Mittagessen Nebensache
und Vater zu sein.
Oberflächlich betrachtet, hatte er durchaus nichts Unsympathisches an sich,
wenn man von einer gewissen Verschlagenheit in seinem Blick absah. Fest stand
jedenfalls, daß seine Person ein Ärgernis darstellte. Hier im Hochland, wo
unser gesamtes Leben auf gegenseitigem Vertrauen basierte, konnte ein Dieb wie
er mit uns machen was er wollte.
Larry, die sich nie schnell
geschlagen gibt, war natürlich mit einer Reihe von Vorschlägen bei der Hand,
die sich aber allesamt als unbrauchbar erwiesen. Richards verkaufte das Vieh
meist gleich ab Pferch oder lieferte es per Lastzug direkt in die Fleischfabrik
oder zum Schlachthof. Natürlich teilte er uns niemals mit, wann er seine
Schlachttiere ausmusterte, und unsere Männer konnten ja unmöglich auf gut Glück
sein Grundstück stürmen, um die Viehverladung zu kontrollieren. Vielleicht
hätten sie es sogar einmal riskiert, aber wie sollte man den Zeitpunkt
erfahren? Am Telefon zu lauschen oder unserem unehrlichen Nachbarn
nachzuspionieren — das lag uns nicht.
Unser Dieb hatte uns also ganz schön
am Kragen, wie Tim es trübsinnig formulierte.
Paul nickte und warf einen
bekümmernden Blick auf seinen Zählbogen. »Seit der kleine Jolson und die
Archers weg sind, hat sich der ganze Bezirk verändert. Statt der alten,
zuverlässigen Nachbarn haben wir einen Haufen grüner Jungs bekommen, mit
aufgeblähten Köpfen und großartigen Diplomen. Oder solche lausigen Strolche wie
diesen Richards.«
Nach dieser niederdrückenden
Feststellung verfielen unsere Männer in brütendes Schweigen. Ich fühlte mich
verpflichtet, wenigstens einen Versuch zu ihrer Aufheiterung zu unternehmen.
»Ich habe eine tolle Neuigkeit.
Miss Adams hat mich heute morgen angerufen. Sie will
sich einen Lieferwagen kaufen. Ruth soll die Post und die bestellten Waren
einmal in der Woche ausfahren. Was sagst du dazu? Post und Lebensmittel direkt
vor die Haustür!«
Das war natürlich eine
Sensation. »Ich möchte wetten, Tantchen geht es vor
allem darum, dem Mädchen etwas Abwechslung zu bieten«, meinte Larry versonnen.
»Auf diese Weise kommt sie wenigstens von Zeit zu Zeit mal unter die Leute.
Typisch für unsere alte Dame. Nun ja, Ruth wird eine ganze Menge erleben, wenn
sie an die Hintertüren unserer Junggesellen gerollt kommt.«
Dawn blickte überrascht auf.
»Das Mädchen soll fahren — auf diesen Straßen? Wahrhaftig, sie muß enorm
tüchtig sein! Und ich hatte schon geglaubt, sie gehöre zu der Sorte, die vor
einer Gans Reißaus nimmt.«
»Das hat sie im Auto gar nicht
nötig«, erwiderte ich mit unwiderlegbarer Logik. »Miss Adams sagte, Ruth habe
eine ausgezeichnete Fahrpraxis hinter sich. Unsere Straßen würden ihr gar
nichts ausmachen.«
»Das ist ein Mädchen!« sagte
Sam bewundernd. »Die meisten Püppchen aus der Stadt werden mit den
Haarnadelkurven nicht fertig, obwohl sie im Großstadtverkehr ganz gut
zurechtkommen.«
Ruth sei eine furchtlose
Person, bestätigte ich, worauf Dawn ein spitzes Lachen ausstieß. »Kinder, ich
werde direkt eifersüchtig. Ich kann nicht Autofahren, und tapfer bin ich auch
nicht. Mir bleibt also gar nichts anderes übrig, als spezifisch fraulich zu
sein. Ob die Männer Ruth wohl zu einer Tasse Tee einladen, wenn sie die Post
abliefert?«
»Machen sie sich nur keine
Sorgen«, ließ Larry sich beruhigend vernehmen, die Dawns Offenheit imponierend
findet. »Solange wir uns nicht um ihre Frisur und ihre Brille kümmern, besteht
absolut keine Gefahr für Sie. Aber sobald wir diese geschmacklichen Verirrungen
beseitigt haben, werden Sie höchstwahrscheinlich die Ohren steif halten
müssen.«
»Dann ist es wohl das beste , jetzt Heu zu machen«, meinte Dawn unbekümmert und
schwirrte hinaus zu David, der bereits auf sie wartete, um sie zu seinem immer
noch im Bau befindlichen Tennisplatz zu entführen.
Mein Blick folgte ihr
beunruhigt, und Larry mußte wohl meine Gedanken erraten haben. »Mach dir keine
Sorgen. Dieses Mädchen wird sich nicht mit einem Hinterwäldler einlassen, und
wenn er noch soviel Geld hat.«
»Vielleicht doch, vor lauter
Langeweile. Schließlich hat er immer noch die Möglichkeit, seine Farm zu
verkaufen und in der Stadt etwas Neues anzufangen. Ich kann nur hoffen, daß sie
nicht ernstlich Feuer gefangen hat.«
»Auch das wäre noch kein
Unglück, weil David meines Erachtens gar nicht der Mann ist, der sich Hals über
Kopf in die Ehe stürzt. Ein Flirt mit einem hübschen Mädchen ist keine
Staatsaffäre, aber
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