Mit dem Feuer gespielt
ziehen ausgerechnet nach South Ozone Park, Queens. Was ist es?
Probleme mit dem Geld? Dem Job? Oder mit den Männern?"
"Wie wäre es mit allen drei? Und noch ein paar dazu."
"Auweia." Er deutete mit dem Kopf auf ihr Ginger-Ale.
"Möchtest du wirklich nichts Stärkeres trinken?"
Es war verlockend. "Nein, wirklich nicht. Ich will dir die Stimmung nicht verderben, und es war auch nicht meine Absicht, dir gegenüber so bissig zu sein. Clay hat Glück, daß ein alter Freund wie du für ihn arbeitet. Deine Fotos machen das Magazin aus."
Er strahlte. "Ah, das ist schon viel besser. Ich liebe Schmeicheleien. Hast du schon die neueste Ausgabe gesehen?
Es ist absolut toll." Er wühlte in dem Stapel Zeitschriften und Zeitungen am Ende der Bar und zog die Januarausgabe von ,The Edge - Das Magazin für extreme Freizeitgestaltung' hervor.
"Schau auf Seite vierundsechzig nach."
Es war ein Artikel über "Skifahren auf steilem Gelände". Die begleitenden Fotos zeigten den engagierten Herausgeber des Magazins, Clay Granger, in voller Skimontur und mit
Schneebrille. Auf dem ersten Foto sprang er von einer Schneewächte auf eine fast senkrecht abfallende Piste, auf dem zweiten standen seine Skier seitlich zum Abhang, auf dem dritten drehte er sich. Die nachfolgenden Bilder zeigten, wie er den Abhang auf seinen Skiern hinuntersauste, als flöge er durch die Luft.
"Er nennt das den ,kontrollierten freien Fall'", erklärte Harry.
Kontrollierter freier Fall, dachte Izzy und berührte abwesend ihren Bauch. So ähnlich verläuft mein Leben gerade. Allerdings habe ich nicht das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben.
"Der Kerl kommt mir bekannt vor", sagte eine Frau mit einer goldenen Papierkrone, auf der "Happy New Year" stand. Sie deutete auf die verstreuten Fotos, ein leeres Glas in der ausgestreckten Hand, während sie sich den Weg durch die Menschenmenge bahnte. "Er sieht aus wie John Kennedy junior."
"Sie wissen nicht, wer das ist?" fragte Harry ungläubig und füllte Eis in das Glas. "Das ist Clay Granger, der Hugh Hefner der Neunziger. Und im Gegenteil, er sieht viel mehr aus wie John Kennedy senior als frischgebackener Senator. Achten Sie auf sein sorglos unbekümmertes und doch schon leicht
abgeklärtes Lächeln, den Ausdruck von der Rücksichtslosigkeit eines Bad Boys in den andererseits kühlen, intelligenten Augen.
Sie wollten Whiskey, richtig?"
Die Frau zwinkerte ihm zu. "Ah, ja." Sie nahm den Drink entgegen und wandte sich ab, um sich den Weg zurück durch das überfüllte Wohnzimmer zu bahnen. "Hey, ist das nicht derselbe Typ?"
Izzy drehte sich um und lächelte.
Ja, es war derselbe, der die Haustür hinter sich schloß und sich den Schnee von den Stiefeln stampfte. Clay Granger, überlebensgroß und umwerfend attraktiv in seinen
verwaschenen Jeans und der abgewetzten Bomberjacke. Er fuhr sich durch die Haare, was sie jedoch nur noch zerzauster aussehen ließ und sein freches, gutes Aussehen nur unterstrich.
Selbst im Winter wiesen sie sonnengebleichte Strähnen auf.
Jemand rief ihn, und Clay winkte und zeigte sein bezauberndes Lächeln.
Izzy tadelte sich selbst dafür, daß ihre Knie ein wenig weich wurden. Clays Läche ln verfehlte nie seine Wirkung. Jedesmal, wenn sie ihn nach langer Zeit wiedersah, wunderte sie sich darüber, wie sexy er wirkte. Es machte sie immer wieder aufs neue benommen. Natürlich war es eine unfreiwillige Reaktion, und sie überwand sie stets rasch. Doch man sollte meinen, daß es nach zwei Jahrzehnten platonischer Freundschaft besser würde.
Eine schlanke Blondine in einem Stretchkleid aus Velours kam auf Clay zu und küßte ihn auf den Mund; ein elegantes schwarzes Model, das Izzy vom Titelblatt der letzten "Vogue"
kannte, tat dasselbe. Beide Frauen waren groß - auf ihren hochhackigen Pumps reichten sie an Clays Größe von
einsdreiundachtzig heran - und beide hätten, um Izzys Mutter zu zitieren, "eine gute Portion Lasagne al forno vertragen können".
Gertenschlank, das war die richtige Bezeichnung für sie. Izzy hatte auch immer gertenschlank sein wollen. Statt dessen war sie, um erneut mit den Worten ihrer Mutter zu sprechen,
"zierlich", mit einer "fraulichen" Figur und einer
"charakteristischen" Nase.
Clay streifte seine Jacke ab, unter der ein Fisherman-Zopfpullover zum Vorschein kam. Die hübsche junge Kellnerin, die Harry engagiert hatte, um Häppchen zu servieren, nahm ihm die Jacke ab. Er sah ihr in die Augen und lächelte; sie erwiderte sein Lächeln und
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