Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
dafür, was seine Vorgesetzten von ihm wollten. Wenn sie einen Schuldspruch wollten, würde er ihnen den liefern, davon war er überzeugt. Wurde ihm allerdings angedeutet, dass man nach außen hin ein scheinbar hartes Urteil wollte , der Lieutenant Commander letztlich aber freigesprochen werden sollte, dann würde er dafür sorgen, dass das so eintraf. Harrison war ein treuer Diener seines Oberbefehlshabers, des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ein idealistischer Eiferer war er nicht.
Als seinen Widersacher und offiziellen Verteidiger ernannte das Trial Office Commander Al Surprenant. Al, 50 Jahre alt, konnte schon eher als Eiferer gelten. Er vertrat einige Grundüberzeugungen, von denen die wichtigste sein unerschütterliches Vertrauen in die Offiziere der US Navy war. Der Feind war für Al der Feind, und wenn dieser die Hand gegen die Vereinigten Staaten erhob, dann ging er jeglicher Rechte verlustig. Dies galt nicht unbedingt in einem formellen Kriegszustand, in dem sich souveräne Staaten im Kampf gegeneinander befanden, mit regulären
Truppen, korrekten Uniformen sowie Verhaltensregeln und den Maßgaben der Genfer Konventionen. Doch mit Sicherheit traf dies auf Terroristen, Aufständische, Dschihadisten, El-Kaida, die Taliban oder jede andere bewaffnete Gruppe zu, die in welcher Form auch immer das Feuer auf die Streitkräfte der USA eröffneten.
Commander Surprenant hatte unerschütterliche Ansichten zu den US-Spezialkräften, die »hinter den feindlichen Linien« operierten: Dort hätten sie jedes Recht, alles Notwendige zu tun, um sich zu schützen und ihre Mission erfolgreich zu Ende zu führen. Sein Grundsatz dazu lautete ganz einfach: Wenn es ihnen nicht erlaubt ist, sich gegen den Gegner auf angemessene Weise zu wehren, dann hätte man sie nicht hinschicken dürfen. Das ungeschriebene Gesetz der natürlichen Gerechtigkeit reichte seiner Meinung nach gewöhnlich aus, um die US-Soldaten zu schützen; sollte es allerdings nicht reichen, dann würde er, Commander Surprenant, dem universalen »Gesetz« Klauen und Zähne verleihen sowie für den in diesem Fall nötigen juristischen Nachdruck sorgen.
Mack Bedford hätte sich kaum in besseren Händen befinden können. Der Verteidiger würde den Anklagevertreter frontal angehen und von ihm wissen wollen, unter welchem Gesetz es den Navy SEALs plötzlich verboten sei, gegen jene zurückzuschlagen, die soeben 20 ihrer Kameraden ermordet hatten.
Surprenant wurde mit einem goldenen Löffel im Mund geboren. Sein wohlhabender Vater hatte ihn auf die Choate School und dann auf die juristische Fakultät von Harvard geschickt, der junge Al allerdings fand nicht viel Gefallen am Papierkram, am Abfassen von juristischen Gutachten und der ausufernden Bürokratie der großen Anwaltskanzleien. Trotz seines ausgezeichneten Abschlusses und einer sicheren Zukunft kündigte er daher eines Tages und ging zur US Navy. Er wurde bald zum Offizier ernannt,
stieg schnell in den Rang eines Lieutenant Commander auf und diente im Golfkrieg als Raketenoffizier auf einem US-Zerstörer. Im Jahr darauf wurde er Marineanwalt auf der Basis in Norfolk, Virginia, und zog nach San Diego, nachdem er eine Hollywood-Schauspielerin geheiratet hatte.
Jedem im SPECWARCOM war klar, dass die Marineführung es keineswegs darauf anlegte, Mack Bedford zu ruinieren. Die Ernennung von Commander Surprenant deutete daraufhin, dass er wohl nicht wegen Mordes verurteilt werden würde. Dennoch wurde auch die Meinung vertreten, der angeklagte SEAL-Commander müsse auf dem Altar der Nahost-Friedenspolitik geopfert werden.
Das Militärgericht tagte im Gerichtssaal des Navy Trial Service im Zentrum der San-Diego-Basis, abgeschottet von den Medien, die vom rechtlichen Nachspiel des Vorfalls noch gar nichts mitbekommen hatten. Der Trial Service ernannte ein fünfköpfiges Richtergremium, das über Lieutenant Commander Mack Bedford zu entscheiden hatte. Wie gewöhnlich bestand es aus einem jungen Lieutenant und drei Lieutenant Commanders, deren Erfahrungshorizont einen großen Bereich sämtlicher Marineaktivitäten zu Friedens- wie zu Kriegszeiten umfasste.
Der Vorsitzende, Captain Cale »Boomer« Dunning, ehemaliger Kommandeur auf einem Atom-U-Boot, stand nur fünf Monate vor seiner Beförderung zum Rear Admiral. Ein weiteres Anzeichen dafür, wie viel Sympathie Mack Bedford entgegengebracht wurde. Captain Dunning war ein harter Haudegen, dem es von Anfang an bestimmt gewesen war, ganz nach oben zu kommen. Nach
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