Mithgar 11 - Die kalten Schatten
Doch nicht nur große Gefahr, sondern auch unvermutete Hilfe wird sich einstellen, so wie Ihr und andere vor Euch hier, in unserem Versteck, Hilfe fanden. Nun geht Ihr und Euer kleiner Gefährte zusammen mit meinem Sohn fort, und all unsere Wünsche begleiten Euch. Doch denkt daran: Während Ihr drei nach Süden reitet, werden vier andere nach Norden ziehen.« Nun traten auch Vanidor und seine drei Begleiter vor die goldene Rael. »Auf diese Weise sind meine beiden Söhne - Gildor Goldzweig und Vanidor Silberzweig - genau wie wir alle in Modrus Machenschaften verstrickt.
Dies nämlich bewirkt das Böse: Es zwingt uns alle auf dunkle Wege, die wir andernfalls nicht beschritten hätten. Freiwillig hätten wir diese Pfade nicht betreten, doch haben wir kaum eine Wahl, und unsere Kräfte werden abgelenkt, fort von der Erschaffung von Gutem, hin zur Zerstörung von Bösem. Wohlgemerkt, das Böse muss zerschmettert werden, nicht nur, um das Leid zu beenden, das es verursacht, sondern auch als Sühne für das Gute, das verloren ging. Doch das Böse muss schon allein aus dem Grund vernichtet werden, damit wir wieder selbst über unser Schicksal bestimmen können. Bis dahin sind unsere Geschicke miteinander verschlungen, doch das Los von einem lastet schwer auf mir. In meiner Ahnenreihe hat es immer Wahrsager gegeben, und gelegentlich kommen unangekündigt Vorahnungen über mich. Die folgende Weissagung jedoch bedrückt mich schon lange, seit den Tagen des Drachensterns, doch nun scheint die Zeit gekommen, sie auszusprechen:
Keinem von zwei Übeln gelte dein Hieb; Vielmehr sei die Dunkelheit zwischen ihnen dein Ziel.« Bei diesen Worten klopfte Tuck unerwarteterweise das Herz, aber er wusste nicht, weshalb, und er verstand die Botschaft nicht. Und als er sich umsah, stellte er fest, dass die übrigen von Raels rätselhaftem Rat ebenso verwirrt waren wie er selbst, doch ihre nächsten Worte machten alles nur noch ge heimnisvoller: »Ich weiß nicht, was es bedeutet oder wem diese Weissagung gilt.« Rael ging zu den Reisenden, drückt jedem die Hand und küsste Gildor und Vanidor auf die Wange. Und als sie vor Galen stand, sagte sie: »Wir werden Igon pflegen, bis er die Kraft hat, sich Euch anzuschließen. Sorgt Euch deshalb nicht um seinen Zustand auf Eurem Weg nach Süden, denn das wäre eine unnötige Sorge.« Dann trat sie wieder an Talarins Seite und schwieg, doch ihre Augen strahlten.
Nun ergriff Talarin das Wort. »König Galen, sollte Euch Euer Weg durch Darda Galion führen, bestellt unseren Verwandten dort unsere Grüße; sie werden Euch weiterhelfen. Anders als das Ardental ist ihr Reich ausgedehnt und ihre Macht groß. Doch auch dies lasst mich sagen: Obwohl die Schar meiner Krieger in Arden klein ist, so machen Modrus Lakaien doch einen weiten Bogen um die Lian, denn sie fürchten uns. Aber auch wenn der Dusterschlund dieses Tal eher wie mit einem Mantel einhüllt, als dass er nach ihm greifen würde, so wird die Brut uns doch eines Tages überfallen, wenn ihr nicht Einhalt geboten wird, sowohl hier als auch in Darda Galion. Dann werden auch wir in dieser schwarzen Flut ertrinken. Ehe es indes so weit ist, werdet Ihr mit etwas Glück an der Spitze Eurer Streitmacht Modrus finstere Machtträume zerschlagen. Und Letztes noch: Wenn Ihr uns braucht, werden wir an Eurer Seite sein.« Alle Reisenden bestiegen nun ihre Pferde; Tuck setzte man auf das Packpferd, vor die Vorräte, die in einem großen Korb auf den Rücken des Tieres geschnallt waren. Galen, der bereits auf Gagat saß, wandte sich an Vanidor und seine drei Elfenkameraden, die mit ihm nach Gron hineinschleichen wollten. »Mein Herz geht mit Euch zur Festung Modrus, des Prinzessinnenräubers. Möge das Glück Euch hold sein.« Dann drehte er sich zu Talarin, Rael und der Elfenversammlung um und hob die Hand. »Finstere Zeiten liegen hin ter uns, und noch finsterere drohen, doch meiner Treu, eines Tages wird das Böse in Gron besiegt sein, und die helle Sonne wird wieder in dieses tief eingeschnittene Tal scheinen.«
Galen zog das Schwert aus der Scheide, reckte es zum Himmel und rief allen zu: » Gepan wyllan, Lian; wir gän bringan the Sunna! (Leb wohl, Lian; wir holen die Sonne zurück!)« Auch Gildor hob sein Schwert, und Vanidor tat es ihm gleich. »Cianin taegi! (Helle Tage!)«, rief Gildor. »Cianin taegü«, antwortete Vanidor, und alle zusammen stießen einen lauten Ruf aus.
Und während dieser noch durch die Kiefern hallte, brachen Galen, Gildor
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