Minuszeit
…«
Carson willigte ein, und dann legte er auf, während der andere noch lachte.
Bevor er sich von neuem über seine Papierarbeit hermachte, überlegte Carson, was es sein mochte, das die Sache mit diesem Pebbles so unwichtig und doch dringend machte. War es möglich, dass Silverman etwas aufgedeckt hatte? Carson bezweifelte es. Zugleich aber konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass es hübsch wäre, wenn er selbst einen Spion fangen könnte.
Er starrte auf die gehäuften Papiere in seinem Posteinlauffach, ohne sie zu sehen, seufzte und gab sich seinem beliebtesten Tagtraum hin.
Es brauchte ja nicht gleich ein Fuchs oder ein Pontecorvo oder einer von den Professionellen zu sein, für die die andere Seite im Austausch ein halbes Dutzend eingesperrte Gelegenheitsagenten ausliefern würde. Er würde sich schon mit einem einfachen Fall von Betriebsspionage für ein Konkurrenzunternehmen zufrieden geben. Wenn er den Schuldigen dann festnehmen und überführen könnte, wäre es eine Befriedigung für ihn und würde obendrein helfen, seine Abteilung und ihn in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen.
Carson wusste, dass er nicht ganz für voll genommen wurde. Die Mehrheit der zwölftausend Beschäftigten reagierte auf ihn und seine Leute mißtrauisch und gereizt, bestenfalls amüsiert und spöttisch. Welche Gefühlsregung die Oberhand gewann, hing von seinen jeweiligen Aktivitäten ab. Es gab Zeiten, wo man sich über ihn und seine Männer lustig machte; es gab andere Zeiten, wo man ihnen Schimpfworte wie »Betriebsgestapo« oder »Aktentaschenschnüffler« nachrief.
Sie waren die stumpfsinnigen, kleinlichen Beamtenseelen, die einem Jungen nicht erlaubten, in der Mittagspause sein Mädchen in einem anderen Teil der Fabrik zu besuchen, weil in seinem Firmenausweis die nötigen Vermerke fehlten, oder die den Arbeitern die Erniedrigung antaten, bei Arbeitsschluß Aktentaschen, Rucksäcke und Autokofferräume nach gestohlenem Firmeneigentum zu durchsuchen, wodurch es an den Toren zu Stauungen kam, die zu verpaßten Anschlüssen und Verspätungen führten. Und wenn ein paar Fenster offen blieben, eine Tür unverschlossen oder gar eine glimmende Zigarette am Arbeitsplatz gelassen wurde, dann ließen Carsons Männer es sich nicht nehmen, dem zuständigen Abteilungsleiter am anderen Morgen eine ätzend formulierte Hausmitteilung zuzustellen …
Wie gewöhnlich, dachte Carson zornig, verwandelte sich sein Tagtraum in einen Alptraum. Die eigentliche Quelle seines Verdrusses lag in der Tatsache begründet, dass er trotz der Aureole von Autorität, Intrige und finsterer Macht, die einen Sicherheitschef zu umgeben hatte, einen der langweiligsten Berufe ausübte, die man sich denken konnte. Er wusste es, und die meiste Zeit fand er sich damit ab.
Aber zuweilen schien er es nötig zu finden, Gespenster wie das ultrageheime Raumantriebsprojekt, das er entdeckt hatte, auszumachen und zu jagen. Wahrscheinlich gab es eine einfache Erklärung für die Indizien, die er gefunden hatte – vorausgesetzt, man betrachtete sie getrennt voneinander, Stück für Stück, und versuchte sie nicht zu einem phantastischen Gebilde aufzubauen.
Ärgerlich nahm er das erstbeste Schriftstück aus dem Einlauffach, entschlossen, sich mit einer Überdosis Routine zu beruhigen. Die Presseabteilung wünschte einen Reporter und einen Fotografen der lokalen Tageszeitung durch die Produktionshalle für Lenkwaffen, die Testanlage für Raketenmotoren und die Zellenfertigung für Flugzeuge zu führen. Zweck des Besuchs sollte das Sammeln von Material für einen bebilderten Artikel über die Aktivitäten des Konzerns im Bereich der nationalen Luft- und Raumfahrtindustrie sein. Simpson von der Public Relations-Abteilung sollte die beiden Zeitungsleute während ihres Besuchs begleiten.
Die Lenkrakete, deren Montage sie sehen wollten, war schon an so viele verschiedene Länder verkauft worden, dass die einzige geheimnisträchtige Sache daran der Name des nächsten Kunden war. Die Testanlage für Raketenmotoren machte ihm auch keine Sorgen; dort gab es außer einer Menge Flammen und Rauch nicht viel zu sehen. In der Zellenfertigung gab es einige Orte, die mehr aus Gründen der kommerziellen als der militärischen Sicherheit zu meiden waren, bestimmte Prozesse, die nicht fotografiert werden sollten.
Simpson kannte diese Orte und würde sie bei seiner Führung aussparen. Aber die Mehrzahl der Leute bei Hart-Ewing war anders als Simpson nicht sehr zur
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