Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
führt mich Simon hinüber zum Schornstein und setzt sich gemeinsam mit mir auf die bereitliegende Decke. Eine weitere legt er mir fürsorglich um die Schultern.
»Ich habe auch noch einen Pullover für dich, wenn dir kalt ist«, sagt er und hält mir meinen dunkelgrünen Rollkragenpulli entgegen. Ich greife danach und bin gerührt. Kurz fällt mir auf, dass dieses Kleidungsstück aus meinem Kleiderschrank stammt und ich blicke Simon wieder tief in seine wunderschönen Augen.
»Danke für Isolde«, sage ich leise, während er zwei Sektgläser mit Ginger Ale füllt und mir eins davon hinhält.
»Ich dachte, Tristan war jetzt lange genug allein.« Ich nicke zustimmend, unsere Gläser treffen sich mit einem hellen, spröden Laut. Dann beugt sich Simon wieder zu mir herüber, und wir küssen uns erneut. Es ist wundervoll, ich fühle mich so leicht und unbeschwert wie schon lange, lange, lange nicht mehr.
Ich glaube, »Welch ein Tag« lief mittlerweile an die fünfzehn Mal und meine Lippen sind vom vielen Küssen schon ganz wund, aber am liebsten würde ich nie mehr aufhören damit. Dennoch lösen wir uns irgendwann wieder voneinander und sehen uns in die Augen. Ich könnte ewig hier so liegen, aber mir brennt mittlerweile eine Frage auf den Lippen. Also atme ich tief durch, setze mich ein wenig auf und spiele betont gleichgültig mit einer Ecke der Picknickdecke. Ehe mich der Mut verlässt, frage ich schnell:
»Sag mal, was ist denn nun mit Laura? Ich dachte, ihr wolltet zusammenziehen.«
»Wir haben uns schon vor Wochen getrennt«, erklärt Simon und streichelt meinen Bauch. Hä?
»Und wieso wollte sie dich fragen …«, erkundige ich mich verwirrt, »ich meine, das Picknick im Wald heute und … Lutz hat mir doch, hä?« Er grinst mich an und legt den Kopf ein kleines bisschen schief.
»Also, ich war den ganzen Abend hier oben«, meint er mit Unschuldsmiene.
»Aber …«
»Versprichst du mir, nicht böse zu sein?«, fragt er mit treuherzigem Augenaufschlag und fährt, noch ehe ich ihm darauf antworten kann, fort: »Also, ganz ehrlich gesagt haben wir dich ein kleines bisschen reingelegt.«
»Wer, wir?«
»Na ja, Lutz und ich.«
»Lutz und du«, echoe ich ungläubig. »Aber ihr könnt euch nicht ausstehen. Ihr kennt euch doch gar nicht.«
»Oh, wenn man die Nacht gemeinsam auf der Polizeiwache verbringt, dann kann man sich recht gut kennenlernen.« Verständnislos sehe ich ihn an. »Na schön, da waren wir vielleicht noch ein bisschen wortkarg. Aber nachdem sie uns haben laufen lassen, sind wir noch ein Bier trinken gegangen. Und dabei haben wir uns ziemlich interessant unterhalten.« Ich verstehe nur Bahnhof. »Dann sind wir gemeinsam zu Luisa gefahren, um die ganze Sache aufzuklären. Und ich habe mich von Laura getrennt.«
»Aber wieso denn?«, frage ich begriffsstutzig.
»Nun, zum einen hatte ich das Gefühl, eventuell doch noch eine Chance bei dir zu haben, nach allem, was Lutz mir so erzählt hat.« Innerlich knirsche ich mit den Zähnen. Dieses alte Plappermaul. Dann muss ich über mich selber lachen. Schließlich habe ich es ihm zu verdanken, dass ich jetzt mit Simon hier liege, das ist mir mittlerweile klar. »Zum anderen kam ich mir von Laura ziemlich hintergangen vor.«
»Wieso das?«
»Na ja. Ich sage nur: Amors Wichtel.« Erschrocken ziehe ich die Luft ein.
»Das hat er dir auch erzählt?«, frage ich empört, denn jetzt wird es mir allmählich doch zu bunt. Hat Lutz denn nicht kapiert, dass Diskretion das A und O in unserer Firma ist? Und dass wir unseren Kunden genau das versprechen? Ich sehe schon eine gesalzene Klage von Laura Hansen auf mich zukommen, doch Simon legt mir beruhigend die Hand auf den Arm.
»Das habe ich Laura natürlich nicht gesagt.« Ich atme erleichtert auf und sehe ihn dankbar an. Er kennt mich wirklich erschreckend gut.
»Sondern?«, erkundige ich mich neugierig.
»Die Wahrheit. Dass ich dich noch liebe und vermutlich immer lieben werde«, gibt er schlicht zurück, und ich spüre einen dicken Kloß im Hals.
»Ich liebe dich auch«, flüstere ich, und er nimmt mich in die Arme.
»Ich weiß. Auch wenn du ziemlich lange gebraucht hast, das herauszufinden.«
»Das heißt, Laura hatte nie vor, mit dir zusammenzuziehen?«, vergewissere ich mich, und er nickt.
»Wir wollten dich nur ein bisschen aus der Reserve locken. Damit du endlich deinen Dickschädel überwindest und zu mir zurückkommst.« Er grinst mich ein wenig unverschämt an, um gleich darauf meine
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