Mindstar 03 - Die Nano-Blume
das«, seufzte Faulkner. »Zu schön, um wahr zu sein. Aber irgendwie haben sie es geschafft, haben die Leistungsfähigkeit gesteigert und dabei den Energieverbrauch gesenkt. Die alte Geschichte; kleine Firmen müssen innovativ sein, denn sie haben nicht den Forschungsetat, der jedes Jahr einen Prozentpunkt abhobelt.«
Suzi nippte an ihrem Orangensaft. »Und Sie möchten wissen, was Morrell nun genau erreicht hat?«
»Ja. Dort sind sie mit der Datensimulation fertig und fangen jetzt an, einen Prototyp zu montieren. Sobald sie damit ihr Verfahren demonstrieren können, erhalten sie von Banken und Finanzhäusern Kredite angeboten, wie sie sonst nur für Kombinate in Frage kommen. Morrell hat schon Vorschläge mehrerer Maklerkartelle eingeholt; auf diese Weise haben wir auch herausgefunden, woran sie arbeiten.«
»Hmmm.« Suzi benutzte das Prozessor-Implantat, um das Datenprofil zu sichten, das Maurice Picklyn über Johal HF zusammengestellt hatte. Ein Fünftel des Cash-flows stammte aus der Raffination von New-London-Erzen. »Was für ein Budget habe ich?«
»Vierhunderttausend Pfund New Sterling.«
»Nein, siebenhundert. Die Lizenz allein würde Sie das kosten, falls Morrell Ihnen überhaupt eine erteilt, und dann müßten sie erst anfangen, aus Ihren Profiten die Lizenzgebühren zu berappen.«
»Sehr gut.«
Suzi nahm sich eine Woche Zeit, um sich die Sicherheitsvorkehrungen von Morrell anzuschauen. Das Unternehmen hatte Industriegebiet auf aufgeschüttetem Land übernommen, das früher eine der Werften an der Tyne gewesen war. Die Forschungslabors und die Montagehalle für den Prototypen lagen isoliert – ein würfelähnliches Kompositgebäude im Zentrum eines viereckigen Innenhofes, dessen Ränder Büros und Kybernetikhallen bildeten. In der Lücke waren mächtig viel Waffen installiert. Zur Forschungssektion gelangte man nur durch die Außenanlagen und anschließend über eine kleine Brücke, wobei man fünf Sicherheitschecks durchlaufen mußte. Ein ganzes Team von Nullzonenpsionikern arbeitete zusammen, um jedes Spionieren mit außersinnlicher Wahrnehmung zu verhindern. Der Hauptrechner der Forschungsabteilung war mit keinem Datennetz verbunden, also konnte sich kein Netzjockey hineinbrennen. Suzi mußte einräumen, daß das eine gute Sicherheitsanlage war. Physisch kam man nur mit einem Angriff aus der Luft hinein. Diesem hätte es jedoch sowohl an Finesse wie an einer akzeptablen Erfolgschance gefehlt.
Suzi machte sich nun daran, Personal unter die Lupe zu nehmen, und entdeckte dabei den toten Winkel des Unternehmens. Da es unmöglich war, physisch Daten aus dem Forschungsgebäude zu bringen, überprüfte die Sicherheit von Morrell die Mitarbeiter nur einmal jährlich mit einer umfassenden Daten- und ASW-Untersuchung.
Maurice Picklyn war es, der ihr drei Kandidaten aus dem Forschungsteam für das Ionenstromprojekt nannte, und sie entschied sich für Chris Brimley, einen Programmierer, der sich auf die Simulation von Vakuumstreß spezialisiert hatte: unverheiratet, neunundzwanzig, bieder, Mitglied der Tafelrundenvereinigung, dessen Hauptinteresse das Fischen war. Er lebte allein in Jesmond, wo er sich in einem umgebauten Reihenhaus eine Wohnung gemietet hatte. Die perfekte Schachfigur.
Suzi schloß ein Geschäft mit Josh Laren ab, einem örtlichen kleinen Ganoven, dem der Nightclub L’Amici gehörte und der dafür eine Glücksspiellizenz hatte. Sie stattete Col Charnwood, einen Einheimischen und reguläres Mitglied ihrer Gruppe, mit einem Rauschgiftvorrat aus, um den ihn jeder Pusher beneidet hätte. Bezahlte Jools the Tool dafür, ihr die Küchenschabe zusammenzubasteln. Um die Operation abzurunden, rief sie Amanda Dunkley nach Newcastle. Amanda Dunkley zeichnete sich durch einen Körper aus, der speziell für die Sünde umgebaut worden war, komplett mit einer kleinen, wiederaufladbaren Drüse an der Hirnbasis, die spezialisierte Neurohormone in ihre synaptischen Spalten ausschüttete. Die dadurch stimulierte Psifähigkeit entsprach einer sehr schwachen außersinnlichen Wahrnehmung und verlieh ihr damit ein geradezu unheimliches Einfühlungsvermögen. Maurice Picklyn bastelte eine neue Identität für sie zurecht, und Suzi verschaffte ihr eine Stelle als Sekretärin im Rathaus.
Drei Tage, nachdem Chris Brimley in seinem örtlichen Pub mit Amanda zusammengestoßen war, hatte er seine alte Freundin in die Wüste geschickt. Zwei Tage danach zog Amanda bei ihm ein. Im Haus gegenüber, das Suzi als
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