Miss Carolines verwegener Plan
er an die Vernunftehe seiner Eltern dachte, in der es wohl nie echte Zuneigung gegeben hatte.
Alastair holte eine Karaffe mit Brandy. „Zeit für stärkere Getränke“, verkündete er und füllte zwei Gläser. „Auf ein Leben in Unabhängigkeit!“
„Wenn ein Leben in Unabhängigkeit bedeutet, dass man den Fesseln der Ehe entgeht, dann will ich darauf trinken“, entgegnete Max und leerte sein Glas in einem Zug.
2. KAPITEL
S tell sich doch nicht so dumm an, Dulcie! Du musst es ausschütteln, ehe du es aufhängst!“
Caroline Denby, die es sich in einem der eleganten Gästezimmer von Barton Abbey mit einem Buch auf dem Sofa bequem gemacht hatte, schaute auf.
Ihre Stiefmutter stand vor dem unglücklichen Dienstmädchen, schaute es zornig an und nahm ihm das mit glitzernden Pailletten bestickte Abendkleid ab. „So!“ Sie schüttelte es aus und gab es Dulcie zurück. Dann wandte sie sich an Caroline. „Liebes, möchtest du das Buch nicht zur Seite legen und das Auspacken der Reisekiste überwachen? Ich fürchte, sonst wirst du in den nächsten Tagen nur zerknitterte Kleider tragen können.“
Widerwillig klappte Caroline das Buch zu. „Natürlich, Stiefmama.“ Schon jetzt zählte sie die Stunden, die sie noch in Barton Abbey würde verbringen müssen. Sie sehnte sich nach Denby Lodge und nach ihren Pferden. Es passte ihr gar nicht, dass sie zehn wertvolle Trainingstage verlieren würde. Ihr Vater hatte eine neue Zuchtlinie, die Denby-Linie, in England bekannt gemacht. Sportliche Gentlemen, die gern Wettrennen austrugen, aber auch die Offiziere der Kavallerie schätzten die robusten, gut ausgebildeten Pferde. Caroline wollte auf keinen Fall den Standard senken, bloß weil ihre Stiefmutter es sich in den Kopf gesetzt hatte, dass sie in den nächsten Monaten heiraten müsse.
Außerdem fühlte sie sich ihrem verstorbenen Vater besonders nahe, wenn sie in seine alten Reitstiefel und eine Männerhose schlüpfte und mit den Stallburschen und Pferdetrainern zusammenarbeitete. Sie hatte ihn sehr geliebt. Stets hatte er über ihr Wohl und das der Pferde, die ihm so viel bedeuteten, gewacht. Himmel, wie sehr sie ihn noch immer vermisste!
Aufseufzend legte sie das Buch aus der Hand und wandte sich Dulcie zu, die gerade damit beschäftigt war, Chemisen, Schnürmieder und Strümpfe aus der Reisekiste zu nehmen, und half ihr dabei, während ihre Stiefmutter sich um die Kleider kümmerte.
Caroline war froh, dass sie die wenig schmeichelhaften Vormittags-, Dinner- und Abendkleider erst wieder sehen musste, wenn sie eines davon tragen würde. Andererseits war es natürlich besser, sich in einem scheußlichen, mit zu viel Rüschen, Pailletten und Schleifen verzierten Kleid in einer unvorteilhaften Farbe zu zeigen, als den Gentlemen zu gefallen und möglicherweise bald Verlobung feiern zu müssen.
„Ich werde mich um alles kümmern, was noch ausgepackt werden muss“, sagte sie zu Lady Denby. „Aber ich möchte auch noch mit Sultan ausreiten, ehe es dunkel wird.“ Als sie sah, dass ihre Stiefmutter einen Einwand vorbringen wollte, setzte sie rasch hinzu: „Du hast doch nicht vergessen, dass ich zu diesem Heiratsmarkt nur unter der Bedingung mitgekommen bin, dass ich jeden Tag ausreiten darf.“
„Caroline, bitte“, protestierte Lady Denby. Sie musterte ihre Stieftochter streng. „Du weißt, dass du diese Hausparty nicht als Heiratsmarkt bezeichnen darfst. Insbesondere …“ Sie warf einen Blick in Dulcies Richtung.
Caroline zuckte die Schultern. „Aber es ist doch ein Markt. Ein paar Gentlemen haben die Einladung zu dieser Hausparty angenommen, weil sie die anwesenden heiratsfähigen Damen begutachten wollen. Wie sehen sie aus? Wie ist ihr familiärer Hintergrund? Wie groß ist ihre Mitgift? Ich finde, das unterscheidet sich nicht sehr von einem Pferdemarkt, obwohl ich hoffe, dass niemand mein Gebiss oder meine Waden prüfen möchte.“
„Ich muss dich doch bitten, dich nicht so vulgär auszudrücken“, meinte ihre Stiefmutter vorwurfsvoll. „Genau wie jede junge Dame gern den Charakter ihres zukünftigen Gatten kennenlernen möchte, wollen die Gentlemen wissen, ob ihre Braut einer angesehenen Familie entstammt und gut erzogen ist.“
„Vergiss die Mitgift nicht!“
Lady Denby reagierte nicht auf den Einwurf. „Ich wünschte, du würdest dich wenigsten einmal darüber freuen, wenn ein netter junger Mann dir seine Aufmerksamkeit schenkt. Schließlich willst du nicht noch eine weitere Saison in London
Weitere Kostenlose Bücher