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Minuszeit

Minuszeit

Titel: Minuszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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darüber, schloß die Schublade und sperrte seine Bürotür auf. In seinem Posteinlauffach lag ein Haufen Hausmitteilungen und anderer Schriftstücke, und er fühlte sich gedrängt, diese Gelegenheit zum Aufarbeiten zu nützen. Aber er konnte sich nicht konzentrieren. Sein Magen machte ihm zu schaffen.
    Er fühlte sich nicht eigentlich krank – es war eher wie eine Verdauungsstörung oder Hunger. Wahrscheinlich eine nervöse Reaktion. Das war es – er merkte plötzlich, daß er so erregt war, daß sein Magen richtig schmerzte.
    Was ging da vor …?
    Gewöhnlich war Carson in seiner Routine zu geschäftig, um gelangweilt zu sein, zugleich aber konnte seine Arbeit nicht einmal unter Zuhilfenahme wuchernder Phantasie aufregend genannt werden. Deshalb interessierte er sich so intensiv für alles, was im Werk vorging – obgleich viele Leute ihn deswegen verabscheuten –, und deshalb war er auch noch neugieriger als sonst geworden, als er entdeckt hatte, daß etwas im Gange war, das zwar nicht direkt verdächtig, doch im höchsten Maße ungewöhnlich war.
    Es hatte angefangen, als er eines Tages in der Mittagspause unbemerkt das Gespräch einiger Arbeiter mitgehört hatte. Die Männer hatten über die Werkstücke geredet, die sie zu fertigen hatten, und dabei die Meinung vertreten, jemand weiter oben habe danebengehauen, weil der Teil, den sie produzierten, nicht in das Montagestück passe, für das er bestimmt sei. Und sie hatten über die Feigheit des Abteilungsleiters geklagt, der ihre Argumente nicht hatte hören wollen, weil er offenbar Angst hatte, seinem Vorgesetzten einen Fehler nachweisen zu müssen.
    Selbst wenn zutraf, was die Arbeiter gesagt hatten, stellte es im Verhältnis zum enormen Ausstoß der Gesellschaft nur eine kleine Panne dar, deren Behebung überdies Sache der Ingenieure von der Arbeitsvorbereitung war. Aber dann hatte Carson ähnliche Fälle von Verschwendung und Schlendrian in bestimmten Abteilungen mehrerer Zweigwerke entdeckt. Die gleichen Fehler kamen immer wieder vor und wurden entweder ignoriert oder vertuscht.
    Diese Fehler, das wurde Carson allmählich klar, waren sorgfältig geplant.
    Er hatte sich angewöhnt, zwei- oder dreimal wöchentlich länger zu arbeiten. An solchen Abenden, die er willkürlich wählte, pflegte er durch die verschiedenen Werksgebäude zu wandern, in denen Schichtarbeit geleistet wurde, angeblich um den Pflichteifer seiner eigenen Leute zu überprüfen. Bei diesen Gelegenheiten hatte er wiederholt Zusammenkünfte von Ingenieuren und Leuten aus dem Entwicklungsbereich beobachtet, und einmal hatte es eine Produktionskonferenz gegeben, die stundenlang gedauert hatte, merkwürdigerweise aber weder ein schriftliches Protokoll noch irgendwelche anderen schriftlichen Unterlagen oder Notizen erbrachte. Selbst die Papierkörbe enthielten nachher nur einige leere Zigarettenschachteln.
    Schriftstücke, die den Beweis erbracht hätten, daß tatsächlich etwas vorging, existierten praktisch nicht, abgesehen von seiner kümmerlichen Sammlung aus Materialanforderungsscheinen und dergleichen, wo die Nummern der verdächtigen Teile auftauchten. Er wußte auch jetzt noch nicht genau, was hinter den beobachteten Ereignissen steckte, aber die heutige Entdeckung hatte seine Unwissenheit verringert.
    Es hatte mit Raumfahrt zu tun, vielleicht mit einer neuen Antriebsmethode für interstellare Entfernungen. Es war wichtig – daran konnte es keinen Zweifel geben – und geheim. So geheim, daß selbst der für alle Sicherheitsfragen zuständige Werkschutzleiter mit keinem Wort darüber informiert worden war.
    Das wurmte Carson.

 
2.
     
    »Lächerlich!« sagte Carson gereizt. »Wieso kommen Sie darauf, es sei wichtig genug für eine schriftliche Meldung mit Dringlichkeitsvermerk? Und was kann der Mann an dem Arbeitsplatz tun, daß sein Abteilungsleiter eine zweite Sicherheitsprüfung von ihm will? Ist der neue Platz, auf den er sich versetzen lassen will, in einer Abteilung, die unter Geheimnisschutz steht?«
    »Materialermüdungstests an der gestreckten HE 93, Sir«, sagte der Werkspolizist Donovan. Er saß aufrecht Carson gegenüber, die Hände auf den Armlehnen, die Beine nebeneinander, peinlich sauber und adrett in seiner unauffälligen dunklen Uniform.
    »An der HE 93 ist nichts geheim«, sagte Carson trocken. »Nicht mal die Pläne. Warum der Dringlichkeitsvermerk?«
    »Vor drei Tagen wurde ich von Mr. Silverman angesprochen«, sagte Donovan. »Unter anderem erwähnte er, daß

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