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Miss Seeton und der Hexenzauber

Titel: Miss Seeton und der Hexenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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den Kopf, um ein Lächeln zu verbergen, und schrieb: Alles über Hexenkult nachlesen.
    »Ein Farmer namens Mulcker wandte sich gestern morgen an uns, als er den Kadaver fand«, erzählte Brinton weiter. »Der Tierarzt hat einen Bericht verfaßt, und wir haben uns ein bißchen umgehört. Mir gefällt die Sache nicht – eine häßliche Geschichte.« Er beschrieb die Vorkommnisse. Der Farmer, der etwas außerhalb von Plummergen wohnte, hatte kurz nach fünf Uhr morgens den Dorfpolizisten alarmiert. Nachdem sich der Polizist den Fundort angesehen hatte, rief er in Brettenden an, und die Leute von dort meldeten den Vorfall wiederum nach Ashford.
    Die Streifenpolizisten, die den Funkspruch abfingen, gaben, nachdem sie sich einen Überblick verschaff t hatten, einen Bericht an ihre Dienststelle durch. Man holte den übel gelaunten Chief Inspector aus dem Bett und  zwang ihn, im Nieselregen über die nasse Wiese zu stapfen, um sich den Kadaver einer Kuh anzuschauen. Der Anblick verschlechterte seine Stimmung noch mehr, aber sein Zorn zielte jetzt in eine andere Richtung. Die tote Kuh lag in einem Graben am Feldrand. Die von Seilen verursachten Male waren noch an den Vorder- und Hinterläufen zu erkennen. Ein in aller Eile entstandener Autopsiebericht bestätigte den Verdacht der Polizisten: Das Tier war gefesselt worden, und man hatte ihm bei lebendigem Leibe Herz und Leber herausgeschnitten.
    Delphick kramte in seinem Gedächtnis. »War die Kuh eine Färse?« fragte er.
    Brinton grinste grimmig. »Gut, Orakel, jetzt bist du auf dem richtigen Dampfer.«
    Der Superintendent sah die nachdenkliche Miene seines Sergeants. »Eine Färse ist eine jungfräuliche Kuh, Bob.
    Das Blutopfer einer Jungfrau wie beim Voodoo-Zauber oder in der schwarzen Magie. Fruchtbarmachung der Erde durch das Blut des Opfers.« Diese Erklärung schien den Sergeant kein bißchen schlauer zu machen. »Hast du eine Spur von Herz und Leber gefunden?« erkundigte sich Delphick bei Brinton.
    »Ich glaub’ schon.« Ein Klopfen an der Tür kündigte den Kaffee an. Sobald die Tassen verteilt waren, nahm Brinton drei Löffel Zucker und rührte bedächtig um. »Ich habe alle Jungs in der Gegend gebeten, die Augen offenzuhalten, und Potter, unser Mann in Plummergen, hat Asche von einem Feuer im Hof der alten, verfallenen Kirche hinter Iverhurst gefunden – Iverhurst ist nur ungefähr zwei Meilen von Plummergen weg und gehört zu seinem Revier. Er stöberte ein wenig herum, dann gab er uns Bescheid. Da waren ein paar Brocken verbrannten Fleischs, in denen noch verkohlte Dornen steckten – wenigstens sah es so aus. Der Laborbericht ist noch nicht  da, aber ich bin ziemlich sicher.« Er stellte seine Tasse auf Delphicks Schreibtisch. »Es hilft nichts«, setzte er hinzu,
    »Malebury, wo sie vor zwei Wochen diese schwarze Messe hatten, ist nur gut zehn Meilen entfernt gleich auf der anderen Seite der County-Grenze.«
    »Ich verstehe.« Delphick überlegte. »Ja. Nicht schön.
    Und wenn sie einmal angefangen haben zu töten, weiß man nie, wo sie aufhören.« Er dachte: Bis jetzt hatten sie Nuscience, Hexenkult, wieder Nuscience, tote Kühe und noch mal Hexerei. Chris hatte etwas ganz Bestimmtes vor, aber was? »Diese brillante Idee, die du vorhin erwähnt hast – was genau wollt ihr von uns, du und dein Chief Constable?«
    Brinton wurde plötzlich verlegen – eine für ihn ganz untypische Reaktion. In Kent war er überzeugt gewesen, daß diese Lösung die einzig logische war und daß sie nur so ihre Schwierigkeiten bewältigen konnten. Hier, in London und in der sachlichen Atmosphäre des Yard, erschien ihm der Gedanke mit einemmal weit hergeholt und amateurhaft, und deshalb scheute er jetzt vor der größten Hürde zurück, die überwunden werden mußte. Er betrachtete die Decke, dann den Boden, und schließlich richtete er den Blick auf Delphick. »Naja, es geht um deine alte Freundin, die Zeichenlehrerin mit dem Regenschirm.«
    Der Sergeant stöhnte. Er hatte es gewußt. Die ganze Zeit. Bei allem, was in der Nähe von Plummergen passierte – auch wenn es um geopferte Kühe und auf einem alten Kirchhof gebratene Innereien ging – hatte Miss Seeton irgendwie ihre Finger im Spiel. Selbst wenn das noch nicht der Fall sein sollte, würde sie sich in kürzester Zeit einmischen, darauf würde er jede Wette eingehen.
    »Was hat die arme Miss Seeton getan?« wollte Delphick  wissen.
    »Es geht nicht darum, was sie getan hat, sondern darum, was wir von ihr wollen.

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