Mitch
Südostasien untergrub, oder?“ erkundigte Ben sich gestelzt.
„Bestimmt war es so“, bestätigte Bethany mit bebender Stimme. „Doch da er ihren nächsten Brief auch nicht geöffnet hat, ist ihm etwas sehr Wichtiges entgangen: Meine Mutter erwartete ein Kind von ihm.“
Ben starrte sie an und ließ sein Glas fallen, das klirrend auf dem Boden zersprang.
„Dieses Kind war ich.“
Es dauerte eine Weile, bis Ben die Sprache wiederfand. „Wer hat sich um sie gekümmert?“ brachte er hervor.
„Ihre Familie. Als sie im vierten Monat schwanger war, hat sie auf dem College Peter Ross kennen gelernt und ihm alles erzählt. Die beiden haben sich ineinander verliebt und kurz vor meiner Geburt geheiratet. Peter hat mich wie seine eigene Tochter großgezogen. Ich hätte nie gedacht … Für mich war es der größte Schock meines Lebens, als ich erfahren habe, dass er gar nicht mein leiblicher Vater war.“
„Ihre Mutter heißt also Marilyn?“
„Ja, und sie hat gesagt, dass du mein leiblicher Vater bist.“
„Ich.“ Ben lachte kläglich. „Tut mir Leid, Kleines, aber da sind Sie an den Falschen geraten.“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Hat Ihre Mutter sie losgeschickt, damit Sie mich suchen?“
„Nein. Meine Eltern wissen nicht, warum ich nach Hard Luck gegangen bin. Ich habe mich an das Rote Kreuz gewandt, und das hat dich ausfindig gemacht. Ich wollte dich kennen lernen und alles über dich erfahren.“
„Leider haben Sie den weiten Weg umsonst gemacht“, entgegnete Ben schroff.
„Das ist wirklich komisch, denn wir sind uns sehr ähnlich. Zum Beispiel bekommen wir beide drei Falten zwischen den Augen, wenn wir uns über irgendetwas den Kopf zerbrechen. Du hast mich selbst darauf hingewiesen, falls du es vergessen haben solltest. Außerdem kochen wir beide gern und … “
„Das reicht!“ fuhr er sie an. „Wie ich Ihnen bereits sagte, Sie haben den Falschen erwischt.“
„Aber …“
„Zum letzten Mal: Ich kenne keine Marilyn. Wenn ich mit einer Frau namens Marilyn geschlafen hätte, müsste ich mich doch daran erinnern, oder nicht?“
Seine Worte verletzten Bethany zutiefst. „Ich will nichts von dir, Ben.“
„Dann rechnen Sie auch nicht damit, dass ich Sie in meinem Testament berücksichtige, verstanden?“
Bethany wollte nur noch fliehen und stand so hastig auf, dass sie fast vom Barhocker gefallen wäre. „Ich … ich hätte es dir niemals erzählen dürfen.“
„Ich verstehe auch nicht, warum Sie es getan haben. Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diese Lüge nicht in der ganzen Stadt verbreiten würden. Schließlich steht mein guter Ruf auf dem Spiel, und ich möchte nicht, dass Sie ihn durch Ihre Lügen gefährden.“
Nun wurde ihr übel.
„Es ist eine verdammte Lüge!“ rief er wütend.
„Es tut mir Leid. Ich hätte nichts sagen sollen.“
Ben schwieg eine Weile. „Ich kenne keine Marilyn“, erklärte er dann wieder.
„Ich habe einen Fehler gemacht“, flüsterte Bethany, bevor sie sich umdrehte und aus dem Café eilte.
10. KAPITEL
S eit Mitch in Hard Luck lebte, war es äußerst selten vorgekommen, dass Bens Café morgens geschlossen war.
Auch Christian, den er vor dem Café traf, war sauer darüber. „Meinst du, dass Ben verschlafen hat?“ erkundigte er sich.
„Ben Hamilton?“ meinte Mitch. „Er behauptet doch, dass er nie länger als bis sechs schläft, egal, wann er ins Bett gegangen ist.“
„Vielleicht hat er beschlossen, heute mal nicht zu arbeiten. Es ist schließlich sein gutes Recht, oder?“
Daran hatte Mitch auch schon gedacht. „Aber meinst du nicht, dass er dann ein Schild in die Tür gehängt hätte?“
„Wahrscheinlich.“ Christian warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Ich muss jetzt zu Sawyer.“
„Geh nur.“ Christian war offenbar auch der Meinung, dass etwas nicht stimmte. „Ich werde mal nachsehen und sage dir später Bescheid“, versprach Mitch.
Bens Wohnung befand sich über dem Café. Mitch war noch nie bei ihm gewesen und kannte niemand, der ihn dort besucht hatte. Bens eigentliches Zuhause war das Café, das auch am Wochenende und in den Schulferien geöffnet war. Manchmal schloss er es für einige Tage, wenn er zum Angeln fuhr, aber das war auch alles.
Das Hard Luck Café war der Treffpunkt der Stadt, und Ben war Psychologie, Richter und Vertrauensmann in einem. Vor allem jedoch war er ein guter Freund, und Mitch kannte niemand, der ihn nicht mochte.
Zunehmend beunruhigt, ging Mitch um das Haus
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