Mitarbeiter sind so verletzlich
erklärte ihm haargenau, wo seine zermotivierenden Impulse lagen. Erst sträubte sich der gute Mann etwas. Dann aber gab er mir recht („Ich bin halt so“) und versprach, sich in den nächsten Tagen aus dem Workshop weitgehend herauszuhalten. Wenn er denn schon auftauchen müsste, so würde er sich extrem kooperativ und fördernd verhalten. Allein die Tatsache, dass er sich sichtlich bemühen und vornehmen musste, sich „anders zu verhalten“, zeigte mir, dass ich später einen verunglückten Schauspieler vor mir haben würde – und nicht einen Manager, der sich seiner Kommunikationsmängel bewusst war.
Der Workshop mit dem Verkaufsteam verlief ungemein konstruktiv und kreativ. Alle Teilnehmer des Teams entwickelten wunderbare, rasch umzusetzende Ideen, um unterschiedliche Probleme in den Griff zu bekommen. Darunter war zum Beispiel auch die Erkenntnis, dass die vorhandenen Standardanschreiben nicht modern genug formuliert und vorhandene Präsentationsfolien nicht aussagekräftig genug waren. Um den Verkäufern den Start bei Neukunden zu erleichtern, sollte beides Profis zur Umgestaltung übergeben werden. Dies waren nur zwei von über fünfzig in den nächsten Wochen abzuarbeitende Punkte.
In der ganzen Zeit hatte sich im Team eine ansteckende, positive Gruppendynamik entwickelt. Man konnte und wollte etwas bewegen und sich verbessern. Zusammen mit einem dazugerufenen Profi saß man unter anderem auch am Computer und gestaltete neue, aussagekräftigere Präsentationsfolien.
Am letzten Tag des Workshops wurden dem Manager die Ergebnisse der Arbeit präsentiert. Kurz vorher ermahnte ich ihn in einem Gespräch unter vier Augen, nicht wieder in das alte Fahrwasser zurückzufallen und alles als nicht nötig oder falsch zu bewerten, ohne genau hinzuhören. Unser „ Zermotivationsmanager “ hielt genau zehn Minuten durch. Als es zu dem – an und für sich nebensächlichen – Punkt der Umgestaltung von Folien und Anschreiben kam, platzte es aus ihm heraus: „Ich weiß gar nicht, wozu Sie sich über solche Dinge den Kopf zerbrechen. Ich brauche keine Folien, wenn ich präsentiere. Mir glauben das meine Zuhörer auch so! Wenn Sie mir versprechen, mir jede Woche drei neue, qualifizierte Kundenadressen zu bringen, bin ich schon zufrieden. Auch ohne Folien. Das müsste ja wohl drin sein!“
Dieser Satz hatte mit der Sache selbst wenig zu tun, riss aber sofort wieder gerade verschlossene Wunden auf. Das Team stand einem Menschen gegenüber, der, wohl auch durch Druck von seinen eigenen Vorgesetzten, ausschließlich in den simplen Denkweisen von Verkäufern eines Strukturvertriebes der 80er-Jahre dachte. Mit blitzschnellem Eingreifen brachte ich das resignierende Team noch einmal dazu, seine weiteren Projekte vorzustellen. Als es jedoch zu dem Punkt „Berichtswesen“ kam – man wollte es stark vereinfachen, weil das bisher zu viel Zeit beanspruchte und inhaltlich überholt war –, zog unser Manager einige Papiere aus seinem Aktenkoffer und knallte sie den Teilnehmern auf den Tisch. „Meine Herren, solange Sie nicht imstande sind, mir vernünftige Umsatzprognosen zu liefern, werden wir nie auf einen grünen Zweig kommen. Da brauchen Sie sich um solche Dinge wie eine Vereinfachung der Reports gar nicht erst Gedanken zu machen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie in den nächsten Wochen unsere vierte Million vollmachen. Ansonsten muss ich mir andere Dinge überlegen!“ Da war es wieder! Der Manager hatte überhaupt nicht zugehört. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders und knallte seinem Team seine Ansichten ohne Feingefühl entgegen. Außerdem hatte diese Aussage mit dem gerade abgehandelten Punkt des Teams fast nichts zu tun.
Das Team blickte erst Hilfe suchend zu mir. Dann nahm sich einer der Verkäufer ein Herz und machte den Manager darauf aufmerksam, dass die von ihm angesprochene „vierte Million“ so gut wie unter Dach und Fach sei, da das Projekt XYZ kurz vor dem Vertragsabschluss stünde. „Na und?“ war die Antwort seines Vorgesetzten. „Ich bin im Moment kurz vor dem Abschluss mit der Fa. ABC. Dabei geht es um mindestens 1,5 Millionen Mark.“ Dann blickte er Beifall heischend zu mir. „Ich werde nie begreifen, was die Jungs den ganzen Tag mit ihrer Zeit machen!“ Ich konnte nur noch den Kopf schütteln. Hier demontierte wieder einmal eine Führungskraft in Sekunden jeglichen Teamgeist , jedwede Zuversicht und das Selbstvertrauen seiner Mitarbeiter. Zu bemerken bleibt noch, dass das Team darauf
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