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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Kroll
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Ich weiß nur nicht, welche Bettwäsche ich nehmen soll.“
    Ich trete neben ihn. Im oberen Schrankfach liegen Handtücher in verschiedenen Größen, mehrere Kombinationen von Bettwäsche und an der Kleiderstange hängt ein Bademantel. Ein toller Service unseres Vermieters, das muss ich schon sagen. Ich hatte damit gerechnet, alles kaufen zu müssen, aber scheinbar legt man hier in Montana großen Wert auf Gastfreundschaft.
    „Nimm die blaue“, schlage ich vor, ohne darüber nachzudenken, und wundere mich im nächsten Moment darüber.
    „Blau?“ Jannik runzelt die Stirn. „Wieso?“
    Ich wende mich ab. „Passt zu deinen Augen.“
    Der Teufel soll mich holen, dass ich das gerade gesagt habe, aber es stimmt nun mal. Er hat dunkelblaue Augen und die Bettwäsche ist von derselben Farbe. Schlicht, ohne Muster oder sonstige Verzierungen, im Gegensatz zu der dunkelroten, die ich kurz darauf in meinem Schrank finde. Nichts gegen Muster, aber davon bekommt man ja Alpträume. Die beigefarbene mit den braunen Seitenstreifen tut es auch und sie passt zu meinen Augen.
    Stirnrunzelnd halte ich mit dem Laken in der Hand inne. Was habe ich eigentlich auf einmal mit Janniks Augenfarbe? Wen interessiert das denn? Wenn das so weitergeht, fange ich früher oder später an, ihm zu sagen, was er täglich anziehen soll. Wenn ich das jemals tue, werde ich mich erschießen.
     
    Am nächsten Morgen stehe ich mit schlechter Laune auf, ziehe mich mit schlechter Laune an und zerre Jannik mit noch mieserer Laune die Bettdecke weg, weil er natürlich nicht zum Joggen aufgestanden ist. Es hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
    „Steh' auf. Wir haben etwas vor.“
    „Herrgott, du bist ein Sadist. Weißt du, wie spät es ist?“
    „Kurz vor 6 Uhr. Wir sind verabredet, schon vergessen?“
    Jannik stöhnt und dreht den Kopf in meine Richtung. „Zack, ich will dir nicht zu nahe treten, aber du brauchst dringend ein Hobby.“
    „Sehr witzig.“ Ich verdrehe die Augen und lasse die Bettdecke auf den Boden fallen. „Wenn du in zehn Minuten nicht unten bist, werfe ich dich aus dem Fenster. Und zwar so wie du gerade bist.“
    „Arsch“, grummelt er, während ich das Zimmer verlasse und runter in die Küche gehe, um Bob zu füttern.
    Der Kater sitzt wartend vor seinem Napf und faucht mich an, als ich mich mit der Dose neben ihn hocke. „Fang' du nicht auch noch so an“, erkläre ich angesäuert und fülle seinen Napf, den er kurz ansieht und nach einem tadelnden Blick auf mich aus der Küche stolziert.
    Toll. Der Tag wird immer besser. Ich hätte im Bett bleiben sollen, bis sich meine Laune gebessert hat, aber die Einsicht kommt etwas spät. Es würde mir schon reichen, wenn ich wüsste, wo sie herkommt, denn gestern ist weder etwas passiert, noch hatten Jannik und ich Streit. Das Gegenteil war der Fall, weil wir den gesamten Nachmittag einkaufen waren, um das Blockhaus wohnlich zu gestalten und dabei haben wir sogar ziemlich viel gelacht. Vor allem Jannik, wenn ich über seine teils sehr merkwürdigen Vorschläge, was Dekoration angeht, nur die Nase gerümpft habe.
    Am Ende haben wir uns getrennt und während er für das Innere des Hauses zuständig war, bin ich losgezogen, um eine Alarmanlage zu finden. Besser gesagt, die Einzelteile dafür, denn in Whitefish gibt es offenbar kein Geschäft für solche Dinge. Man bekommt Türschlösser und Vorhängeketten sowie für die Fenster die verschiedensten Riegel und Sensoren, aber Bewegungsmelder für innen und außen, Kameras im Miniformat und das dazugehörige Equipment war nicht zu finden. Ich habe es abends online bestellt und wenn ich Glück habe, kann ich die Anlage in ein paar Tagen aufbauen. Bis dahin muss ich mich auf meinen Instinkt verlassen, wie ich es die letzte Zeit auch getan habe.
    Dieser Instinkt sagt mir übrigens, dass die Joggingrunde interessant werden wird, denn Janniks verärgerter Blick spricht Bände, als er nach genau zehn Minuten die Treppe hinunterkommt. Meine Laune sinkt noch etwas mehr in Richtung Keller. Dabei hat dieses Haus gar keinen.
    Ich sage nichts zu seinem Gesichtsausdruck, sondern deute mit einer Handbewegung nach draußen. Jannik verdreht zwar die Augen, folgt mir aber widerstandslos und kurz darauf laufen wir über einen Waldweg, der kurz hinter dem Haus beginnt.
    Wobei laufen nicht das richtige Wort dafür ist, zumindest nicht im Fall von Jannik. Wir sind noch nicht mal zehn Minuten unterwegs, da hält er an und ringt nach Luft. Er hat

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