Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
abgewandten Augen da und grübelte anscheinend über eigene Angelegenheiten nach.
Diese beiden Männer betraten am Dienstag, dem 16. März, unvermittelt unser kleines Wohnzimmer. Es war erst kurz nach dem Frühstück, wir rauchten noch und schickten uns gerade an, uns für unseren täglichen Ausflug in die Moorlandschaft zu rüsten.
»Heute nacht hat sich etwas höchst Ungewöhnliches und Tragisches ereignet, Mr. Holmes«, begann der Pfarrer in lautem, aufgeregtem Ton. »Die Begebenheit ist schier unglaublich, und wir können der Vorsehung nur danken, die uns gerade Sie hierhergeschickt hat, denn Sie sind in ganz England der einzige Mann, der uns jetzt nottut.«
Nicht eben freundlichen Blicks starrte ich dem Störenfried ins Gesicht; aber mein Freund hatte die Pfeife aus dem Mund genommen und saß kerzengerade in seinem Sessel, wie ein alter Jagdhund, der endlich wieder den Hetzruf hört. Er machte eine auffordernde Geste zum Sofa hin, worauf unser schweratmender Besucher und sein verstörter Gefährte sogleich dort Platz nahmen. Mr. Mortimer Tregennis zeigte zwar mehr Selbstbeherrschung als der Geistliche, aber das Zucken seiner mageren Hände und der eigentümliche Glanz in seinen dunklen Augen gaben Zeugnis dafür, daß er nicht minder erregt war als der andere.
»Soll ich sprechen, oder wollen Sie es tun?« fragte er den Pfarrer.
»Nun, da offenbar Sie die Sache entdeckt haben, worum auch immer es sich handeln mag, während der Herr Pfarrer sie nur aus zweiter Hand hat, sollten vielleicht besser Sie das Wort ergreifen«, ermunterte ihn Holmes.
Ich sah mir den hastig angezogenen Pfarrer und den mit Sorgfalt gekleideten Untermieter an und war belustigt, welche Überraschung diese Folgerung in beider Miene auslöste.
»Vielleicht sollte doch lieber ich erst ein paar Worte sagen«, meinte Mr. Roundhay. »Dann können Sie selbst beurteilen, ob Sie erst noch Einzelheiten von Mr. Tregennis hören oder lieber sofort mit uns zum Schauplatz dieser seltsamen Geschichte eilen wollen. Ich darf also erklären, daß unser Freund hier den gestrigen Abend in Gesellschaft seiner zwei Brüder, Owen und George, sowie seiner Schwester Brenda zugebracht hat, und zwar bei ihnen zu Hause, in Tredannick Wartha, auf der Höhe des alten Steinkreuzes. Er verließ seine Verwandten kurz nach zehn Uhr, um welche Zeit diese noch beim Kartenspiel saßen und sich ausgezeichneter Gesundheit und Laune erfreuten. Da Mr. Tregennis Frühaufsteher ist, ging er heute morgen schon zeitig aus dem Haus, in derselben Richtung, als er vom Wagen Dr. Richards eingeholt wurde. Der Arzt teilte ihm mit, man habe gerade aus Tredannick Wartha dringend nach ihm gesandt. Mr. Tregennis fuhr daraufhin natürlich mit dem Arzt. In Tredannick Wartha fand er seine Familie in unfaßbar grauenhaftem Zustand wieder. Zwar saßen alle noch um den Tisch, genauso, wie er sie am Abend zuvor verlassen hatte. Vor ihnen lagen ausgebreitet die Karten. Die Kerzen waren in ihren Haltern völlig heruntergebrannt. Aber die Schwester lehnte tot – wie versteinert – in ihrem Sessel, und die Brüder schrien und lachten zu ihren beiden Seiten und gebärdeten sich gänzlich von Sinnen. Alle drei, die Tote wie die zwei Geistesgestörten, trugen, zur scheußlichen Grimasse verzerrt, den Ausdruck des Entsetzens auf ihren Gesichtern. Anscheinend hielt sich sonst niemand im Hause auf, außer Mrs. Porter, der alten Köchin und Beschließerin. Sie behauptet, die ganze Nacht fest geschlafen und keinen Ton gehört zu haben. Es sei nichts gestohlen worden und nichts in Unordnung gebracht. Überhaupt fehlt jegliche Erklärung dafür, welcher Schrecken den Tod des Mädchens und den Wahnsinn zweier gesunder und kräftiger Männer bewirkt haben kann. Das wäre in Kürze der Stand der Dinge, Mr. Holmes – und wenn Sie uns helfen möchten, die Ursache herauszufinden, so tun Sie ein großes Werk.«
Ich hatte gehofft, meinen Gefährten auf irgendeine Weise zu der Ruhe überreden zu können, die ja der eigentliche Zweck unserer Reise gewesen. Aber ein Blick auf seinen gespannten Ausdruck und die zusammengezogenen Brauen belehrte mich eines Besseren oder vielmehr Schlechteren. Eine kleine Weile blieb er so sitzen, versunken in das sonderbare Drama, das in unseren Frieden eingebrochen war.
»Ich will mir die Sache durch den Kopf gehen lassen«, sagte er endlich. »Auf Anhieb scheint das Ganze recht außergewöhnlich. Sind Sie selbst auch dort gewesen, Mr. Roundhay?«
»Nein, Mr. Holmes. Mr. Tregennis
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