Mithgar 13 - Zwergenzorn
Schlaf wiederholen.« Perry erhob sich und wickelte sich in seinen Umhang. »Damit habt Ihr mich zweimal an einem Tag aus demselben Fluss gezogen, und ich danke Euch erneut dafür – aber ich hoffe wirklich, es ist das letzte Mal, dass Ihr dies tun müsst.«
Am nächsten Tag erreichten sie schließlich die Berge. Der Weg wand sich stetig aufwärts, und die Reisenden legten regelmäßig Pausen ein, um Brauni und Dauni eine Rast zu gönnen. Am Spätnachmittag näherten sie sich der Baumgrenze. Voraus sahen sie Wände aus nacktem Fels in den Himmel ragen. Die schneebedeckten Gipfel waren massiv und reckten sich weit in die Höhe, und Perry kam sich wie eine winzige Ameise vor, die langsam über die riesigen Flanken kroch. Die untergehende Sonne warf ihre letzten Strahlen in tiefe Schluchten und auf hohe Gipfel. Als die Schatten länger wurden, nahm das kahle Gestein einen rötlichen Schimmer an – sogar der Hochgebirgsschnee leuchtete blutrot. Es sah aus, als sei der Himmel über ihnen durch die riesigen zerklüfteten Gipfel verwundetet. Oh! Welch ein schreckliches Omen, dachte Perry, und er senkte den Blick und sah die in Rot getauchten Felswände nicht mehr an.
In der Abenddämmerung hielt der Wagen in einem dichten Pinienwald an – dem letzten vor der Baumgrenze – und dort schlugen die Gefährten an diesem achtzehnten Tag ihrer Reise ihr Lager auf. »Morgen«, erklärte Kian, als sie um das Feuer saßen, »überqueren wir den Crestan-Pass, fahren dann auf der Ostseite bergab und nehmen die Überlandstraße zur Furt über den Argon. In drei Tagen sollten wir dort ankommen, vielleicht nur einen Tag vor Durek.«
Als die Gefährten am nächsten Morgen von Zwirn geweckt wurden, stellten sie fest, dass es noch dunkel war. Sie waren in einen dichten, kalten Nebel gehüllt und konnten nur ein paar Fuß weit sehen. »Ich weiß nicht, ob es Nebel ist, der von unten heraufzieht, oder eine Wolke, die sich von oben herabsenkt«, sagte Zwirn, »aber die Suppe ist so dick, dass man Türen und Fenster hineinschneiden kann, und vielleicht würde dann ja etwas Licht einfallen. Es ist noch dunkel, aber ich weiß, dass es Zeit zum Aufstehen ist.«
»Es ist dunkel, weil die Sonne auf der anderen Seite des Berges aufgeht und wir in seinem Schatten stehen«, sagte Fürst Kian. »Und diese Nebelschwaden machen es noch dunkler. Hoffen wir, dass der Schleier nicht dichter wird – der Weg ist auch ohne schon schwer genug. Voraus gibt es viele Stellen, an denen man falsch gehen kann – Schluchten ohne Ausgang, jähe Abgründe und steile Wände. Der Weg liegt vor uns, aber ich glaube, ich kann ihn nicht finden, solange der Dunst sich nicht verzogen hat.«
»Ihr vergesst, Fürst Kian, dass Ihr mit Châkka reist«, sagte Borin Eisenfaust mit einigem Stolz, während er sich mit den Fingern durch die schwarzen Locken strich und die Unebenheiten des Schlafs glättete, »und auf der Hinreise haben wir diesen Weg schon einmal beschritten – wenn auch andersherum. Der Nebel ist kein Hindernis. Selbst wenn es pechschwarz wäre, könnten wir den Weg zurück über diese Berge finden. Heute werden Anval oder ich führen, bis es aufklart – mit Eurer Erlaubnis.«
»Verzeiht, Freund Borin«, lächelte Kian, »ich hatte diese besondere Fähigkeit der Zwerge tatsächlich vergessen. Sie ist neu für mich und staunenswert. So übernehmt denn die Führung, an dieser Stelle werde ich Euch gern folgen.«
Die Straße wurde immer schmaler, mit einem steilen Abgrund auf der einen und einer ebenso steilen Felswand auf der anderen Seite. Die Wurrlinge stellten fest, dass sie und alle anderen Mitglieder der Gruppe – ausgenommen Anval, der den Wagen fuhr und die Bremse betätigte – vor dem Wagen marschieren und die Pferde führen mussten, denn manchmal war der Weg so eng, dass es im Wagen gefährlicher war als draußen. Außerdem schonten sie die Pferde, wenn sie zu Fuß gingen und dadurch die Last verringerten.
Langsam und mit vielen Ruhepausen kletterten sie höher. Aber sie bewegten sich sicher durch den Nebel. Borin führte und ging zielstrebig und entschlossen vorwärts, wobei sein Gehstock beständig auf dem Gestein klickte. Er bewahrte die Gefährten vor allen Gefahren und Irrwegen und führte sie zum Crestan-Pass empor. Den Wurrlingen ging erst auf, wie steil und tief der Abgrund neben der Straße wirklich war, als die Sonne später am Morgen den Nebel langsam auflöste. Da konnten sie es erkennen und kurz darauf marschierten die Bokker
Weitere Kostenlose Bücher