Mit Arabella fing alles an
kicherte Old Jonathon vergnügt: »Hier kommt der Mann auf dem fliegenden Trapez. Spielen die alten Kühe noch immer Fußball mit dir?« Er war in bester Stimmung.
»Hab’ ein bißchen mehr Achtung vor ihm«, verwarnte ihn Ellis. »Jacky schafft sich jetzt Kühe an. Nicht mehr lange, und die Milch fließt raus und das Geld rein. Das bedeutet tolle Autos und neue Anzüge, so wie bei uns auch.«
»Mein Gott, tatsächlich?« erwiderte Old Jonathon. »Dann bezahl’ ich ihm lieber jetzt ein Bier, solange er arm ist und noch mit mir spricht.«
Es wurde ein ziemlich turbulenter Abend.
6
Der erste Kuhkauf
A m Morgen der Oxenford-Auktion hatte ich doch große Bedenken im Hinblick auf unsere zukünftige eigene Milchwirtschaft. Alles war schön und gut in bezug auf Ellis Milchkühe, solange der kleine Mann daneben stand und mir im Notfall hilfreich unter die Arme greifen konnte. Die Sache sah aber ganz anders aus, wenn ich daran dachte, daß ich demnächst ganz allein vollkommen fremde Kühe würde melken müssen.
»Lampenfieber«, meinte Shirley ohne großes Mitleid. »Alles wird glattgehen. Du schaffst das schon. Du mußt nur aufpassen, daß man dir keine dreibeinigen andreht.«
Sie entwickelte in letzter Zeit einen abscheulichen Humor. Landleben, frische Luft und Bewegung taten ihr gut, und sie sah sehr gesund aus. Stricken war ihre neueste Leidenschaft. Sie benutzte fingerdicke Wolle, Nadeln wie Besenstiele und brachte Pullover zuwege wie zum Beispiel den orangefarbenen, den sie innerhalb kurzer Zeit trug. Ich wunderte mich, daß sie dazu überhaupt noch Zeit fand.
Aufschub würde die Sache nicht besser machen. Ich zog unter einen alten Dufflecoat, der mich mal fünf Mark auf einem Trödelmarkt außerhalb Londons gekostet hatte, so viele Kleidungsschichten an wie nur möglich, gab Old Lil ihr morgendliches Quantum Schnellstart-Flüssigkeit und fuhr los.
Bei meiner Ankunft sah ich als ersten Howard, einen unserer neuen Freunde: ein kleiner untersetzter Mann, der aussah wie ein grauer Terrier. Sein Hof war nur einen guten Kilometer von Egerton in Vogelfluglinie entfernt, aber drei Kilometer per Straße, denn man mußte drei Seiten eines Quadrats entlanggehen. Er war Anfang Fünfzig, ehemaliger Infanterie-Feldwebel und leidenschaftlicher Patriot. Überaus stolz machte ihn, daß er sich sein Anwesen ganz allein erarbeitet hatte, und zwar mit Pfennigen, wie er sich ausdrückte. Das war wahrhaftig nicht leicht gewesen. Jene Jahre unbarmherziger harter Arbeit waren in sein Gesicht mit den hohen Backenknochen und den wachen Augen gezeichnet, aber durch nichts ließ er sich lange unterkriegen. Wir trafen uns in der >Schmiede< und machten uns sofort auf den Weg. Er hatte ein offenes Wesen, einen ausgeprägten Sinn für Humor und konnte über sich selbst genauso lachen wie über andere. Jeder mochte ihn.
In seinem Regenmantel schlenderte er zwischen den numerierten Reihen von Werkzeug und Gerätschaften herum, die auf dem Feld neben dem Bauernhaus und den Stallungen ausgebreitet lagen. Sechs Heugabeln, ihre Zinken in Torf vergraben, bildeten einen Kreis.
»Wollen wir jeder drei davon nehmen, falls wir sie kaufen können?« fragte er.
Nachdem das erledigt war, gingen wir weiter und sprachen über andere Dinge.
»Wahrscheinlich bist du in erster Linie hinter Kühen her«, sagte Howard. »Willst du sie dir vorher ansehen?«
»Ellis kommt mit«, erzählte ich ihm. Wie herbeigehext winkten in diesem Augenblick Ellis sowie sein Schwiegersohn Thomas, ein großer junger Mann mit dichtem schwarzem Haar, vom Parkplatz herüber. Beim Näherkommen konnte man ihren Atem in der kalten Luft sehen. Es folgte der übliche Austausch von Begrüßungsfloskeln und was man als Witzelei ansah.
»Krank gewesen?« fragte Howard. »Du siehst mitgenommen aus.«
»Nee, nur’n bißchen Ärger mit’m Rücken.«
»Du konntest heute morgen kaum aus dem Bett«, warf der Schwiegersohn ein.
»Dein Alter und das warme Bett sind schuld daran und nicht dein Rücken, Mann«, foppte ihn Howard.
Der kleine Mann verzog sein Gesicht. »Wir werden alt, mein Lieber. Alle werden wir alt.«
Nach diesem freundschaftlichen Schlagaustausch schlug ich vor, die Kühe zu begutachten. Es stellte sich jedoch heraus, daß dazu noch viel Zeit vor Auktionsbeginn war.
Es war meine erste Versteigerung dieser Art. Im Katalog des Auktionators stand: Uneingeschränkter Totalverkauf des gesamten Bestandes des Bauernhofes von E. Sheldon (Vieh- und Gerätebestand), der
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