Mit dem falschen Bruder im Bett
und verzwirlte. „Es muss schon eine Qual sein, wenn man mit seinen berühmten Eltern die Welt sehen darf!“
Er runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. „Nein, du hast ja Recht. Das ist großartig!“ Er streckte ihr die Hand hin. „Hier. Um die zu ersetzen, die ich verjagt habe.“
Sie ließ den Grashalm fallen und nahm die Karte entgegen. Als sie sie betrachtete, schnappte sie nach Luft. Er hatte die Karte in Form einer Eidechse gefaltet, mit einem Pik als Auge. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, und sie kreischte beinahe: „ Die ist ja cool!“
Sie sah auf und freute sich, dass sein Stirnrunzeln verschwunden war. Eine Haarsträhne war ihm über die Augen gefallen, und es juckte sie in den Fingern, sie zurückzustreichen. Sie hätte nicht zweimal darüber nachgedacht, wenn es bei Max gewesen wäre, aber bei Rhys? Sie konnte es nicht riskieren, preiszugeben, wie es mit ihren Gefühlen für ihn um sie stand. Das nächste, was sie erleben würde, wäre, dass er ihren Kopf tätscheln und gar nicht mehr mit ihr reden würde, und das wäre schrecklich für sie.
Er steckte seine Hände in die Hosentaschen und zuckte nochmal mit den Schultern. „Ich hab dieses Buch aus der Bücherei …“
Eine Bewegung hinter seiner Schulter ließ sie ihre Augen aufreißen. „Max?“ Sie sah Rhys an, dessen Gesichtsausdruck erstarrte. „Da ist Max!“
Sie rannte an Rhys vorbei und warf sich Max in die Arme. Der lachte und hob sie hoch, wirbelte sie herum und setzte sie wieder auf ihren Füßen ab. Auch einem Außenstehenden würden nun die Unterschiede zwischen ihm und seinem Bruder auffallen. Er war sonnengebräunter, und sein Haar reichte ihm beinahe bis auf die Schultern, so war es gewachsen. Sie schnippte es leicht durch die Luft. „Was ist das für mädchenhaftes Haar?“
Seine Augen verengten sich, und mit einem Finger strich er über ihre Nase. „Spielst du immer noch im Schmutz?“
Sie stieß seine Hand weg. „Du kommst ja früh nach Hause. Rhys erzählte, dass du viel Spaß im Lager hättest.“
„Hatte ich. Aber ich wollte sehen, was Mam und Dad gerade vorbereiten. Für die Tour durch Europa wollen sie sich wirklich etwas Einzigartiges ausdenken. Und deine Eltern helfen ihnen dabei?“
„Ja, jeden Tag während der letzten Woche bastelten sie an irgendsoeinem mechanischen Ding rum.“
Max grinste und legte ihr einen Arm um die Schulter. „Ist ja super. Komm, wir wollen es uns mal anschauen!“
„Okay. Aber schau erst mal, was Rhys für mich gemacht hat.“ Sie hob die Papiereidechse hoch und wandte sich Rhys zu. „Die ist so schön. Rhys, lass uns …“
Rhys ging an ihr vorbei, nickte seinem Bruder zu und klopfte ihm auf die Schulter. „Komm schon, Mann! Das wird dir gefallen. Es ist riesig. Ich meine …“
Während sie vor ihr hergingen, lachten sie und rempelten sich an. Melina runzelte die Stirn, beobachtete die beiden, den lockeren Umgang, den sie miteinander hatten, und zögerte. In einigen Wochen würden sie wieder auf Tour gehen, dann wäre sie mit ihren Eltern wieder allein in ihrem kleinen, ruhigen Haus, und sie alle würden ihre Nasen in Bücher stecken. Niemand würde sie Marienkäferchen nennen oder ihr Zaubertricks vorführen.
Niemand wäre da, von dem sie träumen könnte.
Was sowieso dumm war. Ihre Eltern sagten, dass Dinge in Erfüllung gingen durch Forschung und Anwendung, nicht durch Träumen. Und sie hatten eigentlich immer Recht.
Außer was Kleider mit Tupfenmuster betraf, ergänzte sie.
Mit einem Seufzer steckte sie die Papiereidechse vorsichtig in die Tasche und rappelte sich auf, um die beiden einzuholen. „Hey, Leute! Wartet!“
KAPITEL EINS
Daltons Zauberregel Nr.2: Fordere dich ständig selbst heraus!
„Hör dir das mal an!“, rief Lucy Conrad und wedelte mit Melinas Zeitschrift wie mit der roten Sturmflagge. „98,9 Prozent aller Frauen wünschen sich manchmal, dass ihre Liebhaber sie einfach packen, zu Boden werfen und bis zur Bewusstlosigkeit ficken würden.“ Nachdem sie die Zeitschrift aufs Sofa geschleudert hatte, deutete sie mit einem Finger in Melinas Richtung, und ihr kurzes, struppiges, rotes Haar bebte ganz schön. „Du weißt, was das heißt, oder?“
„Dass Frauen sich begehrt fühlen wollen, nehme ich an?“, vermutete Melina, während sie Lucy einen Becher Kirscheis von Ben § Jerry reichte, ehe sie sich in den Stuhl schräg gegenüber von ihr fallen ließ. Melina saß mit überschlagenen Beinen da, und
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