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Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Morgenstern
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Tisch war der alte geblieben. Als Allmers Mutter gestorben war, hatte er schon einmal das ganze Haus umgestaltet und bei einem Trödler eine massiven Tisch besorgt, der seitdem der Mittelpunkt der Küche war und auch bleiben sollte, hatte er festgelegt.
    „Ich habe nicht viel Zeit“, sagte er zu seinem Bruder, „ich muss nachher noch zu einer Milchkontrolle.“
    Es geht Werner wirklich nicht gut, dachte er, normalerweise kommt hier eine böse Bemerkung.
    „Horst hat mich gelinkt“, sagte der Staatsanwalt. „Ich weiß, dass er Lissy umgebracht hat. Und Kowalenko. Und Gerlach hat er auch auf dem Gewissen. Warum hat er sonst versucht, ihn verschwinden zu lassen?“
    „Normalerweise finde ich“, erwiderte Allmers, „dass du immer zu schnell Mord und Totschlag vermutest. Aber diesmal gebe ich dir Recht. Es gibt keine andere Erklärung.“
    Allmers brach nach dem Gespräch auf, er war zur Milchkontrolle bei Erich Garbe verabredet. Er ließ sich Zeit, schließlich war Garbe selbst bei dem Einsatz dabei gewesen.
    Als er auf dem Hof ankam, kamen die Kühe gerade langsam in den Stall zurück, Garbe lief unaufgeregt hinter ihnen her. Er sprach wenig, gab Allmers ohne Aufhebens ein Proberöhrchen nach dem anderen. Das Schweigen in seinem großen Melkkarussell irritierte Allmers nicht. Er kannte Garbe schon lange und störte sich nicht an seiner Schweigsamkeit. Er sprach nie viel und galt als verschlossen, aber Allmers mochte ihn.
    „Vor ein paar Wochen ist bei Mode-Schneider eingebrochen worden“, sagte er plötzlich in die Stille. „Franz hat mir erzählt, dass eine Schaufensterpuppe geklaut worden war. Nur eine. Komisch, oder?“
    „Du meinst“, fragte Allmers, „wir haben die heute aus dem Loch gefischt?“
    „Genau, das muss sie gewesen sein.“ Garbe schwieg wieder. Das Gespräch ist wohl beendet, dachte Allmers, die Plaudertasche hat für heute genug geredet.
    „Was mich gewundert hat“, fing Erich Garbe unvermittelt wieder an, „die Puppe hatte doch Frauenkleider an?“
    Allmers nickte und rätselte, worauf Garbe hinaus wollte.
    „Ich habe diese Klamotten schon irgendwo einmal gesehen. Irgendwann fällt es mir ein.“
    Allmers war elektrisiert. Garbe war für sein fotografisches Gedächtnis bekannt. Er konnte Dinge und Situationen, die er einmal gesehen oder erlebt hatte, noch Jahre später präzise beschreiben.
    Garbe nahm den Schaltkasten in die Hand, um das Karussell eine Position weiter zu fahren. Plötzlich drehte er sich um:
    „Jetzt weiß ich es!“ Er strahlte. „Lissy Winkler. Genau, das sind die Klamotten von Lissy Winkler.“
    Noch am gleichen Abend ließ der Staatsanwalt die Puppe beschlagnahmen. Die Kriminaltechniker hüllten die Puppe samt ihren Kleidern in eine große Plastikplane und trugen sie vorsichtig aus dem Feuerwehrhaus, wo sie zum Trocknen in den Heizungsraum gestellt worden war.
    „Wozu braucht ihr denn unser neues Maskottchen?“, fragten die Feuerwehrleute, die nach dem erfolgreichen Einsatz zusammen saßen, verblüfft, als die Kriminalpolizisten in der Tür aufgetaucht waren und nach der Puppe gefragt hatten.
    „Sie wird obduziert“, meinte ein Polizist trocken und wickelte die Puppe, die immer noch angezogen war, in eine große Plastikplane.
    Die Feuerwehrleute hatten schon ein paar Biere getrunken und johlten, als die Puppe in den VW-Bus der Polizei gelegt wurde.
    „Bitte tut ihr nicht weh“, riefen sie mit gespielter Angst, „wir brauchen sie noch.“
    An den Kleidern der Puppe fanden sich braune Spuren, die bei der Bergung nicht aufgefallen waren. Die Kleidung war schmutzig, nass und schlammig gewesen. Die Kriminaltechniker fanden schnell heraus, dass nicht alle braunen Flecken vom Moorwasser herrührten, sondern getrocknetes Blut waren.
    Nach drei Tagen lag der Untersuchungsbericht vor. Die meisten Blutspuren stammten, so stand es in dem Bericht, den Staatsanwalt Allmers auf den Tisch bekam, eindeutig von einer weiblichen Person. Sie waren relativ frisch, es wurde geschätzt, dass sie nur einige Tage alt waren. Es gab aber auch einige, sehr kleine Spritzer, die von einem Mann stammen mussten. Und die große Menge an verwertbarem DNA-Material, die an dem Stoff anhaftete, stammte eindeutig von einer Frau und zwar von der gleichen, von der das Blut stammte.
    Werner Allmers pfiff durch die Zähne. Er rief seinen Bruder an.
    „Wir brauchen eine Probe von Horst“, meinte er. „Wenn das Blut von ihm stammt, dann haben wir ihn.“
    „Warum verhaftet ihr ihn nicht

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