Mission auf Leben und Tod
nicht ansprechen kann und die Sie zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt für sich behalten müssen. Es wäre wohl das Einfachste, wenn wir uns auf die erste Möglichkeit einigen.«
»Nein, Monsieur Varonne. Ich würde Ihre Hinweise sehr zu schätzen wissen. In dem Fall wäre ich auch gern bereit, nichts davon zu veröffentlichen.«
»D’accord. Ich werde es nicht gestatten, dass Sie das Gespräch aufzeichnen, Sie können sich Notizen machen.«
»Einverstanden. Mir sind die Namen und Adressen der beiden Ermordeten Marcel und Raymond bekannt. Hat die Polizei irgendeine Ahnung, wer das Verbrechen begangen hat?«
»Ja. Letzte Nacht erhielt die Küstenwache eine Meldung von den Briten, wonach ein Fischerboot aus Brixham im Ärmelkanal von einem groß gewachsenen Ausländer mit schwarzem Vollbart gekapert worden sei. Er hat die Mannschaft über Bord geworfen.«
»Alle?«
»Es waren nur zwei. Die Küstenwache jedenfalls verfolgte dieses Boot, einen Zwanzig-Meter-Schleppnetzfischer namens Eagle , und gab die Warnung aus, dass es in Val André anlanden würden. Im morgendlichen Nebel verloren sie den Kontakt zur Eagle , der Täter allerdings ging irgendwann nach sechs Uhr an Land. Um neun Uhr wurden am Strand die Leichen der beiden Männer gefunden. Und um elf Uhr bestätigte der Besitzer der örtlichen Tankstelle, dass er einem großen Mann mit schwarzem Vollbart einen Wagen verkauft hat. Dessen Beschreibung passt exakt auf die des Piraten, die wir von den Briten bekommen haben.«
»Konnte man ihn über die Zulassungspapiere identifizieren?«
»Ja. Es handelte sich – scheinbar – um einen Gunther Marc Roche, einen Schweizer, wohnhaft in der Rue de Bâle 18, Genf. Pass und Führerschein waren gefälscht. Mittlerweile wird landesweit nach dem Wagen gefahndet, den er in Val André gekauft hat. Bislang ist der Täter nicht gefasst.«
»Dann haben wir also jetzt eine landesweite Fahndung nach einem Ausländer, der in dem Urlaubsort an der Küste zwei Menschen umgebracht hat?«
»Nicht ganz. Was ich Ihnen jetzt erzähle, ist nur ein Tipp. Die Fakten müssen Sie sich von anderen Quellen bestätigen lassen.«
Étienne beugte sich gespannt vor.
»Die beiden Ermordeten«, sagte der Inspecteur, »waren die persönlichen Leibwächter von Monsieur Henri Foche.«
Dem Reporter schossen die Augenbrauen nach oben. »Non!«, entfuhr es ihm, als wäre er vom Blitz getroffen worden.
»Oui!«, bestätigte der Inspecteur. »Beide waren seit Jahren bei ihm rund um die Uhr im Dienst. Marcel galt als enger Vertrauter des Gaullistenführers.«
Monsieur Varonne hielt inne und senkte den Blick. Dann sah er auf und fuhr fort: »Aber, Étienne, da ist noch etwas. Vor ein paar Tagen bekamen wir einen Hinweis, wonach angeblich ein Attentat auf Monsieur Foche geplant sei. Der oder die Attentäter sollen angeblich aus England kommen. Es dürfte daher mehr als nur ein Zufall sein, dass der verrückte Pirat aus England in Val André auf Foches Leibwächter stieß.«
Étienne überlegte fieberhaft – wollte er eine große Titelstory, möglicherweise die größte, die er jemals an Land gezogen hatte, oder eine Geschichte auf Seite sieben mit einer bescheidenen Überschrift zu zwei nebensächlichen Morden? »Verbieten Sie es mir, das zu benutzen?«, fragte er.
»Nein, nein, keinesfalls«, erwiderte Varonne. »Ich habe Sie aber nur in die richtige Richtung gewiesen. Bestätigung für Ihre Fakten müssen Sie schon woanders suchen. Ich rate Ihnen, es mit Chef d’Escadron Paul Ravel in Saint-Malo und dann mit Henri Foche persönlich zu versuchen.«
»Trotzdem verstehe ich nicht so recht, warum Sie so nervös sind«, sagte Étienne. »Die Morde sind bekannt. Das Angestelltenverhältnis der beiden Ermordeten kann nicht lange geheim gehalten werden. Ich sehe kein Problem.«
»Das genau ist der Grund dafür, warum ich hier sitze und Sie immer die Gegend unsicher machen müssen, um dämliche Geschichten zu schreiben«, antwortete Varonne. »Jetzt passen Sie mal auf. Wir haben irgendwo in Frankreich einen Killer frei herumlaufen. Er hat heute zwei Menschen umgebracht, vielleicht werden es noch mehr. Aber vielleicht hat er es auf den kommenden französischen Präsidenten abgesehen, und deshalb wollen wir es ihm nicht einfacher machen, als es sowieso schon ist.«
»Was meinen Sie damit?«
»Vor allem soll er nicht wissen, dass wir ihm auf den Fersen sind. Er soll nicht wissen, dass uns bewusst ist, auf wen er es wirklich abgesehen hat. Er soll
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