Mit 17 setzt man auf die Liebe
Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen konnte. Irgendein Klassenkamerad, der es leid war, sich weiter um die Tiere zu kümmern und sie für wenig Geld verkaufte oder gar verschenkte. Vielleicht auch mußte jemand ins Altersheim und sich deshalb von den Vögeln trennen, und Klaus hatte davon erfahren und sich in seiner Gutmütigkeit bereit erklärt, eines der Tiere zu übernehmen. Das sähe ihm ähnlich. Oder war jemand in der ferneren Verwandtschaft gestorben und hatte die Tiere hinterlassen? Klaus rief nicht ohne Grund mitten im Unterricht in der Ballettschule an. Es mußte schon wirklich dringend sein. Sie hätte nicht so unfreundlich sein sollen, sie mußte es nachher irgendwie wieder gutmachen, nahm sich Katja vor.
Sie schlüpfte an ihren Platz zurück und bemühte sich, sich voll auf das Training zu konzentrieren.
Nach den anderthalb Stunden Unterricht fühlte sie sich verschwitzt und erschöpft, aber wunderbar leicht und frei, wie meistens, wenn sie sehr intensiv gearbeitet hatte.
Ihre Freundin Petra, die neuerdings nicht mehr beim Balletttraining mitmachte und nur noch gelegentlich zum Jazztanz kam, erwartete sie am Eingang.
„Da bist du ja endlich! Ich hab mir gedacht, wir können uns schnell noch ein Eis leisten, eh wir uns an die blöden Physikaufgaben machen.“
„Genau das hatte ich vor!“ sagte Katja vergnügt und hängte sich bei der Freundin ein. „Du mußt allerdings vorher schnell noch mit mir eine Besorgung machen.“
„Eine Besorgung?“
„Ja, wir haben Nachwuchs gekriegt, stell dir vor. Jetzt muß ich ein paar Sachen für die Ausstattung kaufen. In der Tierhandlung hier um die Ecke, es dauert nicht lange.“
„Nachwuchs? Ich dachte, Hermann wäre ein Rüde!“
„Keine Hundebabys. Klaus und ich haben einen Vogel!“
„Das ist mir nicht neu.“
„Einen Kanarienvogel! Es muß ein goldiger Kerl sein. Klaus war ganz aus dem Häuschen, als er mir davon erzählte! Er war allerdings nicht ganz sicher, ob er nicht doch lieber den Wellensittich nehmen sollte. Ich hätte ihm sagen sollen, daß er beide nehmen kann.“
„Ihr sorgt jedenfalls immer wieder für Überraschungen!“
„Ich gebe zu, für mich kam es auch ziemlich unerwartet. Aber jetzt freue ich mich auf den Kleinen.“
Sie waren in die Hauptstraße eingebogen, und Katja zog Petra hinter sich her in die Tierhandlung, die ihr schon vom Kauf der Ausstattung Hermanns vertraut war.
„So!“ sagte der Ladenbesitzer denn auch statt einer Begrüßung, milde lächelnd. „Wieder ein neues Halsband, hab ich recht?“
„Nein, ausnahmsweise nicht!“ erklärte Katja lachend. „Obgleich ich zugebe, daß das letzte schon ungewöhnlich lange hält, für Hermanns Verhältnisse. Diesmal brauche ich etwas für einen Kanarienvogel. Futter... und was man sonst noch so benötigt, ich kenne mich da nicht so aus.“
„Einen Vogelbauer haben Sie bereits?“
„Ich denke doch, ja.“
„Sie will die Sachen dem neuen Piepmatz als Geschenk mitbringen.“
„Ich verstehe.“
Der Ladenbesitzer legte alles vor Katja hin, was es an Ausrüstung für den gefiederten Hausgenossen gab. Katja entschied sich für ein Sortiment an Kraftfutter, Vogelkäfigsand, eine Vogelbadewanne, einen Trinknapf und etwas Spielzeug, Bällchen und eine Leiter, die dem kleinen Kerl die Langeweile vertreiben sollten. Katja mußte sich von Petra Geld leihen, damit sie alles bezahlen konnte.
„Hoffentlich wartet Klaus nicht schon stundenlang mit dem armen Kerlchen im Café, der muß sich ja schrecklich aufregen, bei der Unruhe und dem Lärm dort“, sagte Katja, als sie den Laden verließen. „Daß ich daran nicht eher gedacht habe!“
„Klaus wird schon auf ihn aufpassen“, beruhigte Petra die Freundin, „er ist so vernünftig in solchen Sachen.“
Petra schien recht zu haben. Klaus saß nicht an einem der Tische an der Straße, wo es laut und hektisch zuging; er hatte sich im Inneren des Cafés in eine ruhige Ecke zurückgezogen.
„Das ist gut, mein Schatz!“ lobte Katja ihn und legte die Päckchen vor ihn auf den Tisch. „Hier hat er wenigstens seine Ruhe! Wo ist er denn?“
„Wer?“
„Na, unser Kanarienvogel!“
Klaus schaute verwirrt von einer zur anderen. „Ach so“, er lachte verlegen, „aber doch nicht hier drin!“
„Natürlich. Entschuldige, aber ich hatte befürchtet... gut, daß du ihn nach Hause gebracht hast. Tut mir leid, daß es so spät geworden ist, aber ich mußte unserem Mätzchen doch gleich ein bißchen was kaufen.
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