Mit offenen Karten
nicht, welche Gründe sie hatte, Shaitana umzubringen, aber ich kann mir irgendwie vorstellen, dass es triftige Gründe waren.»
«Jedenfalls», sagte Poirot, «ist es fraglich, ob sie ihren Prozess noch erlebt hätte. Sie war eine schwer kranke Frau.»
Der Arzt nickte bestätigend.
Er wollte die Treppe hinuntergehen.
Battle ging ihm nach.
«Einen Moment noch, Doktor.»
Poirot, die Hand auf der Klinke der Schlafzimmertür, fragte:
«Darf ich hinein?»
Battle nickte über seine Schulter hinweg: «Gewiss. Wir sind fertig.»
Poirot betrat das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Er trat an das Bett und blickte auf das friedliche Gesicht der Toten. Er war tief ergriffen und beunruhigt. War die Tote in einem letzten verzweifelten Bemühen gestorben, ein junges Mädchen vor Tod und Schande zu bewahren – oder gab es eine andere düstere Erklärung?
Es gab da so einige Punkte…
Plötzlich beugte er sich herab und betrachtete einen dunklen, verfärbten Fleck am Arm der Toten.
Er richtete sich wieder auf. Ein sonderbares katzenhaftes Glitzern, das manche seiner engeren Mitarbeiter erkannt hätten, trat in seine Augen.
Er verließ eilends das Zimmer und ging hinunter. Battle und einer seiner Untergebenen waren am Telefon. Letzterer legte den Hörer auf und sagte:
«Er ist nicht zurückgekommen, Sir.»
Battle erklärte:
«Despard. Ich habe versucht, ihn zu erreichen. Es ist wirklich ein Brief für ihn mit dem Stempel Chelsea angekommen.»
Poirot stellte eine irrelevante Frage:
«Hatte Dr. Roberts bereits gefrühstückt, als er herkam?»
Battle machte große Augen.
«Nein, ich erinnere mich, dass er erwähnt hat, er sei ohne Frühstück hergekommen.»
«Dann wird er jetzt zuhause sein. Wir können ihn erreichen.»
«Aber warum…»
Aber Poirot war schon dabei, die Nummer zu wählen. Dann sprach er in den Apparat.
«Dr. Roberts. Ist da Dr. Roberts? Mais oui, hier spricht Poirot. Eine Frage. Kennen Sie die Handschrift von Mrs Lorrimer gut?»
«Mrs Lorrimers Handschrift? Ich – nein. Ich kann mich nicht erinnern, sie früher schon mal gesehen zu haben.»
« Je vous remercie. » Poirot legte schnell den Hörer auf.
Battle starrte ihn an.
«Was für eine Idee haben Sie, Monsieur Poirot», fragte er. Poirot nahm ihn beim Arm.
«Hören Sie, mein Freund. Wenige Minuten, nachdem ich gestern dieses Haus verlassen hatte, erschien Anne Meredith. Ich sah sie mit meinen eigenen Augen die Treppe hinaufgehen, obwohl ich sie damals nicht sicher identifizieren konnte. Sofort, nachdem Anne Meredith fortgegangen war, legte sich Mrs Lorrimer zu Bett. Soviel das Mädchen weiß, hat sie dann keine Briefe mehr geschrieben. Und aus Gründen, die Sie verstehen werden, wenn ich Ihnen über unsere Unterredung berichte, glaube ich nicht, dass sie diese Briefe vor meinem Besuch geschrieben hatte. Wann hat sie sie demnach geschrieben?»
«Nachdem die Dienerschaft zu Bett gegangen war», meinte Battle. «Sie stand auf und gab sie selbst auf.»
«Ja, das ist möglich, aber es gibt noch eine andere Möglichkeit – dass sie sie überhaupt nicht geschrieben hat.»
Battle stieß einen leisen Pfiff aus.
«Um Himmels willen, Sie glauben…»
Das Telefon klingelte. Der Sergeant nahm den Hörer ab. Er lauschte einen Augenblick und wandte sich dann an Battle.
«Es ist Sergeant O’Connor aus Major Despards Wohnung. Man nimmt an, dass Major Despard in Wallingford-on-Thames ist.»
Poirot packte Battle am Arm.
«Schnell, mein Freund. Wir müssen auch nach Wallingford. Ich sage Ihnen, ich bin sehr beunruhigt. Das mag noch nicht das Ende der Geschichte sein. Ich wiederhole Ihnen, mein Freund, diese junge Dame ist gefährlich.»
29
« A nne», sagte Rhoda.
«Mmm?»
«Nein, bitte Anne, antworte mir nicht, solange du in dein Kreuzworträtsel vertieft bist. Ich will, dass du mir zuhörst.»
«Ich höre.»
Anne setzte sich kerzengerade auf und legte die Zeitung fort.
«So ist es schon besser. Schau, Anne…» Rhoda zögerte. «Wegen dieses Besuchs.»
«Von Superintendent Battle?»
«Ja, Anne. Ich wollte, du würdest ihm sagen, dass du bei den Bensons warst.»
Annes Stimme wurde kalt. «Unsinn. Warum denn?»
«Weil – nun, es könnte so aussehen, als würdest du etwas verheimlichen. Ich bin sicher, es wäre besser, es zu erwähnen.»
«Das kann ich jetzt nicht mehr», meinte Anne kühl.
«Ich wollte, du hättest es gleich getan.»
«Nun, jetzt ist es zu spät, sich darüber Gedanken zu machen.»
«Ja?» Rhoda schien
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