Mit dir im Himmel auf Erden
Lesezimmer, das auch als Büro diente, stand am Schreibtisch und sah aus dem Fenster. Im Sonnenschein leuchteten die blonden Strähnen im Haar wie Gold. Wie schön er war – und wie einsam. Es brach ihr fast das Herz. So hatte sie sich vorhin auch gefühlt.
Er wandte sich nicht um, spürte jedoch ihre Anwesenheit. „Ich wollte nicht, dass du da mit hineingezogen wirst“, sagte er ausdruckslos.
„Das ist nun aber passiert.“
„Ich werde alle deine Fragen beantworten. Ob du mir glaubst, ist deine Sache.“
Die Versuchung war groß, ihm Löcher in den Bauch zu fragen. Sie wollte so gern alles über ihn wissen. Roane kam näher.
„Womit du deinen Lebensunterhalt verdienst, weiß ich ja bereits. Eigentlich müsstest du gar nicht mehr arbeiten.“
„Jeder Mensch braucht eine Aufgabe.“
„Du hast der Familie den Rücken gekehrt, sobald du über das geerbte Geld verfügen konntest, oder?“
„Nein, schon vorher. Ich wollte einfach nur fort. Der Papierkram dauerte mir zu lange. Ich habe mich mit verschiedenen Jobs über Wasser gehalten und mir überlegt, was ich im Leben erreichen will und wie ich sein möchte.“
Er schob die Hände in die Hosentaschen. „Ich habe hier nie die Erwartungen der Bryants erfüllt, deshalb habe ich den Namen abgelegt. Der alte Herr hat mir den Entschluss leicht gemacht.“
„Wie meinst du das?“
„Ständig hat er genörgelt, ich wäre eine einzige Enttäuschung für ihn. Wahrscheinlich war ich das auch. Ich habe mir nämlich nichts sagen lassen. Angeblich habe ich diesen Widerspruchsgeist noch immer.“
Roane blieb stehen, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. Adam wirkte völlig ruhig, als ginge ihn das alles gar nichts an. Wie konnte er nur so kühl bleiben? Roane beantwortete sich die Frage selbst: durch eiserne Selbstdisziplin. Wahrscheinlich hatte er jahrelang gebraucht, seine Gefühle so zu kontrollieren, dass er nach außen hin völlig unbeteiligt wirkte. Seine wahren Gefühle und Gedanken blieben verborgen.
Sie sehnte sich danach, den wahren Adam zu entdecken.
Mutig kam sie näher. „Das hat er bestimmt nicht so gemeint.“
„Die meisten Menschen sagen aber die Wahrheit, wenn sie zornig sind.“
„Er bedauert das zutiefst. Gestern erst hat er zu dir gesagt, er habe das Gefühl, dich im Stich gelassen zu haben.“
„Jeder Mensch ist schuldig an all dem Guten, das er nicht getan hat“, zitierte er und blickte Roane von der Seite an. Sprach Misstrauen oder Resignation aus seinem Blick? Sie überlegte noch, als Adam erklärte: „Eine Weisheit von Voltaire.“
Er schaute wieder aus dem Fenster. Schließlich warf er erneut einen Seitenblick auf Roane, schwieg aber beharrlich.
Freiwillig gibt er offensichtlich nichts preis, dachte sie und beschloss, ihm die Fragen zu stellen, die ihr auf der Seele brannten. „Du hast dein Erbe also investiert und jede Menge Geld verdient. Wo ist der Sitz deines Unternehmens? In New York?“
„Ich habe keinen Firmensitz. Die Leute, die für mich arbeiten, sitzen in Büros. Ich selbst bin mal in meiner Wohnung am Central Park in New York oder in San Francisco oder in meinem Haus in New Orleans – in Städten, wo ich mich wohlfühle. Das habe ich dir doch erzählt.“
Alles hatte er ihr aber nicht erzählt. Und genau da lag der Hase im Pfeffer. Warum konnte er nicht offen und ehrlich sagen, wer er war und was er machte, statt nur hier und da mal eine Information preiszugeben?
„Ging es bei dem Projekt in New Orleans darum, nach dem Hurrikan dein Haus wieder aufzubauen?“
„Nein, ich habe zwanzig Millionen Dollar zum Wiederaufbau von Schulen und Sozialwohnungen gespendet. Wenn ich Zeit habe, arbeite ich mit. Übrigens habe ich die Freundschaftsbändchen mit Menschen getauscht, denen wir geholfen haben und die ich bei dem Projekt kennengelernt habe.“ Adam atmete tief durch, wandte sich um und lehnte sich an die Fensterbank. „Nächste Frage.“
Roane wurde wütend. „Wage es ja nicht, mich von oben herab zu behandeln!“
„Das tue ich doch gar nicht. Du hast Jake an die Luft gesetzt, damit du mich ungestört ausfragen kannst. Also los! Die Katze ist ja jetzt sowieso aus dem Sack. Seine Miene wurde von dem sexy Lächeln erhellt, das sie so liebte. Das war gemein, denn es lenkte sie vom Thema ab.
Allerdings nur vorübergehend. Denn im nächsten Moment wurde ihr klar, warum Adam so ein Geheimnis aus der Sache gemacht hatte. „Du hattest Angst, ich würde Jake alles erzählen. Deshalb hast du mich vorhin, als
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