Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Miss Seeton und der Hexenzauber

Titel: Miss Seeton und der Hexenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
Vom Netzwerk:
Kapitel 1
    Arme Kuh.
    Chief Inspector Brinton von der Ashford Division stapfte mit kalten Füßen durch das feuchte Gras. Halb sechs Uhr morgens war nicht gerade die Zeit, zu der man wach sein sollte, und schon gar nicht unterwegs. Die Farmer mochten so was? Bitte schön, dann konnten die Farmer es so haben. Aber wenn sie Vernunft besäßen – die ihnen offensichtlich völlig abging –, würden sie auch zu einer zivilisierten Stunde aufstehen. Falls sie dann Leichen in Gräben fänden, wären zivilisierte Menschen wenigstens bereit, zivilisiertes Interesse dafür aufzubringen.
    Der Chief Inspector beobachtete, wie Potter, Plummergens Dorfpolizist, vor der Dornenhecke kauerte und die beiden Streifenpolizisten mit zwei Farmarbeitern Seile unter den Leichnam schoben, um ihn aus dem tiefen Graben zu hieven, der das Feld an einer Seite begrenzte.
    Er wandte sich an den Mann neben ihm.
    »Alles klar, Doc? Wir bringen sie Ihnen ins Labor, dann gehört sie ganz Ihnen. Geben Sie uns so bald wie möglich den Bericht durch, obwohl ja alles ziemlich eindeutig aussieht. Wenn ich mir die Wunden an den Beinen ansehe, würde ich sagen: festgebunden und bei lebendigem Leib aufgeschlitzt.«
    Der andere Mann zog die Schultern hoch. »Sonst gab’s nicht soviel Blut.«
    Brinton winkte den Farmer heran. »Können Ihre Männer den Mund halten?« Der Farmer nickte. »Gut, sorgen Sie dafür. Und Sie selbst verlieren auch kein Wort darüber, klar? Sieht aus wie eine rituelle Handlung. Die Dinge  stehen sowieso schon schlimm genug, und diese Sache mit der schwarzen Messe in der Kirche von Malebury macht nichts besser. Deshalb wollen wir das hier erst mal nicht an die große Glocke hängen. Wenn jemand Wind davon bekommt, sehen die Leute plötzlich überall Hexen und Teufel, und dann ist wirklich etwas los hier.«
    Er ging. Religiöse Spinner. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Als ob sie nicht schon genug am Hals hätten auch ohne diesen Blödsinn. Nuscience – deswegen war der Chief Constable auf Bäume geklettert. Nachdem die Polizei von Maidstone auf Anweisung des C.C. zweimal vergeblich versucht hatte, sich in die Organisation einzuschleichen, um herauszufinden, wozu das alles gut sein sollte und warum die reichen Leute von Kent wie die Lämmer, die zur Schlachtbank gehen, ihr Geld zu diesen Nuscience-Typen trugen, hatte der C.C. alle Chefs der Police Departments zusammengerufen. Irgendein Trottel hatte vorgeschlagen, Scotland Yard einzuschalten.
    Offenbar hatte der nicht kapiert, daß man einen Fall, den es gar nicht gab, nicht weiterleiten konnte – und nach den Beweisen, die sie hatten, oder nicht hatten, war Nuscience blütenweiß und unschuldig. Brinton lächelte vor sich hin.
    Er hatte auch einen Vorschlag gemacht – nämlich, daß jemand in die Gruppe eingeschleust werden sollte, und der C.C. war schon so gut wie einverstanden damit. Ein geschickter Schachzug, besonders weil Scotland Yard sozusagen durchs Hintertürchen ins Spiel kommen würde, wenn alles klappte. Seit sich dieser Hexenwahn zu etwas Ernstem ausgewachsen hatte, konnten sie jede Hilfe gebrauchen, um an Nuscience heranzukommen.
    Zumindest hatte der C.C. sein Okay gegeben, daß sich Brinton auf den Weg nach London machte, in aller Stille ein Wörtchen mit dem Orakel wechselte und zusah, was sich machen ließ. Vielleicht konnte er gleichzeitig  versuchen, das Orakel ein bißchen über Hexen auszuhorchen.
    Hexen. Brinton warf einen letzten Blick auf die Männer, die die Leiche aus dem Graben hoben, betrachtete seine mit rötlichem Schlamm bespritzten Schuhe, wischte sie am feuchten Gras ab, bis sie oben so naß waren wie an den Sohlen, steckte die Hände in die Taschen und marschierte zu seinem Wagen.
    Arme alte Kuh.
    Der Chief Inspector hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, Scotland Yard einen Besuch abzustatten. Er sah sich die Fassade des Gebäudes an. Muß eine Stange Geld kosten, die Fenster putzen zu lassen, dachte er. Er ging hinein, nannte seinen Namen, Rang, Adresse, Dienststelle und sein Anliegen; man wies ihm einen Begleiter zu, der ihn zum Lift und nach oben brachte.
    Detective Superintendent Delphick erhob sich, als der Besucher in sein Büro geführt wurde.
    »Chris, schön dich zu sehen. Du kennst Bob Ranger?«
    Er deutete auf seinen Sergeant.
    »Wie geht es Ihnen, Sir?« Detective Sergeant Ranger nahm ein paar Papiere von seinem Schreibtisch und machte sich auf den Weg zur Tür.
    Brinton winkte ihn zurück. »Setzen Sie sich, Junge.
    Dieser

Weitere Kostenlose Bücher