Hand das Laufgitter umklammert und mit der anderen einen Ball zu mir wirft, packt mich heilloser Stolz auf dieses Kind. In seiner Leidenschaft für bunte Plastikbälle, die er beim Einschlafen umklammert und in jeder wachen Minute in Papierkörbe wirft, glaube ich, schon jetzt einen künftigen Nationalspieler zu erkennen. Und mal ganz ehrlich, was würde es schon ändern, wenn meine schlimmsten Ängste wahr wären, denn so, wie er ist, ist Lars der unfassbar geilste kleine Mann dieser Welt, er betrachtet mich als seinen Papa, und diese Wahl ist so absolut, dass ich mich zwinge, alle Zweifel aus meinem Kopf zu verbannen.
Mehr Liebe als die, die ich von Lisa und Lars bekomme, kann ein Mann nicht verlangen, denke ich, während ich Elke dabei beobachte, wie sie von Karrierefrau auf perfekte Mutter umschwenkt. Auch das macht sie auf unnachahmliche Elke-Weise, und ich habe außer ihrem eklatanten Mangel an Zuneigung wenig Grund zur Klage. Unser Haushalt ist perfekt organisiert, unser Leben sowieso,
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