Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
versorgen.
“Vielleicht hast du Julian aus Liebe geheiratet?”, fragte er in täuschend freundlichem Ton. “In diesem Fall würde niemand sich mehr darüber freuen als ich. Hast du meinen Vetter aus Liebe geheiratet?”
Miranda erinnerte sich an ein Gespräch, das sie mit Julian auf der Terrasse gehabt hatte. “Ich mache mir große Sorgen um dich, Miranda”, hatte er gesagt. Seine blauen Augen hatten noch mehr Besorgnis als sonst ausgedrückt. “Du weißt, ich werde sterben, nicht wahr? Natürlich weißt du das. Jedermann weiß das, weil ich kein Geheimnis daraus mache. Ich bin hier, weil meine Eltern darauf bestanden haben. Sie glauben, das Klima täte mir gut. Ich wollte sie nicht enttäuschen, befürchte jedoch, weder die Sonne noch der Wein können mich gesund machen.”
In ihrer einjährigen Bekanntschaft war Julian, was seine Krankheit betraf, immer sehr sachlich gewesen und hatte nicht zugelassen, dass man ihn bemitleidete. Er hatte geäußert, er habe sein Leben gelebt und sähe keinen Anlass, sich zu beklagen. Vor seinem Tod wolle er sich jedoch noch einen Wunsch erfüllen, Miranda heiraten und sie auf diese Weise vor ihrer berüchtigten Stiefmutter retten.
“Ich bin ein angesehener Mann, Miranda, und stamme aus guter Familie”, hatte er gesagt. “Die Fitzgibbons können ihre Vorfahren über Jahrhunderte hinweg zurückverfolgen. Unsere Ahnen waren immer sehr zielstrebig und haben stets bekommen, was sie wollten. Es hat also keinen Sinn, Miranda, mich zurückzuweisen. Ich will dir helfen, und das werde ich tun.”
Sie wurde sich gewahr, dass Leo sie beobachtete und sichtlich auf eine Antwort wartete. Plötzlich lächelte er. Sein Lächeln war wie eine Offenbarung. Miranda wäre nicht weniger aus dem inneren Gleichgewicht geraten, hätte er ihr über die Wange gestrichen.
Unvermittelt furchte er die Stirn, und sein Blick wurde argwöhnisch. Miranda starrte ihn an. Leo und ihre Schwiegermutter hielten sie offensichtlich für ihre Stiefmutter. Sie musste ihnen mitteilen, dass sie nicht Adela war. Sie öffnete den Mund, um diesen Punkt klarzustellen, und zog gleichzeitig ihr Ridikül auf, in dem sie Julians Brief hatte.
“Es war also doch keine Liebesheirat? Wie schade! Nun, lass uns ehrlich zueinander sein, Adela. Ich glaube, du bist jemand, der ein offenes Wort zu schätzen weiß.”
Die Stiefmutter hätte jetzt gelacht und eine anzügliche Bemerkung gemacht. Miranda hingegen war so perplex, dass sie kein Wort herausbrachte. Leo redete in so sachlichem Ton weiter, als spräche er über irgendetwas Belangloses. Sie konnte nicht wissen, dass er trotz seines zivilisierten Benehmens innerlich ebenso aus der Fassung gebracht war wie sie.
Und der Umstand, dass er aus dem inneren Gleichgewicht geraten war, machte ihn ärgerlich.
“Ich werde dir zehntausend Pfund geben. Diesen Betrag lasse ich deiner Bank in Italien überweisen, und du kannst die Summen abheben, die du von Fall zu Fall benötigst. Außerdem zahle ich dir die Rückreise und erwarte, dass du für immer in Italien bleibst. Es versteht sich von selbst, dass ‘The Grange’ in den Besitz der Familie zurückfällt.” Leo lächelte wieder, doch nun hatte dieses Lächeln für Miranda den Zauber verloren.
Er war ein Teufel, und sie fing an, ihn zu hassen.
Er bemerkte das Glitzern in ihren wundervollen Augen. Endlich hatte er ihre Aufmerksamkeit erregt. Sie war nicht glücklich darüber, dass er ihr mieses Spiel so schnell durchschaut hatte. Nun, sie würde noch unglücklicher sein, wenn er mit ihr fertig war. Er näherte sich ihr einen Schritt und versuchte, sie einzuschüchtern. Sie ließ sich jedoch sichtlich nicht verängstigen. Im Gegenteil, sie straffte sich und schaute ihn herausfordernd an. Wider Willen war er beeindruckt. Sie hatte Mut. Das musste er ihr lassen. Er fand es schade, dass sie so skrupellos und unmoralisch war.
Erstaunt merkte er, welche Richtung seine Gedanken nahmen, und rief sich zur Ordnung. “Du glaubst vielleicht, dass du durch die Ehe mit Julian die Gans bekommen hast, die goldene Eier legt”, sagte er leise, aber drohend. “Indes kannst du sicher sein, Adela, dass dies das einzige goldene Ei ist, das du je von mir bekommen wirst. Solltest du zurückkommen und mehr haben wollen, werde ich nicht so großzügig sein. Ich betrachte es als schlechten Stil, einen ahnungslosen Mann in die Ehefalle zu locken.” Er richtete den Blick auf das Papier, das sie aus dem Ridikül genommen hatte. “Was ist
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