Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
daran nehmen wird, wenn ich allein ausgehe. Schließlich bin ich die Witwe deines Sohns. Und unser Familienname ist doch sehr angesehen, nicht wahr?” Hochnäsig schaute Miranda die Schwiegermutter und deren Neffen an. “In Italien tue ich immer das, was mir gefällt. Aber das habt ihr natürlich schon gehört.”
Die eintretende Stille war sehr beredt.
“Wo wohnst du hier?” erkundigte sich Leo. “Im Hafenviertel?”
Miranda wusste nicht, dass es seiner übel beleumdeten Schenken wegen berüchtigt war, vermutete das jedoch angesichts des boshaften Ausdrucks in Leos Augen. Unwillkürlich krampfte sie die Finger fester um das Ridikül und wünschte sich, es möge Leos Hals sein. Am liebsten hätte sie ihn so lange gewürgt, bis sein süffisanter Blick zerknirscht wurde.
“An sich hatte ich hier wohnen wollen”, antwortete sie, warf einen Blick durch den Salon und täuschte durch ein Naserümpfen Missfallen an der eleganten Einrichtung vor. “Aber ich habe mich anders entschieden. Ich bin eine erlesenere Umgebung gewohnt. In Italien ist alles so farbenprächtig. Ich hätte nicht gedacht, dass deine herzogliche Residenz, Leo, so langweilig ist. Nein, ich werde mich in ein Hotel begeben. Welches empfiehlst du mir?”
Er starrte sie an, als würde er sie am liebsten erwürgen.
“Ich … ich glaube, das ‘Armstrong’ soll sehr gut sein, Adela”, antwortete Mrs Fitzgibbon zögernd.
“Danke. Gut, dann werde ich dort absteigen und dir später die Rechnung schicken, Leo.”
Er neigte leicht den Kopf.
Miranda drehte sich um und verließ den Salon.
Offenen Mundes und aus weit aufgerissenen Augen starrte Mrs Fitzgibbon den Neffen an. “Du hast gesagt, du würdest die Sache erledigen”, brachte sie zitternd heraus. “Jetzt hast du alles nur noch schlimmer gemacht, Leo!”
Er drehte ihr den Rücken zu, ging zu einem Fenster und blieb davor stehen. Ihm war schwindlig, und er befürchtete, er habe sich eine Erkältung zugezogen. Er fühlte sich ganz und gar nicht auf dem Posten, und das erklärte wohl, warum er die Situation so ungeschickt gehandhabt hatte.
Er war zu sehr daran gewohnt, seinen Kopf durchsetzen zu können und alles so zu arrangieren, wie es ihm passte. Er war stets imstande gewesen, sein Leben zu kontrollieren, hatte jetzt jedoch plötzlich das Gefühl, nicht mehr Herr der Lage zu sein.
Eine schlanke Gestalt erschien vor seinem Haus auf der Straße. Die “dekadente Gräfin” steckte die Liste in ihr Ridikül, rückte ihren Hut zurecht und stieg dann in die vor dem Portal stehende Kutsche. Das Gefährt fuhr ab und war bald nicht mehr zu sehen.
Leo, den im Allgemeinen nichts so leicht aus der Fassung bringen konnte, war zutiefst beunruhigt.
2. KAPITEL
Das “Armstrong” war ein großes, elegantes und sehr bequemes Hotel. Leider war Julian, wie sein grässlicher Vetter ihr zu verstehen gegeben hatte, nicht reich. Das Hotel war jedoch offensichtlich für reiche Gäste bestimmt. Eine so belanglose Kleinigkeit beunruhigte Miranda im Moment indes nicht, weil sie noch viel zu wütend war. Sie erkundigte sich nach einem freien Zimmer, bekam es und stieg, gefolgt von Lakaien, die ihr das Gepäck hinterhertrugen, die Haupttreppe hinauf. Ehe sie Italien verlassen hatte, war sie so geistesgegenwärtig gewesen, sich von der Bank ihres Vaters einen Brief geben zu lassen. Der Angestellte in der Bank war zu höflich gewesen, sie darauf hinzuweisen, der Kreditrahmen ihres Vater sei nicht sehr groß. Der Hauptzweck des Schreibens bestand darin, ihre Identität zu bestätigen und, was ebenso wichtig war, ihre Verwandtschaft mit dem Duke of Belford.
Der Empfangschef des Hotels hatte sich vor Servilität fast überschlagen.
Nachdem die Zimmertür geschlossen worden war und Stille im Raum herrschte, ließ Miranda sich in einem brokatbezogenen Sessel nieder und dachte über ihre Lage nach. Sehr viele Möglichkeiten hatte sie nicht. Leo hatte sie, und damit auch Julian, im Stich gelassen. Sie war sich darüber im Klaren, dass ihre Verwandten sie nie willkommen heißen würden. Im Gegenteil! Sie konnte von Glück reden, wenn die Schwiegermutter und Leo überhaupt noch ein Wort mit ihr redeten. Aber das war ihr gleich. Was sie betraf, so konnten beide sie in alle Ewigkeit für ihre Stiefmutter halten.
Wäre die Situation nicht so prekär gewesen, hätte Miranda darüber gelacht. Adela war vierzig Jahre alt, obwohl man ihr das nicht ansah. Sie war noch sehr attraktiv, wenngleich sie mehr und mehr auf
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