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Mission Walhalla

Mission Walhalla

Titel: Mission Walhalla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Vermutlich mir.
    Durch ein kleines vergittertes Fenster sah ich, dass draußen ein neuer Tag anbrach. Die Morgenröte legte sich wie eine Blutspur über den blauen Horizont. Das verhieß nichts Gutes. Die Amis, so viel stand mittlerweile fest, hegten den nicht unberechtigten Verdacht, ich stünde in einem sehr viel engeren Verhältnis zu Melba Marrero und ihren Verbrechen – Plural –, als ich zugab. Ihre Annahme wurde offenkundig von der Tatsache untermauert, dass ich selbst kein Amerikaner war und noch dazu eine starke Rum-Fahne hatte.
    Der hellblaue Resopaltisch, auf dem Zigaretten zahllose kaffeebraune Brandflecken hinterlassen hatten, war mit Akten übersät. Dazwischen lagen zwei Schusswaffen mit kleinen Schildchen am Abzugbügel, als würden sie zum Verkauf angeboten. Eine davon war die kleine Beretta-Taschenpistole, mit der Melba auf den Unteroffizier geschossen hatte; die andere war eine Colt-Automatikpistole, die man ihm einige Monate zuvor gestohlen hatte und mit der Hauptmann Balart vor dem Hotel Ambos Mundos in Havanna erschossen worden war. Neben den Akten und Pistolen lag mein blau-goldener argentinischer Pass, und von Zeit zu Zeit nahm Captain Mackay, der Navy-Bulle, der die Vernehmung leitete, ihn zur Hand und blätterte erstaunt darin herum, als wäre es für ihn schier unfassbar, dass jemand durchs Leben gehen konnte, ohne ein Bürger der USA zu sein. Schwer zu sagen, was an Captain Mackay unerträglicher war: seine Fragen oder sein Mundgeruch. Jedes Mal, wenn sich sein rundes, bebrilltes Gesicht dem meinen näherte, nahmen mir die säuerlichen Ausdünstungen seiner Zahnfäule den Atem, und nach einer Weile fühlte ich mich, als steckte ich zerkaut, aber nur halb verdaut tief in seinen Yankee-Därmen.
    Mackay sagte mit unverhohlener Verachtung: «Was Sie uns da erzählen, dass Sie sie erst vor zwei Tagen kennengelernt haben, das ergibt doch keinen Sinn. Überhaupt keinen Sinn. Sie sagen, sie wäre eine
chica
, mit der Sie sich eingelassen haben. Dass Sie sie gebeten haben, Sie auf einem mehrwöchigen Bootsausflug zu begleiten. Dass das auch den hohen Geldbetrag erklärt, den Sie bei sich hatten.»
    «Das ist richtig.»
    «Und dennoch behaupten Sie, praktisch nichts über die Frau zu wissen.»
    «In meinem Alter ist es besser, nicht zu viele Fragen zu stellen, wenn eine hübsche junge Frau bereit ist, mit einem wegzufahren.»
    Mackay lächelte dünn. Er war um die dreißig, zu jung, um das Interesse eines älteren Mannes an jungen Frauen nachvollziehen zu können. An seinem Wurstfinger trug er einen Ehering, und ich stellte mir irgendein patentes Mädchen mit Dauerwelle und einer Rührschüssel unter dem molligen Arm vor, die zu Hause, in einem Stabilbaukastenhäuschen auf einer trübseligen Navy-Basis, auf ihn wartete.
    «Soll ich Ihnen sagen, wie ich die Sache sehe? Ich glaube, Sie waren auf dem Weg in die Dominikanische Republik, um Waffen für die Rebellen zu kaufen. Das Boot, das Geld, das Mädchen, das passt alles.»
    «Da reimen Sie sich was zusammen, Captain. Ich bin ein geachteter Geschäftsmann. Ich bin recht wohlhabend und habe eine schöne Wohnung in Havanna. Ich arbeite in einem Hotelkasino. Ich bin wohl kaum der Typ, der die Kommunisten unterstützt. Und die Frau? Sie ist bloß eine
chica

    «Mag sein. Aber sie hat einen kubanischen Polizisten ermordet. Und um ein Haar einen meiner Männer.»
    «Und wennschon. Haben Sie vielleicht gesehen, dass ich auf irgendwen geschossen habe? Ich bin nicht mal laut geworden. In meiner Branche sind Mädchen, Mädchen wie Melba, bloß ein netter Zeitvertreib, so etwas wie eine Zusatzprämie. Was die so in ihrer Freizeit treiben, ist –», ich überlegte einen Moment, suchte nach der besten Formulierung, «wohl kaum meine Angelegenheit.»
    «Oh doch, wenn sie auf Ihrem Boot auf einen Amerikaner schießt.»
    «Aber ich wusste ja nicht mal, dass sie eine Waffe dabeihatte. Hätte ich es gewusst, hätte ich die Pistole sofort über Bord geworfen. Und das Mädchen gleich mit. Und wenn ich auch nur geahnt hätte, dass sie unter dem Verdacht steht, einen Polizisten ermordet zu haben, hätte ich Señorita Marrero nie und nimmer eingeladen, mich zu begleiten.»
    «Ich will Ihnen mal was über Ihre kleine Freundin verraten, Mister Hausner.» Mackay musste aufstoßen, was er längst nicht so erfolgreich unterdrückte, wie mir lieb gewesen wäre. Er nahm seine Brille ab und hauchte die Gläser an, die erstaunlicherweise nicht zersprangen. «Ihr richtiger

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