Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
lang. Jeder Student wird von jedem Prüfer zehn Minuten zu seinem Patienten befragt, wir sind immer abwechselnd dran.
Ich habe Glück mit Prof. Dr. Heidemuth. Einige der Fragen, die er sich überlegt hat, habe ich in meinem Vortrag bereits gestreift. Er will wissen, wie das medikamentöse Auflösen der Gallensteine funktioniert und warum. Wahrscheinlich hat er nicht damit gerechnet, dass die Studentin schon in der Vorstellung so weit ausholt. Jetzt muss ich nur wiederholen, was vorhin selbstmir in meinem Zeitschinde-Modus zu viel erschien. Er nickt zufrieden. Wenn ich Glück habe, sind wir noch Freunde, bevor die Pharma-Prüfung beginnt.
Bei Dr. Thierschs Frage habe ich nicht so viel Glück, sie will die OP erklärt haben, so kleinteilig wie möglich, und fragt sich in ihrem Raketentempo von einer OP-Komplikation zur nächsten. Ich bin froh, dass ich danach wieder 30 Minuten Verschnaufpause habe, während die anderen befragt werden. Denn die brauche ich, um zur Erde zurückzukehren.
Jenny hat kein Glück. Bei der ersten Aufgabe halte ich es für Zufall. Bei der zweiten nicht. Nur Dr. Al-Sayeds Fragen kann sie alle beantworten. Bald habe ich mehr Angst, wenn sie befragt wird, als wenn ich drankomme.
Doch alle Zeit der Welt ist endlich. 180 Minuten sind es erst recht.
Als wir gehen dürfen und uns mit einem müden »Bis morgen« von den Prüfern verabschieden, nehme ich Jennys Hand.
»Morgen haust du sie alle um«, flüstere ich.
»Morgen«, wiederholt sie und es klingt erstickt.
Aber was immer da kommt – morgen Abend ist es vorbei.
B evor der Tag um ist, sind wir Ärzte.« Ich sehe meine Freundinnen an. Entschlossen. Der letzte Prüfungsabschnitt dauert vier Stunden. Danach ist es überstanden. Dann ist alles geschafft, wofür wir gearbeitet haben.
Wir müssen nur noch gefühlte 100 Fragen beantworten. Isa zuerst.
Jenny und ich sind erst am Nachmittag dran. Aber wir wollen hier sein, wenn Isa als Ärztin den Raum verlässt.
Die Gruppe formiert sich. Isa und ihre Pädiater-Freunde. Gleich geht es los. Isa wirkt ruhig und konzentriert.
Doch kurz bevor die Tür geöffnet wird, hastet sie noch einmal zurück. Tom ist gekommen. Grade noch rechtzeitig, um ihr Glück zu wünschen.
Isa küsst ihn ganz schnell – und dann eilt sie in den Prüfungsraum, als könne sie es nicht erwarten.
Wir warten. Tom schläft irgendwann auf einer der Bänke ein, er hat im Nachtzug kein Auge zugetan. Irgendwann kommen Isas Eltern. Sie sind schrecklich aufgeregt und haben Sekt dabei. Alkoholfreien.
Sie begrüßen uns herzlich und wollen sich unterhalten. Sie sind wirklich nett. Aber keine von uns kann jetzt eine Unterhaltung führen.
»Die machen mich fertig«, haucht Jenny und wir verschwinden. Ich möchte in die Cafeteria, aber dort ist es schrecklich voll. Oder auf den Hof. Aber da will Jenny nicht hin. Weil derLaboreingang auf den Hof führt. Wir enden an einem Ort, von dem ich gehofft hatte, dass ich nie wieder unnötig Zeit dort verbringen müsste. Im Damen-Waschraum.
Und dort warten wir schweigend die letzte Stunde ab.
Isa kommt zuerst aus dem Prüfungsraum. Sie umarmt Tom, ihre Eltern, uns beide.
»Sehr gut«, haucht sie sprachlos.
Es ist unglaublich. Ein Sehr gut. Mit Auszeichnung.
Wir müssen sie ganz schnell umarmen. Und dann hineingehen. Ein letztes Mal alles Wissen parat halten. Alles Wissen dieser Welt.
Heute dürfen die Prüfer alles fragen. Wir losen, in welcher Reihenfolge wir drankommen. Ich möchte nicht die Erste sein. Und vielleicht nicht die Letzte.
Jenny zieht das längste Streichholz. Ich das dritte. Johanna zieht das Kürzeste.
Ich habe mir fest vorgenommen, die Fragen der anderen aufmerksam anzuhören und im Kopf zu beantworten. Nur kurz noch mal konzentrieren.
Von Johannas Befragung bekomme ich nichts mit, auch nichts von Patricks. Na toll. Dann hätte ich auch Erste sein können. Aber jetzt geht es los. Für mich. Alle vier Prüfer lächeln einmal kurz. Dann ist das Feuer eröffnet.
»Wie lange dauert das Wochenbett und was passiert in dieser Zeit?«
Das ist einfach. Ich kann Dr. Al-Sayed sogar anlächeln, während ich antworte.
»Welche Kriterien müssen Sie bei der Bewertung der Serumkonzentration eines Pharmakons berücksichtigen?«
Moment. Isa hat uns dazu einen Vortrag gehalten. Als sie noch dachte, sie würde selbst keine Prüfung machen. Isa hat ein unglaubliches Sehr gut . Mit Auszeichnung. Ich wiederhole, was ich von ihrem Referat noch weiß. Sie hat es sicher ganz genau
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