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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Kroll
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einer Hand über meinen Hosenbund fährt. Ich habe keine Ahnung, was er vorhat, weil ich davon ausgegangen bin, dass wir sofort zur Sache kommen. Jannik scheint jedoch andere Pläne zu haben.
    „Du bist ein perfekter Schauspieler, was deine Gefühlslage angeht“, sagt er auf einmal, was mich zusammenzucken lässt. „Aber du bist ein ganz mieser Lügner, Zack.“
    Oh oh. Die Stimmlage ist eindeutig. Er ist sauer. „Jannik...“
    „Halt den Mund!“
    Er klingt trotz seines Zorns sehr beherrscht. Ich weiß nicht, ob ich Jannik für seine Ruhe bewundern oder mir Sorgen machen soll.
    „Du willst immer alles unter Kontrolle habe, sogar dich selbst. Das mag in einem Kampf funktionieren, aber nicht hier. Ich bin nicht so naiv zu denken, dass ich dich wirklich durchschauen könnte. Aber ich bin kein Dummkopf und ich bin vor allem keiner deiner Freier.“
    Ich schätze, er hat mich durchschaut. Ich sollte trotzdem fragen, um sicherzugehen. „Was meinst du?“
    Statt einer Antwort, schiebt er seine Hand in meine Hose und reibt sich von hinten hart an mir.
    Plötzlich bin ich wieder vierzehn und liege unter einem Typen, der nach kaltem Rauch stinkt und getrunken hat. „Nein!“
    Jannik hält sofort inne, zieht seine Hand aus meiner Hose und rückt ein Stück von mir ab. Er sagt kein Wort, sondern wartet einfach ab und gibt mir Zeit, mich wieder zu beruhigen. Er tut genau das Richtige und ich komme mir zum zweiten Mal heute Nacht vor wie ein Idiot. Dieses Mal allerdings zu Recht, denn ich vermute, Jannik wusste von Anfang an, wie die Sache ablaufen würde und dass ich früher oder später einen Rückzieher mache.
    Ich weiß nicht, wie lange es dauert, aber irgendwann weiche ich von ihm zurück und drehe mich ganz zu ihm um. Ich bin mir nicht sicher, was ich erwartet hatte, aber das Lächeln in seinem Gesicht überrascht mich dann doch.
    „Du wusstest es, oder?“
    Jannik nickt. „Natürlich.“
    „Aber woher?“, frage ich ratlos und zugleich peinlich berührt.
    „Weil du vier Jahre lang deinen Körper für Geld verkauft hast. Hast du wirklich geglaubt, du kannst das einfach beiseite schieben und Sex mit mir haben?“
    Ja. Sicher. Es war doch nur ein Job und ich dachte, dass ich...
    „Mist!“, fluche ich, als mir plötzlich auffällt, dass ich mir hier gerade selbst widerspreche, was Jannik schmunzeln lässt. „Das ist überhaupt nicht lustig.“
    „Ein bisschen schon“, widerspricht er und legt eine Hand an meine Wange. „Ist dir wieder eingefallen, dass du mir erst vor drei Wochen erklärt hast, dass du nicht weißt, ob du je wieder Sex haben kannst?“
    Meine Antwort besteht aus einem tiefen Seufzen, was Jannik nicken lässt, denn offenbar hat er auch jetzt genau so eine Reaktion erwartet. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, was ich tun soll, was ich fühlen soll. Eine Entschuldigung wäre vielleicht ganz angebracht, aber ich bringe kein Wort heraus. Stattdessen zucke ich ratlos die Schultern, während Jannik sich hinlegt und auf die freie Betthälfte klopft.
    „Komm her.“
    „Ähm...“
    „Hast du etwa Schiss?“, stichelt er und der Schalk steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Hat der große Auftragskiller etwa Angst vor einem unschuldigen kleinen Jungen, der...“
    „Von wegen unschuldig“, grolle ich halbherzig und Jannik fängt an zu lachen.
    Er ist unmöglich, aber das macht auch seine Faszination aus. Ich war wie er von Anfang an neugierig, deshalb werde ich dieser Neugier jetzt nachgeben und sehen, wohin sie uns beide am Ende führt. Hoffentlich in ein freies Leben, aber da die Yakuza sich bisher nicht gemeldet hat, und das vor Weihnachten vermutlich auch nicht mehr tun wird, bleibt uns nichts weiter übrig als abzuwarten.
    Ich ziehe meine Hose aus und lege mich neben ihn, worauf Jannik die Bettdecke über uns schlägt und sich dann an meine Seite legt. Eine Hand auf meiner Brust, sein Kopf auf meiner linken Schulter. Er tut nichts und er verlangt auch nichts. Er ist einfach da. Ohne Fragen zu stellen. Dabei hätte er jedes Recht dazu. Trotzdem tut er es nicht. Weil er weiß, dass ich ablehnen würde, wenn er mich drängt?
    „Willst du es wissen?“, frage ich nach ein paar Minuten und strecke den Arm aus, um die Nachttischlampe auszuschalten. Ich will Jannik nicht in die Augen sehen, falls er 'ja' sagt. Manche Dinge lassen sich in der Dunkelheit besser erzählen.
    „Woran du dich erinnert hast, bevor du zurückgeschreckt bist? Ja, ich möchte es gern wissen.“
    Ich wusste, dass er

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