Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
allerdings beschlossen, das alles hinter sich zu lassen und zur Navy zu gehen.
Nach Abschluss der Grundausbildung meldete er sich sofort zur Offiziersschule. Er war ein äußerst intelligenter Schüler, der alle Prüfungen im ersten Anlauf schaffte. Doch im Herzen war er nach wie vor Jurist, jemand, der immer beide Seiten einer Gleichung sah. Er stellte sich zunächst vor, worauf er plädieren würde, falls er der Verteidiger wäre, und dann, was er als Staatsanwalt geltend machen konnte. Wie bei vielen Juristen litt darunter manchmal leider der gesunde Menschenverstand.
In diesem besonderen Fall war ihm eines klar: Ginge es um seine Popularität, würde er sich die Dankbarkeit des gesamten Camps sichern, wenn er zu dem Schluss käme, dass der SEAL-Commander sich für sein Tun auf der Euphratbrücke nicht verantworten müsse.
Andererseits – dieses Wort ist jedem Juristen in Fleisch und Blut übergegangen – war das politische Klima äußerst problematisch. Neue Nahost-Friedensgespräche standen an. Pakistan, das verstärkt mit islamischem Fundamentalismus zu kämpfen hatte, versuchte einen Atomsperrvertrag mit Indien und China auszuhandeln.
Und hier hatte er es jetzt also mit einem Dutzend toter irakischer Einheimischer zu tun, deren Anhänger nur allzu bereitwillig bei Allah schwören würden, dass sie niemandem Schaden zufügen wollten und kein Einziger von ihnen jemals in seinem Leben eine Waffe besessen hatte. Selbst der neue irakische Präsident hatte mittlerweile den Vorfall auf der Brücke als Massaker bezeichnet.
Der JAG saß in der Klemme. Die juristische Frage lief Gefahr, zwischen den beiden konkurrierenden Fraktionen, den Streitkräften und den politischen Mächten, zerrieben zu werden. Es war eine Situation, in der nichts zu gewinnen war.
Commander Farrell beschloss, dass der Fall des SEAL-Commanders, egal wie er aussehen mochte, nicht einfach eingestellt werden konnte. Dafür war die Sache zu brisant; zu viel stand auf dem Spiel. Das Pentagon pochte darauf, den Fall so abzuschließen, dass die Vereinigten Staaten im bestmöglichen Licht erschienen. Das war nicht möglich, indem man die Angelegenheit unter den Teppich kehrte.
Jeder, der an der Foxtrot-Platoon-Katastrophe beteiligt gewesen war, sollte also in drei Wochen nach San Diego ausfliegen. Und um acht Uhr, an einem klaren Wüstenmorgen, wurde Lieutenant Commander Mackenzie Bedford eröffnet, dass sein Fall an den Ermittlungsausschuss der US Navy im SPECWARCOM verwiesen würde. Die offizielle Empfehlung würde lauten, ihn aufgrund rücksichtslosen Verhaltens im Angesicht des Feindes und sehr wahrscheinlich wegen Mordes an zwölf irakischen Bürgern vor das Militärgericht zu stellen.
KAPITEL ZWEI
Die riesige Boeing C-17 schwebte tief über die am Meer gelegenen Vororte von San Diego. In einer Höhe von 150 Metern dröhnte sie über die Bucht und setzte schließlich auf der südwestlichen Rollbahn der US Naval Air Station, North Island, Coronado, auf, dem Hauptquartier der SEALs. Die Maschine, die die Männer des SEAL-Teams 10 nach Hause brachte, rollte zum Wenden ans Ende der Landebahn, und von dort konnten die SEALs den großen Militärfriedhof hoch oben auf Point Loma sehen, das wenige Meilen entfernt auf der anderen Seite der Bucht lag. Frank Brooks und Charlie O’Brien hatten hier ihre Grabsteine.
Es war keine besonders freudige Heimkehr. Dass Mack Bedford eventuell vor das Militärgericht zitiert wurde, lastete auf dem gesamten Team. Kehrten Männer von ihren Einsätzen in irgendwelchen nahöstlichen Schreckensorten heim, lachten sie sonst immer und rissen Witze, an diesem Abend aber herrschte in der gesamten Basis gedämpfte Stimmung. Jeder wusste, dass Lieutenant Commander Bedfords Fall von äußeren, politischen Faktoren bestimmt wurde. Die SEALs waren generell Männer, die unter sich blieben und die es in Rage brachte, wenn Außenseiter in ihre harte Welt einbrachen.
Der detaillierte Bericht des JAG im Irak hatte es dem Ermittlungsausschuss in Coronado relativ leichtgemacht. Die Fakten waren eindeutig. Die Iraker hatten mit erhobenen Händen die Brücke überquert. Das bedeutete allerdings nicht unbedingt, dass sie auch unbewaffnet gewesen waren. Es hieß lediglich,
dass sie unbewaffnet schienen; ein kleiner Unterschied. Scharfsinnige Beobachter des irakischen Kriegsschauplatzes hätten vielleicht zu dem Schluss kommen können, dass eine solche Kapitulation ein alter Trick war, um einen möglichen Gegenschlag der
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