Mithgar 13 - Zwergenzorn
Ich halte den Wagen und die standfesten Pferde für eine sicherere Methode. Anval und Borin, Ihr könnt das Seil benutzen, wenn Ihr wollt – ich habe keine Bedenken, was Eure Kraft angeht –, aber für die Waerlinga wähle ich den Wagen.«
Die Zwerge ließen verlauten, dass sie ebenfalls auf den Wagen und die Pferde vertrauen würden, und die Reisenden kehrten zum Feuer zurück. Während die anderen das Lager abbrachen und Brauni und Dauni einspannten, wärmte Kian sich am Feuer auf, wechselte aber nicht in trockene Kleidung. »Vielleicht fallen wir bei der Überquerung alle ins Wasser«, sagte er, während er ihnen Anweisungen gab. »Wir fahren den Wagen stromaufwärts des Seils in den Fluss. Wenn dann jemand über Bord fällt, wird er zum Seil getrieben. In diesem Fall haltet lediglich den Kopf über Wasser und haltet Euch am Seil fest, wenn Ihr es erreicht. Wenn Ihr Euch nicht ans Ufer ziehen könnt, wartet einfach, bis ich komme und Euch helfe. Irgendwelche Fragen?« Sie alle schüttelten den Kopf und bereiteten sich auf die Überquerung vor. Weder Perry noch Zwirn fanden es nötig, Fürst Kian zu sagen, dass sie nicht schwimmen konnten – und auch den Zwergen kam dieser Gedanke nicht.
Mit Anval am Zügel zogen Brauni und Dauni den Wagen langsam in den Fluss, während Perry und Zwirn nervös über die Seitenwand in die Fluten lugten. Borin und Kian saßen weit hinten in der Hoffnung, ihr Gewicht auf der Hinterachse werde dem Wagen zusätzliche Stabilität in der Strömung verleihen. Die Pferde zogen den Wagen stetig in das eisige Nass. Der Boden war felsig, und der Wagen holperte bis zur Flussmitte, wo das rauschende Wasser gerade bis zu den Achsen reichte.
Langsam rollten sie in tieferes Wasser, dem anderen Ufer entgegen, und die Pferde mussten sich mehr anstrengen, den turbulenten Fluten Widerstand entgegenzusetzen. Der Wagen trieb seitwärts und holperte und bockte auf dem felsigen Boden. Perry wollte gerade etwas sagen, als der Wagen zur Seite ruckte, über ein tiefes Loch rollte und zu treiben anfing, wobei er in der Strömung herumschwang. Mit einem jähen Schlag prallte das stromabwärts gerichtete Hinterrad seitlich gegen einen großen Unterwasserfelsen, was ein ruckartiges Aufbäumen der Ladefläche bewirkte. Perry wurde in die brausenden Fluten katapultiert. »Herr Perry!«, rief Zwirn, wobei er hektisch nach ihm griff und ihn knapp verfehlte. »Herr Perry!«, rief er noch einmal und sprang seinem Herrn hinterher.
Perry wurde weggeschwemmt und von den tobenden Fluten umhergewirbelt, während Zwirn hilflos hinter ihm her trieb. Die eisige Kraft des wilden Wassers war überwältigend und die beiden Wurrlinge wussten nicht mehr, wo oben und unten war. Sie waren der Strömung auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Der eine wie der andere wurde mehrfach auf den Grund gedrückt und wieder an die Oberfläche gespült. Perry sah das Seil auf sich zurasen und streckte den Arm danach aus, aber das tobende Wasser drückte ihn nach unten, sodass er die Rettungsleine nicht zu fassen bekam, sondern daran vorbei getrieben wurde. Zwirn sah die Leine nicht, aber als er sie passierte, spürte er, wie er von einer starken Hand am Arm gepackt und hochgehoben wurde, und da war auch das Seil. Aber er hatte Wasser eingeatmet und hustete und hatte nicht die Kraft, sich festzuhalten. Kian, sein Retter, hielt den keuchenden Wurrling fest und ließ zu, dass die Strömung sie gegen das Seil drückte.
Fürst Kian hielt verzweifelt stromabwärts nach Perry Ausschau, konnte in den wogenden Fluten aber keine Spur des Bokkers entdecken. Dann sah er Borin am anderen Ufer entlang laufen. Anval hatte den Wagen ans andere Ufer gebracht und kaum dort angekommen, war Borin abgesprungen und stromabwärts hinter Perry hergerannt. Anval folgte ihm mit einigem Abstand.
Mittlerweile hatte Zwirn sich soweit erholt, dass er sich an Fürst Kian festhalten und huckepack reiten konnte, und der junge Mensch zog sich am Seil vorwärts und in Sicherheit. Weit flussabwärts sahen sie Anval und Borin an einer scharfen Biegung im Fluss bis zu den Hüften im Wasser und sich gegen die Strömung wehren, da sie ein schlaffes Bündel ans Ufer trugen. Es war Perry.
Kian erreichte das andere Ufer und Zwirn sprang ab. Die beiden liefen sofort zur Biegung, wobei der langbeinige Mensch den von seinem unfreiwilligen Bad mitgenommenen Wurrling rasch abhängte. Als Zwirn schließlich bei den anderen eintraf, hatten die beiden Zwerge die Kapuze über den Kopf
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