Mit Pflanzen verbunden
multiplies.“ In einem Lehrbuch, das wir am College of Agriculture (Ohio State University) benutzten, wurden Acker- und Wiesenunkräuter, die dem Profit im Weg standen und mit kostenaufwändigem Herbizideinsatz bekämpft werden mussten, mit einem Bonaparte oder Hitler verglichen (Spencer 1968). Die aus Europa eingeschleppte und verwilderte Pastinake wurde in diesem Buch als wild and dangerous („wild und gefährlich“) beschrieben; die europäische Ackerwinde als „kleines kriechendes Flittchen, das alles verdirbt“, die Schafgarbe als worthless („vollkommen nutzlos“) und der Ackersenf als Kraut weed , dem man nur mit Schwefelsäure und Feuer zu Leibe rücken könne. Von dem ebenfalls aus der Alten Welt eingebürgerten Sauerampfer hieß es: „Der Sauerampfer ist ein Kommunist. Er hisst seine rote Fahne, wo immer er eindringt, und er dringt überall dort ein, wo die demokratischen Gräser mit widrigen Umständen zu kämpfen haben. Obwohl er klein ist, kriechen seine schlangenartigen Wurzeln zwischen den Graswurzeln hindurch und lassen hier und da neue ‚Rote‘ zwischen den Gräsern entstehen ... Der Sauerampfer versamt sich wie ein Wirbelwind. Er ist wahrlich ein Kind des Chaos“ (Spencer 1968: 89). Heute würde der Autor ihn wohl als Al-Qaida-Terroristen bezeichnen. Das wichtigste Anliegen des Lehrbuches war die effiziente Eliminierung dieser Invasoren. Das Eradication Program (Ausrottungsprogramm) des Landwirtschaftsministeriums versuchte dies mit mehr oder weniger großem Erfolg in die Tat umzusetzen.
Ansturm auf Europa
Auch in Europa machen sich exotische Pflanzen breit, so dass einige Naturpuristen und „Umweltschützer“ ganz betroffen von der „MacDonaldisierung“ und „Globalisierung“ der Natur sprechen. Sie befürchten, dass die überaus vitalen Eindringlinge die angestammte Flora regelrecht verdrängen könnten. Neuerdings bezeichnet man sie als IAS-Pflanzen (Invasive Alien Species).
Gegenwärtig werden besonders die Herkulesstaude, das Drüsige Springkraut, die Goldrute und der Japanische Knöterich als Gefahr ausgemacht. Die Herkulesstaude (Riesenbärenklau, Heracleum mantegazzianum) , ein Verwandter des einheimischen Wiesen-Bärenklaus, wurde noch vor einigen Jahrzehnten in Parks und Gärten angepflanzt. Der mächtige Doldenblütler aus dem Kaukasus – er wird bis zu fünf Meter hoch, und seine Enddolde hat einen Durchmesser von bis zu 50 cm – rief zuerst Erstaunen und Bewunderung hervor. Imker freuten sich, da sie in der Pflanze eine wertvolle Nektar- und Pollenquelle sahen. 2
Bald aber wich die Freude dem Schrecken. Der Saft der Pflanze enthält Furanocumarine. Wenn diese organischen Verbindungen die Haut berühren, rufen sie, unter Einfluss des Sonnenlichts, starke Verbrennungen und Verätzungen hervor, als wäre ein heißes Bügeleisen über die Haut gefahren. Manche Gärtner oder auch Kinder, die sich Blasrohre und Fernrohre aus den frischen Stängeln bastelten, tragen noch immer Narben von der Begegnung mit der Pflanze.
Die Herkulesstaude, die um die 6000 Samen pro Pflanze hervorbringt, ist unglaublich vital und anpassungsfähig. Inzwischen wuchert sie auf Bahndämmen, an Uferböschungen, an Straßenrändern und Müllplätzen und lässt sich nicht stoppen. An einem Ort in Jütland etwa, wo sie ein 30km langes Gelände mit hunderttausenden Exemplaren besetzt hat, versucht man sie seit 1968 mit Sensen und Flammenwerfern zu bekämpfen. Ohne Erfolg! Die Wurzeln treiben immer wieder aus, die Samen bleiben jahrelang keimfähig und die Pflanze wird zunehmend immun gegen Herbizide. Aus Osteuropa wird berichtet, dass die Monsterpflanze inzwischen ganze Dörfer umstellt hat. Die Polen beschimpfen den kaukasischen Eindringling als „Stalins Rache“. In Skandinavien formieren sich „Bürgerwehren“ gegen das Kraut. In Freiburg im Breisgau ruft eine „Bürgerinitiative für Bärenklaubekämpfung“ (BBB) zum Vernichtungsfeldzug gegen die „übermächtige Horrorpflanze“ auf. Die Ökokrieger rücken, gekleidet wie Astronauten auf Marsexpedition, mit Hacke, Sense und Flammenwerfer gegen den Feind vor.
Fast so verstört wie auf den Riesenbärenklau reagieren die Naturpuristen auf das an sich recht hübsche Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) . Dieses einjährige Kraut, ursprünglich in Kaschmir zu Hause, wurde 1830 nach England eingeführt und hat sich anschließend seinen Weg durch das restliche Europa gebahnt. Man befürchtet, dass das Balsaminengewächs, ebenso wie
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