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Miles Flint 05 - Paloma

Miles Flint 05 - Paloma

Titel: Miles Flint 05 - Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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klar gewesen. Er hatte sie als Freundin geliebt und noch mehr. Beinahe wie eine Mutter, jemand, der in seiner Welt eine so zentrale Stelle einnahm, dass er einfach nicht sterben durfte. Nicht sterben durfte, weil das schlicht nicht hätte möglich sein sollen.
    Wie war es dazu gekommen? Sie hatte ihn gewarnt, er möge keine Bindungen eingehen, keine Freundschaften aufbauen, keine Familie gründen. Sie hatte ihn gewarnt, dass dergleichen ihn verwundbar machen würde.
    Dass es ihn zerstören und seine Klienten in Gefahr bringen konnte.
    Er hatte ihr zugestimmt. Einer der Gründe, warum er Lokalisierungsspezialist geworden war, war der, dass seine Eltern tot waren, seine Ehe geschieden und seine Tochter ermordet. Er hatte keine Freunde, keine wirklichen Freunde, niemanden, der ihm nahestand – obwohl sich DeRicci irgendwie in sein Leben geschlichen hatte.
    DeRicci und Paloma. Die einzigen persönlichen Kontakte seit Jahren.
    Die einzigen Menschen, denen er wirklich vertraute, obwohl Paloma ihn gelehrt hatte, niemandem zu trauen.
    Und hier lag sie nun, die Knochen so sehr zertrümmert, dass sie beinahe an Brei erinnerte, ein Körper, zusammengehalten von Kleidern, da ihr Skelett ihn nicht mehr halten konnte.
    Seine Knie drohten nachzugeben, und er wollte sich an der Unterseite der umgekippten Couch abstützen, aber Nyquist bot ihm stattdessen seine Hand. Flint sah ihn an und sah ihn doch nicht wirklich. Er benutzte Nyquists Arm, um sich abzustützen, fühlte, wie das Blut aus seinem Gesicht entschwand, erkannte, dass er nicht mehr geatmet hatte, seit er sich zu der Leiche umgedreht hatte.
    Die gleiche Reaktion hatte er früher bei Familienangehörigen eines Opfers beobachtet. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass diese Reaktion unwillkürlich erfolgte.
    »Was ist hier passiert?«, fragte eine krächzende Stimme aus seinem Mund. Nichts an ihm schien noch korrekt zu funktionieren.
    Als seine Tochter gestorben war, hatte er so etwas nicht erlebt. Damals hatte er Wut verspürt, einen Zorn, so gewaltig, dass er beinahe alles um ihn herum vernichtet hätte. Alles und jeden.
    Seine Frau, die überzeugt gewesen war, sie hätten den Trauerprozess gemeinsam erleben sollen, beschuldigte ihn, all den Zorn für sich allein beansprucht zu haben, als wäre das Verbrechen an ihm begangen worden, nicht an jemand anderem.
    Hier aber empfand er keinen Zorn, nur ein Gefühl des Verlustes, so tief, dass es schien, als wäre er gar nicht mehr im selben Universum.
    »Wir wissen nicht, was passiert ist.« Nyquist umfasste immer noch stützend Flints Arm. »Ihre Systeme sind alle deaktiviert, und ihre Links sind verschwunden.«
    »Verschwunden?«
    Er nickte. »Sie wurden entfernt.«
    Flint wandte sich erneut der Leiche zu, aber Nyquists Griff um seinen Arm wurde härter.
    »Das wollen Sie nicht sehen«, sagte Nyquist.
    Und zu Flints Verwunderung hatte er recht. Er wollte es nicht sehen, nicht wissen, aber er musste. Zu wissen war, wie er gelernt hatte, als Emmeline gestorben war, manchmal das Einzige, das einen aufrechterhielt.
    »Sie hat hier ein Sicherheitssystem, aber das ist auf eine ganz spezielle Weise mit ihr verknüpft, die wir noch nicht begriffen haben. Aber wir werden in Kürze Techniker hier haben.«
    »Ich kann das tun«, sagte Flint.
    Nyquist schüttelte den Kopf. »Sie sind Zivilist.«
    »Ich habe ihr Geschäft gekauft«, sagte Flint. »Ich weiß, wie sie so ein System aufbaut.«
    Dann ging ihm auf, dass er das vermutlich nicht hätte verraten sollen. Vermutlich sollte er überhaupt nicht viel reden. Nyquist hatte nicht gesagt, Flint werde verdächtigt, aber er hatte Flint behandelt, wie Verdächtige bisweilen behandelt wurden – man zeigte ihnen den Tatort, um ihre Reaktion zu beobachten, gab ihnen einen Anzug, um Beweise zu sammeln, ließ sie faseln, wenn ihre Gefühle sie auf eine Art überwältigten, auf die sie nicht gefasst waren.
    »Wir melden uns bei Ihnen«, sagte Nyquist, »wenn wir es nicht herausfinden können.«
    »Das sieht nach einem wüsten Kampf aus«, sagte Flint.
    Nyquist nickte. »Sie ist nicht hier gestorben.«
    Sie starb im Korridor, wie Flint plötzlich bewusst wurde, auf dem Weg zum Fahrstuhl. Dieses viele Blut – war es ihres? Ohne Blutproben würde er das nicht herausfinden können. Nicht ohne Nyquists Hilfe. Nyquist, der Flint vermutlich – von der Logik her korrekt – als Verdächtigen betrachtete.
    Flint fühlte, wie seine alten Copinstinkte die Arbeit aufnahmen. Sie schützten ihn, schirmten ihn

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