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Mit 80 000 Fragen um die Welt

Mit 80 000 Fragen um die Welt

Titel: Mit 80 000 Fragen um die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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Liebe», lächelt Plumet, er vertrete nun mal die körperliche.
    Alain führt mich auf eine Etage mit weinrot gestrichenen Wänden, an denen Aktzeichnungen und Porträts von Huren hängen. In einer Glasvitrine steht ein bunter Mini-Puff. «Ich will dir verraten, woher der Begriff ‹Stadt der Liebe› kommt», sagt Plumet, und plötzlich bilden sich um seine Augen Fältchen. Er verändert sich. Alain wechselt vom Pornodarstellerzum Professor, das passt zu der silbernen Brille und dem Joseph-Beuys-Hut, der seine Glatze bedeckt. «In Paris», doziert er, «gab es früher große Edelbordells mit prachtvollem Mobiliar und wunderschönen Frauen, und deshalb kam alle Welt hierher. Ganz Paris war ein Bordell.»

    Dann sei die Wehrmacht gekommen, erklärt Alain. Und auch die Deutschen waren offenbar angetan von den Etablissements mit dem ausgefallenen Design und den Damen, die für Geld zu fast allem bereit waren. Deutsche Offiziere besetzten zwanzig Puffs und lebten ihre Phantasien im Stellungskrieg aus. Die Prostitution florierte, und Hermann Göring persönlich soll einmal das «Le Chabanais» besucht haben, in dem zuvor ein englischer König Stammgast gewesen war. Und weil es Göring und den Nazis so gut gefiel, nannten sie Paris die Stadt der Liebe.
    «Und heute?»
    «Heute gibt es keine mehr.»
    «Keine mehr?»
    «Non.»
    Das also ist die Lösung. Paris war einmal die Stadt der käuflichen Liebe. Eine weitere ernüchternde Erkenntnis meiner Recherche: Es ging die ganze Zeit nur um Sex. Habe ich Wilma Brunkhorst womöglich unrecht getan? Wollte sie nicht wissen, ob Franzosen schmutzig sind?
    Zur Feier des Tages gibt der Produzent eine Runde Puffbrause aus – Piccolosekt aus untypisch großen Flaschen. Santé! Wir flanieren durch die Stadt und sehen Frankreich mit ganz anderen Augen: erigierte Flaschenhälse, stramme Säulen, phallisches Gebäck. Bald stehen wir vor einem dubiosen, grün lackierten Portal mit zwei viereckigen, verspiegelten Gucklöchern, darüber hängen eine goldene Laterne und die Hausnummer sechs. Zwei Palmen rahmendas sonderbare Ensemble ein. Vor dem Eingang wartet Babette.
    «Pass auf: Matthias und ich gehen da jetzt rein und regeln das. Dann kommt Monsieur Roger und holt dich dazu.»
    «Wer?»
    Monsieur Roger ist der Besitzer dieses Swingerklubs. Ein Journalistenkollege von Babette hatte mal mit ihm zu tun, als er in diesem Milieu «recherchierte». Weitere Details möchte ich nicht wissen. Eigentlich will ich gar nichts mehr wissen. Ich habe genug von dieser notgeilen Stadt der Liebe, und kaum sind die beiden hinter der Tür verschwunden, kippe ich mir die Reste aus den Piccolos auf ex in den Hals.
    Der Alkohol hat genug Zeit, um zu wirken. Oh, là, là, denke ich mir, während sich mit einem Quietschen das Portal für einen Spalt öffnet. Ich gehe hinein, und dahinter steht wieder so ein Männlein, diesmal ein schüchternes. «Bonnschur!», sage ich und schüttele ihm frohgestimmt die Hand. Es ist Monsieur Roger, in anthrazitfarbenem Anzug und schwarzem Hemd. Ein schmächtiger Kerl, Mitte fünfzig, mit Brille, spitzen Ohren und Delon-Frisur. Ich folge ihm in sein Reich.
    Das Entrée ist vollends in Rot gehalten und mit roten Vorhängen und Statuen barbusiger Frauen dekoriert. Ein roter Teppich führt in einen schummrigen, holzverkleideten Raum mit goldenen Säulen. An den Wänden – einige weisen deutliche Kratzspuren auf – hängen Kunstdrucke mit Tiermotiven und Szenen spätrömischer Dekadenz. Vier Betten mit schwarzen, abwischbaren Bezügen und Satinkissen warten auf Kundschaft. Über jeder Spielwiese hängt ein Spender mit Hygienetüchern.
    «An guten Abenden», sagt Monsieur Roger, «treiben es hier hundert Paare gleichzeitig.»
    «Hundert?»
    «Oui, oui.»
    Der Produzent filmt das Geschehen, seine Freundin hält sich im Hintergrund. Monsieur Roger hatte darauf bestanden, dass Babette dabei ist, um im Notfall zu übersetzen. Wohl nur ein Vorwand, denn während ich mit ihm rede, zwinkert er Babette immer wieder zu: «Vielleicht möchte Madame mit mir Probe liegen?» Der Produzent wirkt angespannt. Aber schließlich sind das hier professionelle journalistische Dreharbeiten.
    Wir steigen eine enge Wendeltreppe mit schwarzen Stufen hinab und erreichen den Hauptraum, einen Saal mit verspiegelter Bar und Restaurant. Alles hier ist abwischbar: von den roten Sesseln bis zu den schwarzen Fliesen. Und auch hier haben europäische Nichtraucherverordnungen nicht haltgemacht: Monsieur Roger zeigt mir

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