Miss Marples letzte Fälle
Garderobe des Theaters, und die Behörden hatten den Verdacht, sie selbst könnte das Verschwinden arrangiert haben. Solche Sachen kommen vor zur Förderung der Publicity oder auch noch unerfreulicheren Motiven.
Das Kollier ist nie wieder aufgetaucht, doch im Verlauf der Verhandlungen wurde die Aufmerksamkeit der Pol i zei auf diesen Mann gelenkt, Walter St. John. Er war ein wohlerzogener und gebildeter Mann, der aber herunte r gekommen war und der bei einer ziemlich obskuren Fi r ma als Juwelier arbeitete. Die Firma wurde der Hehlerei bei vielen Juwelenrauben verdächtigt.
Es konnte ihm ziemlich einwandfrei nachgewiesen werden, dass das Kollier durch seine Hände gegangen war. Allerdings wurde er wegen eines anderen Juwele n raubes vor Gericht gebracht und ins Gefängnis geschickt. Seine Haftzeit war fast abgelaufen, daher war seine Flucht eine Überraschung.«
»Aber warum kam er hierher?«, fragte Bunch.
»Das möchten wir auch sehr gerne wissen, Mrs Ha r mon. Wir sind seinen Spuren nachgegangen. Demnach scheint er zuerst in London gewesen zu sein. Er besuchte keinen seiner alten Komplicen, sondern eine alte Frau, eine Mrs Jacobs, die vorher Kostümschneiderin bei einem Theater gewesen war. Sie sagte nicht, warum er zu ihr kam, aber nach den Aussagen anderer Hausbewohner verließ er das Haus mit einem Koffer.«
»Ich verstehe«, sagte Bunch. »Er hinterließ den Koffer in der Gepäckaufbewahrung von Paddington, und dann kam er hierher.«
»Zu dieser Zeit«, fuhr Inspektor Craddock fort, »waren ihm die Eccles und ein Mann, der sich Edwin Moss nennt, auf der Spur. Sie wollten diesen Koffer. Sie be o bachteten, wie er in den Bus stieg, und müssen in einem Auto vorausgefahren sein und gewartet haben, bis er au s stieg.«
»Und dann wurde er ermordet?«, sagte Bunch.
»Ja. Er wurde erschossen. Es war Eccles ’ Revolver, aber ich glaube eher, es war Moss, der den Schuss abgab. Und nun möchten wir wissen, Mrs Harmon, wo jetzt der Ko f fer ist, den Walter St. John tatsächlich am Bahnhof von Paddington aufgegeben hat?«
Bunch grinste. »Tante Jane hat ihn, ich meine Miss Marple. Es war ganz einfach. Sie schickte ein ehemaliges Dienstmädchen mit einem Koffer, in dem alte Kleidung s stücke waren, zur Gepäckaufbewahrung in Paddington, und wir tauschten die Scheine aus. Ich holte ihren Koffer ab und brachte ihn im Zug hierher. Sie schien erwartet zu haben, dass man ihn mir wegnehmen würde.«
Jetzt lachte Inspektor Craddock. »Das sagte sie, als sie anrief. Ich fahre jetzt nach London. Möchten Sie nicht mitkommen, Mrs Harmon?«
»Tja«, Bunch überlegte. »Eigentlich trifft es sich gut. Ich hatte in der vergangenen Nacht starke Zahnschmerzen, ich müsste unbedingt nach London zu meinem Zahnarzt, finden Sie nicht auch?«
»Ganz bestimmt«, sagte Inspektor Craddock…
Miss Marple sah abwechselnd auf den Inspektor Cra d dock, dann wieder auf Bunchs neugieriges Gesicht. Der Koffer lag auf dem Tisch. »Natürlich habe ich ihn noch nicht geöffnet«, sagte die alte Dame. »Ich dächte nicht im Traum daran, so etwas zu tun, bis ein Beamter der Polizei dabei wäre. Übrigens«, fügte sie mit einem spitzbübischen Lächeln hinzu, »er ist verschlossen.«
»Haben Sie eine Vermutung, was darin ist, Miss Mar p le?«, fragte der Inspektor.
»Ich denke mir, Sie wissen es«, sagte Miss Marple. »Ich schätze, Zobeidas Theaterkostüm. Möchten Sie einen Meißel, Inspektor?«
Der Meißel hatte bald seine Arbeit getan. Beide Frauen stöhnten leicht auf, als der Koffer aufsprang. Das So n nenlicht, das durch die Fenster fiel, brach sich in einem unerschöpflichen Schatz aus Tausendundeiner Nacht. Es funkelte wie Juwelen in Rot, Blau, Grün und Orange.
»Aladins Keller«, sagte Miss Marple. »Die glitzernden Juwelen, die das Mädchen beim Tanzen trug.«
»Ah«, sagte Inspektor Craddock. »Jetzt frage ich mich, was ist so kostbar daran, dass ein Mann deswegen ermo r det wurde?«
»Sie war ein schlaues Mädchen, nehme ich an«, sagte Miss Marple in Gedanken. »Sie ist tot, nicht wahr, I n spektor?«
»Ja, sie starb vor drei Jahren.«
»Sie hatte doch dieses wertvolle Smaragdkollier«, sagte Miss Marple sinnend. »Sie hat die echten Steine aus ihrer Fassung genommen und hier und da in ihr Kostüm ei n genäht, wo jeder sie für Glasperlen halten musste. Dann ließ sie sich eine Imitation von dem Kollier anfertigen, und die wurde gestohlen. Kein Wunder, dass sie nie auf den Markt kam. Der Dieb musste bald entdeckt
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