Mittagessen Nebensache
entgegen. Dawn würde es im Hause der Caleys gefallen, und ich fühlte mich ausgesprochen erleichtert, daß sich hier endlich
eine Möglichkeit bot, mein Schwesterlein von Davids Tennisplatz loszueisen.
Annes Behauptung, sich wieder
>fit< zu fühlen, schien mir ein wenig übertrieben. Ich musterte ihr
schmales, blasses Gesichtchen und erkundigte mich, wie sich der Colonel mit der
neuen Situation zurechtfände.
»Oh, natürlich ist er
schrecklich besorgt um mich... viel zu besorgt.« Annes Stimme klang abgespannt.
»Als ich mich neulich so elend fühlte, schlug Tim vor, an die See zu fahren. In
einen kleinen, billigen Ort, wo man den ganzen Tag am Wasser liegen und sich
ausruhen kann. Tim hatte im Augenblick nicht so besonders viel zu tun, und
alles wäre herrlich gewesen, wenn Vater nicht plötzlich behauptet hätte, die
Höhenluft würde mir besser tun. Er spendierte uns dreien einen vierzehntägigen
Urlaub in den Bergen, mit dem Ergebnis, daß ich mit ihm allein wegfuhr und Tim
zu Hause blieb.«
Anne tat mir leid. Dieses
dauernde Vermitteln zwischen den beiden Männern mußte entsetzlich aufreibend
sein. Aber ich sah keine Möglichkeit, ihr in dieser Hinsicht zu helfen, damit
mußte sie allein fertig werden.
»Und nun«, sagte Anne und gab
Christopher einen Abschiedskuß , »will ich zu Larry
hinüberfahren und ihr die Neuigkeit erzählen. Ach Susan, ich hoffe, daß mein
Baby genauso nett wird wie deins.«
Anne war schon als kleines Kind
Halbwaise geworden, und der Colonel hatte ihr, so gut er es vermochte, die
Mutter zu ersetzen versucht. Nach dem Tode seines einzigen Sohnes war Anne nun
sein ein und alles, und man konnte nur zu gut verstehen, daß er sie wie seinen
Augapfel hütete. Tim mußte diese väterliche Fürsorge natürlich als unerhört
lästig empfinden, und nach diesem Gespräch wurde mir klar, daß auch Anne
darunter litt. Dieses ständige Behütetsein durch zwei Männer mußte ganz einfach
eine Strapaze für sie sein.
Bei nächster Gelegenheit sprach
ich mit Larry darüber. »Eine Strapaze?« polterte sie los. »Natürlich ist es
eine Strapaze für Anne. Stell dir bloß vor, du würdest nicht von einem, sondern
von zwei Männern mit Argusaugen bewacht, die dir alles verbieten, was du gern
tun möchtest und die sich jeden Morgen voll überschäumender Zärtlichkeit nach
deinem Befinden erkundigen! Nein, an Annes Stelle hätte ich mir die Sache mit
dem Baby zweimal überlegt.«
»Zweimal... Du hast es dir
sogar zweihundertmal überlegt, obwohl deine Situation bedeutend einfacher war.
Vier Jahre lang hast du das Für und Wider abgewogen, ehe du dich für Christina
entschieden hast. Und dir hat kein Panjandrum auf der
Pelle gesessen.«
»Bitte, Susan, nun wühle mal
nicht die Vergangenheit auf. Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht. Es gibt
nur eine Möglichkeit, um aus diesem Dilemma herauszukommen: Der Colonel muß
heiraten! Bedenke doch nur, wie gut er sich mit Tantchen versteht, und Anne hat sie ebenfalls schrecklich gern. Alle wären glücklich,
die Alten und die Jungen, und jeder hätte sein ungestörtes Eigenleben.«
»Ausgenommen der Colonel und Tantchen ! Nein, Larry, da besteht keine Hoffnung. Miss
Adams würde ihn ebensowenig heiraten wie diesen Pat
Murphy.«
Pat war der Postmeister von der
anderen Seite der Bucht. Ein toller Bursche, der jedes Wochenende eine Sauftour
antrat und mit der gleichen Regelmäßigkeit, mit der er auf diesem Bummel seine
Postsäcke verlor, Tantchen telefonisch einen
Heiratsantrag machte.
In diesem Augenblick trat Dawn
ins Zimmer. Sie hatte den Vormittag in strengster Zurückgezogenheit verbracht,
um etwas an ihrem Haar zu tun, was angeblich nicht auf den nächsten Tag
verschoben werden konnte. Ich hatte ihr gestern gesagt, ich könne absolut nicht
sehen, daß etwas mit ihrer blonden Haarpracht nicht in Ordnung sein solle, aber
sie war mir nur ungeduldig ins Wort gefallen: »Davon verstehst du nichts,
Susan. Das eben ist es ja, daß man es vorher tun muß, bevor etwas zu sehen ist.
Ich möchte nicht, daß Paul auch nur etwas davon ahnt!«
»Nun, ich werde deine
Toilettengeheimnisse bestimmt nicht ausposaunen«, gab ich eingeschnappt zurück.
Ich hatte es wirklich satt, mich von Dawn wie eine Schwachsinnige behandeln zu
lassen. »Aber in der Stadt scheinst du weniger schamhaft gewesen zu sein — schließlich
müssen es alle deine Bekannten gemerkt haben. Gregory Hutchinson zum Beispiel.«
»Meine Liebe«, hatte Dawn
gönnerhaft erwidert, »wie hätte
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