Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
das?”
Miranda zwinkerte. Das Ultimatum, das er ihr gestellt hatte, denn nichts anderes war es, hatte sie innerlich erstarren lassen. Sie sah, dass er auf Julians Brief blickte, den sie aus dem Ridikül genommen hatte, um ihn Leo zu zeigen und ihm zu sagen, er sei einem Trugschluss erlegen.
Einen Moment lang fühlte sie sich versucht, ihm die Wahrheit zu sagen und das schreckliche Missverständnis aufzuklären. Die Verärgerung über Leos Betragen war jedoch zu groß, wurde immer stärker und verdrängte alle vernünftigen Gedanken. Miranda fragte sich, wie Leo es wagen konnte, in dieser Weise mit ihr zu reden und ihr zu drohen. Schließlich war sie in der Hoffnung hergekommen, so aufgenommen zu werden, wie es ihr als Julians Witwe zustand. Die unfreundliche Haltung würde der Schwiegermutter und vor allem Leo noch leidtun!
“Was das ist?”, fragte sie scharf. “Das ist die Aufstellung meiner Ausgaben, Leo!” Wütend schaute sie ihn an.
Der zornige Ausdruck in ihren Augen irritierte ihn flüchtig. Er holte tief Luft und fand, sie sei eine wahre Schönheit. Wie schade, dass sie eine so durchtriebene Person war. Erneut begriff er, wie leicht ein für ihre Reize empfänglicher Mann ihr in die Krallen geraten konnte. Ihr makelloser Teint, ihre vollen Lippen, ihre schlanke, wohlgeformte Figur …
Unvermittelt kam Leo ein erschütternder Gedanke. Er furchte die Stirn. Adela war eigentlich viel zu jung, um die “dekadente Gräfin” sein zu können. Ihm war aufgefallen, dass sie, als sie in den Salon kam, von der langen Reise sehr abgespannt und müde gewirkt hatte. Jetzt hatte sie die Erschöpfung jedoch überwunden und strahlte Vitalität und jugendliches Feuer aus. Er verengte die Augen und überlegte, ob Italienerinnen auf schönheitsfördernde Hilfsmittel zurückgreifen konnten, von denen man hier noch nie etwas gehört hatte.
Nachdem ihm dieser Widerspruch bewusst geworden war, stellte er fest, dass es noch andere Diskrepanzen gab. Zunächst hatte Adela ziemlich unsicher gewirkt, fast schüchtern, jedenfalls nicht wie eine welterfahrene Frau. Sie hatte ganz und gar nicht dem Eindruck entsprochen, der bei ihm nach der Beschreibung seiner Tante von ihrer Schwiegertochter entstanden war. Vielleicht war dieses wechselnde Betragen Teil ihres schäbigen Spiels.
Leo zog die Stirn noch mehr in Falten und näherte sich der angeheirateten Cousine noch einen Schritt. Er wusste nicht genau, was er tun oder sagen würde, hatte jedoch vor, sie noch weiter zu befragen.
“Was meinst du mit Ausgaben, Adela?”
Miranda lächelte süßlich. “Man hat mir gesagt, meine Forderungen seien etwas hoch, es jedoch wert, beglichen zu werden.”
“Forderungen!” wiederholte Mrs Fitzgibbon entsetzt und legte die Hand auf den wogenden Busen. “Mein armer, armer Junge.”
Leo hatte keinen Zweifel mehr. Nur eine Abenteurerin konnte so freimütig reden. Er wusste jetzt, dass sie, auch wenn sie zu Beginn einen zurückhaltenden Eindruck gemacht hatte, noch verdorbener war, als man sie ihm beschrieben hatte. Er würde dafür sorgen, dass sie seiner Familie nie mehr zur Last fiel.
“Ich bin sicher, Tante Ellen, dass Adela vernünftig ist und mein Angebot annehmen wird.” Seiner Stimme war nicht anzuhören gewesen, was wirklich in ihm vorging. Nur jemand, der ihn gut genug kannte, hätte bemerkt, dass sein Blick frostiger geworden war und eine leichte Röte seine Wangen überzog, beides Anzeichen dafür, dass er innerlich vor Wut kochte.
Miranda lachte. Die Wut machte sie kühn. Am liebsten hätte sie Leo an den Revers seines Gehrocks ergriffen und ihn heftig geschüttelt. Man hielt sie also für vulgär und nicht für wert, eine Fitzgibbon zu sein? Gut, dann sollte man merken, wie vulgär sie sein konnte!
“Ich werde darüber nachdenken. Mehr kann ich im Moment nicht dazu sagen. Ich bin hergekommen, um mich zu amüsieren, und das gedenke ich zu tun. Bitte, sag mir, Leo, wo ich die elegantesten Geschäfte finden kann, und bei wem ich mich sehen lassen muss. Außerdem erwarte ich, dass du mir den Zutritt zu Almack’s ermöglichst. Ach, und nenn mir die wichtigsten Spielclubs. Ich habe vor, mir jede Art Vergnügen zu verschaffen.”
Beim Sprechen hatte sie die kokette Art der Stiefmutter imitiert und sah, dass die Schwiegermutter und Julians Cousin über ihre Äußerungen erschüttert waren.
Mrs Fitzgibbon wurde blass. “Aber du kannst doch nicht … und ohne Begleitung …”
“Oh, ich bin sicher, dass niemand Anstoß
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