Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
etwas für den deutschen Basketball tun wollte, musste ich als Bundestrainer helfen, das Baby zum Laufen zu bringen. Einer so starken Marke muss man einfach unter die Arme greifen. Der FC Bayern ist die Fußballmarke schlechthin in Deutschland. Seit 1965 spielt der Verein ununterbrochen in der Bundesliga. Mit 21 Titeln ist er Rekordmeister. Und auch auf Europas Bühne ist Bayern eine feste Größe. Stark, mächtig, erfolgreich. Und was haben die Bayern im Basketball vorzuweisen? Zweimal waren sie in den 1950er-Jahren Basketballmeister gewesen. Doch seit dem Abstieg der SG München 1977 spielten sie nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Niemandsland. 69 000 Zuschauer kamen zu den Heimspielen der Fußballer, 600 im Schnitt zu den Basketballern. Bayerns Basketball war streng genommen nicht existent. Und nun dachten die Bosse vage nach, das zu ändern. Stundenlang hatte ich mit den Funktionären des FC Bayern Bernd Rauch, Thomas Oehler und Peter Kemmer über Basketball in München diskutiert. Sie hatten auch die Idee gehabt, mich anschließend mit Uli Hoeneß beim Mittagessen zusammenzubringen. Doch die erhoffte Umarmung von ihm war zunächst ausgeblieben. Hoeneß hatte kurzfristig absagen müssen. Termine im Fußball – die haben natürlich Priorität.
Es war mir schwergefallen, dieses erste, verkorkste Treffen richtig einzuordnen. Hoeneß hatte keineswegs sofort angebissen. Im Gegenteil. Er hatte sich beim angedachten Mittagessen entschuldigen lassen. Ich hatte seine Skepsis für diese für ihn neue Welt gespürt. Aber ich wusste auch, dass er keine Ablehnung gegen mich pflegte, und dachte: »Der Typ ist so brillant, so stark, so menschlich, dass mit ihm große Dinge möglich sind. Wenn es Bayern gelingt, Hoeneß zu begeistern, kann man hier eine Lawine auslösen.« Doch ehrlich gesagt, glaubte ich zunächst nicht daran. So richtig wusste ich nicht einmal, wie ernst es den Bayern selbst überhaupt war. Sie hatten mich eingeladen, wollten den Rat des Bundestrainers. Aber der ganz große Bahnhof war es irgendwie nicht. Ich glaube, mit Absicht. Sie wollten überzeugen und nicht mit der Weltmarke FC Bayern blenden. Versprechungen gab es also keine und ein großer Metallkoffer war auch nirgends zu sehen. Weißwürste mit süßem Senf an der Säbener Straße statt Filetsteak bei Käfer. Aber sie wirkten sympathisch und voller Tatendrang – der sachliche, unprätentiöse Peter Kemmer, der akribische, bestens vorbereitete Thomas Oehler und vor allem Bernd Rauch mit seiner großen emotionalen Kraft. Schnell war mir aber auch klar, dass trotz des unbegrenzten Potenzials der Weg an die Spitze im deutschen Basketball brutal schwierig und voller Hindernisse, Gefahren und Widerstände sein würde. Ich fuhr gespalten nach Hause: Mich hatte die Begeisterung gepackt, aber zugleich trieben mich auch Zweifel um.
Offenbar hatte mein kurzes persönliches Gespräch mit Uli Hoeneß im Januar 2010 Spuren hinterlassen, denn im Februar trafen wir uns ein weiteres Mal. Diesmal saßen wir, Uli Hoeneß, Bernd Rauch und Fritz Scherer, ein Mitglied aus dem Aufsichtsrat, zurückgezogen im Bogenhauser Hof. Und Hoeneß sprach: »Ich bin nach wie vor skeptisch. Ich kann das alles noch viel zu wenig einschätzen. Ich will gnadenlose Offenheit, gnadenlose Ehrlichkeit bei allem, was wir jetzt und hier besprechen. Und ich will wissen, ob Sie, Herr Bauermann, bereit wären, Verantwortung bei diesem Projekt zu tragen?« Ich sollte also mehr sein als bloß ein Berater. Nicht nur Ideengeber. Sondern Konstrukteur. Gestalter.
Wir diskutierten, wie man Bayern in die Basketballbundesliga bringen könne. Die Idee, sich mit einer Wildcard in die Erstklassigkeit einzukaufen, wurde schnell ausgeschlossen. Alle waren für den Weg der Glaubwürdigkeit, auch wenn er die Ochsentour durch die zweite Liga bedeutete. Wir sprachen über sportliche Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit. An diesem Abend spürte ich, wie Hoeneß endlich Gefallen an dem Projekt fand. Plötzlich schien er wirklich interessiert zu sein. Er wollte mehr. Und auch ich wurde etwas zuversichtlicher.
So ein Projekt braucht große Männer. Visionäre. Ein Projekt mit solch einer Tragweite hängt nicht nur von wirtschaftlicher Macht ab, nicht nur von der kühlen Kraft eines Analytikers. Es bedarf vor allem Herzblut und Wärme von Machern wie Uli Hoeneß und Bernd Rauch, die mit unbändigem Willen marschieren und mit schier grenzenloser, gestalterischer Kraft anpacken.
Otto Reintjes ist
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