Mittagessen Nebensache
doch bei Ihnen wohnen müssen?«
Tantchen nickte. »Das eben ist der
springende Punkt, sonst hätte ich mir nämlich schon längst eine Hilfe genommen.
Aber jetzt wird es sich machen lassen, denke ich. Wenn das Mädchen meinen
Erwartungen entspricht, werden wir gut miteinander auskommen und uns
gegenseitig nicht stören. Kommt, wir wollen uns einmal ansehen, was Mick
O’Connor aus dem großen Zimmer hinten im Nebengebäude gemacht hat.«
Wir spazierten hinaus. Das
Zimmer befand sich in einem kleinen Gebäude hinter dem Haus. Mick, der einen
recht geschickten Zimmermann abgibt, wenn er nicht gerade betrunken ist, hatte
den bisher unbenutzten Raum in ein behagliches Wohn-Schlafzimmer verwandelt.
Miss Adams erwartete ihre Gehilfin bereits in vierzehn Tagen.
»Sie sind ja ein ganz stilles
Wasser, Tantchen «, sagte Larry verwundert. »Hier wird
großartig renoviert, und dann soll plötzlich ein junges Mädchen zu uns hergeschneit kommen, ohne daß Sie uns ein Sterbenswörtchen
davon gesagt haben. Hatten Sie eine Anzeige aufgegeben?«
»Nein. Ruth ist die Tochter
meiner ältesten Freundin. Als ich sie zuletzt sah, war sie noch ein Kind. Sie
scheint ein nettes, intelligentes Mädchen geworden zu sein. Ich wollte die
Angelegenheit nicht am Telefon mit Ihnen besprechen. Sie haben ja auch so noch
früh genug davon erfahren.«
»Warum will denn ein nettes und
intelligentes Mädchen zu uns Hinterwäldlern kommen?« bohrte Larry weiter. »Ist
was mit ihrer Vergangenheit nicht in Ordnung? Nicht, daß Sie es uns sagen
müssen, wenn es der Fall sein sollte... «
»Ganz bestimmt ist es nicht der
Fall. Ruth hat kürzlich ihre Mutter verloren, ihr Vater starb bereits, als sie
noch ein kleines Kind war. Meine Freundin war zwar eine charmante Person,
konnte aber nicht mit dem Geld umgehen. Die Rente, von der auch Ruth mitgelebt
hat, fällt jetzt weg, und auch sonst ist nicht viel übriggeblieben. Mit ihrer
Karriere ist es jedenfalls vorläufig aus.«
»Wie schade«, sagte Anne
mitfühlend. »Sie hat wohl studiert?«
»Ruth ist zwanzig und wollte
Physio-Therapeutin werden. Sie war mit dem Studium bereits zur Hälfte fertig.
Jetzt mußte sie sich nach einer Stellung umsehen, und ich schlug ihr deshalb
vor, zu mir nach Tiri zu kommen. Hier hat sie keine
Ausgaben und kann sich das Geld für die fehlenden Semester zusammensparen.
Natürlich ist das nur eine vorübergehende Lösung, aber das Mädchen tut mir
wirklich leid. Hoffentlich gefällt es ihr bei uns.«
»Zwanzig Jahre, also so alt wie
ich«, meinte Dawn sinnend. »Ist sie hübsch?«
»Nicht sehr, wenigstens nicht
auf den Fotos. Sie hat sich nur für ihr Studium interessiert und für nichts
sonst. Ich nehme an, daß sie sich nicht sehr verändert hat. Ich hoffe es
wenigstens, denn ich lege keinen Wert auf ein Modepüppchen, das den ganzen Tag
nur mit den Männern herumflirtet.«
Ein solcher Wink mit dem
Zaunpfahl konnte Dawn keinesfalls aus der Ruhe bringen. Sie lachte nur. »Ich
hoffe es ebenfalls. Jetzt, wo ich gerade dabei bin, Boden unter den Füßen zu
gewinnen, wäre mir eine Rivalin zu anstrengend.«
Auf der Heimfahrt fragte Dawn
vom Rücksitz: »Was ist eigentlich mit David Wells los? Warum benahmst du dich
so patzig, und warum hat Miss Adams ihn nicht zum Tee gebeten?«
»Ich wüßte nicht, daß mit ihm
etwas nicht in Ordnung sein sollte«, erwiderte Larry an meiner Stelle. »Aber
wir kennen ihn einfach noch nicht gut genug. Er lebt erst kurze Zeit hier und
arbeitet mit den anderen beiden Burschen zusammen — mit Norman und Jim. Sie
sind alle jünger als unsere Männer, haben den Krieg nicht mitgemacht, und darum
sind ihre Interessen auch völlig verschieden.«
»Ach, zum Teufel mit eurem
alten Krieg«, sagte Dawn mürrisch. »Dieses dauernde Gerede davon macht mich
noch krank. Ewig müssen die Männer vom Krieg erzählen, von ihren Erlebnissen,
und dann tun sie auch noch überheblich damit.«
»Sie tun gar nicht überheblich
damit!« gab ich patzig zurück. »Wenn man gemeinsam im Krieg war und gemeinsam soviel Schreckliches erlebt hat, dann hat man auch
hinterher noch viel Gemeinsames.«
Larry suchte zu vermitteln. »So
ganz unrecht hat Dawn gar nicht«, sagte sie lachend. »Ich erinnere mich noch
gut an Onkel Richard. Dauernd erzählte er von seinen >Kameradenfürchterlich. Jetzt gehören wir selbst schon zu diesen alten Käuzen. Das ist
eben der Welten Lauf.«
3
Als wir nach Hause kamen, stand
Pauls Gesicht auf Sturm. Schon von
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