Miss Carolines verwegener Plan
Bitterkeit überkam Max, als ihm einfiel, welche schrecklichen Folgen es gehabt hatte, dass er selbst in Wien auf ein hübsches Gesicht und eine traurige Geschichte hereingefallen war. Warum, zum Teufel, war er nur so ritterlich gewesen?
„Auch ich habe keine Lust, nach London zurückzukehren“, sagte er. „Ich möchte weder Vater begegnen noch all jenen einflussreichen Leuten, die ich früher für meine Freunde gehalten habe. Und der schönen Mrs Harris möchte ich ebenfalls lieber aus dem Weg gehen, solange sie keinen neuen Beschützer gefunden hat. Es war nicht leicht, mich von ihr zu lösen.“
„Wir könnten nach Belgien reisen und Dom einen Besuch abstatten“, schlug Alastair vor. „Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, war, dass Will noch bei ihm ist. Ist das nicht typisch: Wir alle kehren nach England zurück, aber Will findet eine Möglichkeit, auf dem Kontinent zu bleiben. Er behauptet ja, er habe sich in Brüssel niedergelassen, weil an den Spieltischen dort so viel Geld zu gewinnen ist. Angeblich sind die Diplomaten und Offiziere miserable Whist-Spieler.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob Dom sich über unseren Besuch freuen würde. Als ich ihn zuletzt gesehen habe, bekam er eine Menge Laudanum, weil er infolge der Amputation schlimme Schmerzen hatte. Er hat mich beschimpft, ich solle ihn nicht bemuttern wie eine Henne, sondern lieber nach Hause gehen und mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern.“
„Ja, mich wollte er auch fortschicken. Aber ich wollte ihn nicht allein lassen, ehe ich nicht sicher sein konnte, dass er überleben würde.“ Alastair straffte die Schultern. „Ich habe euch dazu gebracht, in die Armee einzutreten. Wenn ich geahnt hätte, was ihr deshalb alles würdet durchmachen müssen …“
„Du hast uns nicht gedrängt, zum Militär zu gehen. Wir haben es nicht anders gemacht als die meisten unserer Freunde in Oxford.“
„Trotzdem werde ich mich erst dann wieder besser fühlen, wenn Dom nach Hause zurückkehren und ein neues Leben führen kann. Es wird nicht leicht sein für ihn. In seinem Regiment gab es niemanden, der besser aussah als er. Und nun ist sein Gesicht von einem Säbelhieb entstellt. Noch schlimmer ist es natürlich, dass er einen Arm verloren hat. Ich wünschte, wir könnten ihn ein wenig aufmuntern.“
„Offen gesagt, halte ich es für besser, wenn wir ihn noch ein bisschen in Ruhe lassen. Wenn das Leben, wie du es immer gekannt hast, vor deinen Augen in Trümmer geht, dann brauchst du Zeit zum Nachdenken. Du musst deine Zukunft neu erfinden.“ Max lachte kurz auf. „Ich selbst habe Monate damit zugebracht und bin noch immer nicht damit fertig. Du hast das Gut, um das du dich kümmern musst. Ich wünschte, ich fände eine neue sinnvolle Aufgabe. Leider habe ich mich nie um etwas anderes bemüht als um eine Stelle im diplomatischen Dienst. Das Kapitel ist abgeschlossen. Wahrscheinlich kann ich wegen meines schlechten Rufs auch keine geistliche Karriere einschlagen, selbst wenn ich behaupten würde, mich berufen zu fühlen.“
„Pastor Max, der Liebling aller Tänzerinnen und Schauspielerinnen?“ Lachend schüttelte Alastair den Kopf. „Unvorstellbar!“
„Vielleicht sollte ich versuchen, mein Glück in Indien zu machen.“
„Ich halte den Fernen Osten für eine recht gute Möglichkeit, reich zu werden. Aber du könntest natürlich auch versuchen, bei der Armee unterzukommen. Das würde deinen alten Herrn wahrscheinlich ziemlich ärgern.“
„Eine nette Vorstellung! Nur leider hast du etwas vergessen: Wellington hat mir trotz meines Einsatzes bei Waterloo nicht verziehen, dass er fast erschossen wurde, als er in Wien auf mich wartete.“ Er litt noch immer sehr darunter, dass der Mann, den er bewundert und dem er mit Hingabe gedient hatte, sich ihm gegenüber so kalt und abweisend verhielt.
„Du wirst bestimmt eine Aufgabe finden, die dir gefällt. Schließlich bist du ein geborener Anführer und zudem der Klügste der Rogues. Vorerst aber lass uns das Beste aus unserem Aufenthalt hier machen. Pass nur auf, dass du nicht in eine Affäre mit einer von Janes Jungfrauen verstrickt wirst.“
„Das versteht sich von selbst! Ich bin froh, dass mein Bruder derjenige ist, der für einen Erben zu sorgen hat, damit die Familie fortbesteht. Ich selbst verspüre nicht die geringste Lust, mich zu verehelichen. Gott möge mich vor allen kupplerischen Müttern und allen heiratswütigen Töchtern schützen!“ Ein Schauer überlief ihn, als
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