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Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
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Verletzte, die Hilfe braucht!, brachten einsichtige Gedanken Ordnung in den Krawall – Notruf! Sofort!
    Bevor Fanni auf die Anweisung ihrer Vernunft reagieren konnte, schwang sich Sprudel über das Geländer, trat zu ihr und sog scharf die Luft ein.
    Eine Sekunde später kniete er bereits am Boden und beugte sich über das weiße Gesicht. Zweige und Brombeerranken legten sich auf seine Schultern, seine Haare.
    Sprudel wischte sie weg und sah auf. »Fanni«, sagte er, »du musst zur Hütte hinunterlaufen. Der Wirt soll schnellstens den Notarzt rufen. Er wird ja wohl ein Telefon haben. Mein Handy …«
    Fanni hörte nicht mehr, weshalb Sprudel sein Handy nicht benutzen konnte – ihr eigenes lag wie immer zu Hause. Sie sprang bereits über die Planke und rannte den felsigen Pfad zur Falkenstein-Schutzhütte hinunter.
    Sie hielt auf den überdachten Eingang zu, als ihr ein silbernes Edelweiß ins Auge sprang. Es prangte auf einer Tafel am Hauseck. »Dienststelle Bergwacht« stand darunter.
    Bergwacht?
    Bei Unfällen in den Bergen rückt die Bergwacht an!
    Fanni schlug einen Haken ums Hütteneck und entdeckte eine Eingangstür, die in den Anbau an der Ostseite der Falkenstein-Schutzhütte führte. Sie drückte die Klinke hinunter, riss die Brettertür auf und trat in einen winzigen Flur. Links erzitterten ein Schrubber und ein Reiserbesen in der plötzlichen Zugluft, als wollten sie Fanni grüßen.
    Direkt vor sich sah Fanni eine zweite Tür und öffnete sie.
    Zwei Bergwächter saßen am Tisch, volle Biergläser vor sich. Der eine schnitt soeben ein Stück Geräuchertes auf, der andere säbelte dicke Scheiben von einem Brotlaib.
    »Komm nur rein«, forderten sie Fanni auf, die in der offenen Tür zum Stehen gekommen war. »Magst mitessen? Warum schnaufst du denn so?«
    »Unfall«, keuchte Fanni, »in der Telefonschneise.«
    »Was sagst du?«, fragte der eine.
    »Unfall!«, schrie Fanni.
    Da ließen die beiden seufzend ihre Halben, das Geselchte und das Bauernbrot im Stich, zogen sich rote Anoraks über, auf deren Rückseite ein weißes Edelweiß leuchtete, und folgten Fanni.
    Sprudel kniete nicht mehr allein unter dem Felsen. Ein Nationalparkranger hockte neben ihm und sprach in sein Handy.
    Als Fanni mit Rudi und Sepp, wie sich die Bergwächter ihr inzwischen vorgestellt hatten, herankam, erhob sich Sprudel, ging ihnen entgegen und bat sie, hinter der Planke zu bleiben.
    »Sie hat uns hergeholt!«, rief Sepp und deutete anklagend auf Fanni. »Wir sind die Bergrettung.«
    »Hier gibt es niemanden mehr zu retten«, entgegnete Sprudel. »Der Ranger hat bereits die Polizei alarmiert.«
    »Tot?«, fragte Sepp.
    Sprudel nickte.
    »Auf dem Felsen herumgeturnt, abgerutscht, Genick gebrochen«, diagnostizierte Rudi ohne den geringsten Sichtkontakt zur Leiche.
    Sepp machte ein paar Schritte am Geländer entlang und reckte den Hals.
    »Weißt, wer das ist?«, fragte er Rudi.
    Der sah ihn erwartungsvoll an.
    »Die Annabel ist das«, verkündete Sepp, »schau hin, erkennst sie nicht?«
    Rudi rückte nun seinerseits zu der Stelle vor, von der aus man einen Blick auf das weiße Gesicht werfen konnte, und beugte sich über die Planke.
    »Tatz und Fell von der Katz, das ist sie!«, sagte er. »Und überall Blutspritzer.«
    Blut?
    Fanni wollte die Verunglückte nicht noch einmal ansehen müssen und die Blutspritzer, die sie zuvor für ein abstraktes Muster auf der Bluse gehalten hatte, schon gar nicht. Was also trieb sie auf den Baumstumpf, von dem aus sie einen freien Blick auf die tote junge Frau hatte?
    Misstrauen? Skepsis? Der Zwang, sich selbst ein Bild zu machen?
    Die Kleckse auf der Bluse – eigentlich mehr braun als rot – konnten durchaus Blutspuren sein. Und ja, sie setzten sich in dem weißen Gesicht fort – kleiner, verwaschener, weniger deutlich auf der milchigen Haut.
    Fanni fielen Bruchstücke aus dem Märchen von Schneewittchen ein: »… weiß wie Milch, rot wie Blut …«
    Ja, Annabel war schön wie Schneewittchen. Sie hätte in eine Werbebroschüre gepasst. Als Reklame für Sonnenschutzmittel, für Hautlotion, für Tönungsshampoo. Ihr schwarzes Haar glänzte seidig. Dort, wo ein Sonnenstrahl darauf fiel, schimmerte es dunkelrot.
    Fanni wandte sich ab.
    Als sie von dem Baumstumpf herunterstieg, sah sie, dass sich um Rudi und Sepp ein Grüppchen Menschen angesammelt hatte, und erst jetzt drangen die Stimmen in ihr Bewusstsein.
    »Freilich ist das die Annabel«, rief Sepp soeben, »die Annabel Scheichenzuber ist

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