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Mit Pflanzen verbunden

Mit Pflanzen verbunden

Titel: Mit Pflanzen verbunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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den Schwarzen Nachtschatten (Solanum nigrum) , Leindotter (Camelina) , Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris) , Färberwaid (Isatis tinctoria) , Jakobskraut (Senecio jacobaea) , Wildkresse und eine Menge anderer Kreuzblütler. In den Gärten und auf den bewässerten Feldern gab es Burzelkraut (Portulaca oleraceae) , Vogelmiere (Stellaria media) , die Weg-Malve (Malva neglecta) und dazu noch etliche Einwanderer aus Südeuropa und Asien, wie den Burzeldorn (Tribulus terrestris) oder das Samtblatt (Abutilon theophrasti) . Von einigen dieser Kräuter wusste ich gerade einmal den Namen (und das nicht immer). Andere dagegen waren alte europäische Heilkräuter, regelrechte „Stars“ der Volksheilkunde. Froh war ich, dass ich Bill Tallbull einige praktische Hinweise geben konnte, beispielsweise dass die eingebürgerte Wegwarte und die Klette ausgezeichnete Lebertonika und Bittermittel sind, dass der Löwenzahn und die Quecke harntreibend, der Breitwegerich und die Schafgarbe wundheilend und blutstillend wirken. Vor dem hochgiftigen Gefleckten Schierling (Conium maculatum) , der ebenfalls seinen Weg von Europa nach Amerika gefunden hat, brauchte ich ihn gar nicht erst zu warnen. Er wollte absolut nichts mit der Pflanze zu tun haben, denn es stecke ein unfreundlicher Geist in ihr, der einen seiner Stammesbrüder gelähmt und fast getötet habe.
    Der alte Medizinmann zeigte mir seinerseits viele Pflanzen, die in Wyoming und Montana heimisch sind, und erklärte mir ihren Nutzen. Darunter befanden sich etliche, die sich ihrerseits seit ein paar Jahrhunderten in Europa als „Unkräuter“ ausbreiten und von denen die europäische Kräuterheilkunde kaum etwas weiß. Da ist etwa der Korbblütler, den wir Kanadisches Berufkraut (Conyza canadensis, Erigeron canadensis) nennen und den die Indianer bei Beschwerden der Harnwege verwenden, sowie das vor allem im östlichen Mitteleuropa eingebürgerte Dreilappige Traubenkraut (Ambrosia trifida) , das Bill Tallbull die „schwarze Medizin“ nannte. Aus den Blättern und Stängeln dieser Pflanze brauen die Cheyenne einen adstringierenden, blutstillenden Tee gegen Durchfall, Darmkrämpfe, Nasenbluten und zum Gurgeln bei Mundgeschwüren. Die Wurzeln werden bei nächtlichen Angstzuständen gekaut. Wir fanden amerikanische Goldrutenarten ( Solidago sp.) und das Wiesen-Fuchsschwanzgras (Alopecurus pratensis) , die als Ruderalpflanzen auch bei uns wachsen. Auch die Strahlenlose Kamille (Matricaria discoidia) wuchs auf den festgetrampelten Wegen. Diese „winzigen, kaum zu sehenden Büffelkälbchen“ sind ein Lieblingsparfüm der Indianer. Dass die Kamillenart auch eine wichtige Frauenpflanze ist, sagte er mir nicht, denn Frauenangelegenheiten sind bei den Cheyenne für die Männer tabu.
    Es war aber nicht nur das Wissen um die heilkundige Anwendung, die mich bei den Indianern beeindruckte, sondern auch die Art, wie sie mit den Pflanzen umgehen. Der alte Medizinmann sprach mit den Pflanzen. Sie waren für ihn das in viele Stämme aufgeteilte „grüne Volk“. Er sprach mit ihren Häuptlingen, brachte ihnen Geschenke und bat sie um ihre heilende Kraft. Der Zugang zu der Dimension, in der sich der „Geist“ (Maiyun) der Pflanze offenbart, wurde schrittweise durch ein Ritual geöffnet. Dies Ritual bildet eine Brücke von der Menschenseele zur Pflanzenseele. 1
    Ich fragte den Medizinmann, ob auch die fremden, aus Europa eingewanderten Gewächse eines derartigen Rituals würdig seien. Er schaute mich eher erstaunt an. „Selbstverständlich“, klärte er mich auf, „diese Kräuter sind Kinder der Mutter Erde und sie haben hier, in diesem Erdboden, ihr Lager aufgeschlagen.“
    Wie grundlegend anders war doch diese Einstellung als alles, was ich bisher gewohnt war! Die Farmer und Rancher, auch meine Schwiegermutter, waren damals gerade sehr aufgebracht wegen einer Flockenblumenart, dem verhassten Russian knapweed (Centaurea repens) , das im Begriff war, sämtliche bewässerten und unbewässerten Nutzflächen Wyomings zu erobern. Wenn man ihnen zuhörte, konnte man meinen, das „Unkraut“ sei die Vorhut einer russischen Invasion. Tatsächlich war die Pflanze mit verunreinigter Luzernesaat aus Südrussland eingeschleppt worden.
    Im ländlichen Ohio, wo ich meine Kindheit verbracht hatte, galten Weeds (Unkräuter) als Feinde, die es – ähnlich wie Viren, Bakterien, Krebs und die Feinde der Demokratie – mit Stumpf und Stiel auszurotten galt, frei nach dem Motto: „ Kill it, before it

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