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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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die ich je gesehen habe. Halten Sie sie nachts nicht wach?«
    Harry lächelte. »Mich kann nichts wachhalten. Ich schlafe wie ein Baby. Die Leute werden von Sorgen wegen der Zukunft, darüber, was ihnen zustoßen könnte, wachgehalten. Aber mir ist das Schlimmste schon zugestoßen. Oder sie lie gen wach und denken über die Vergangenheit nach, über das, was gewesen ist; und auch das tue ich nicht, weil ich es einfach nicht wage.« Während er sprach, verblaßte sein Lächeln. »Und was jetzt? Was machen wir als nächstes?«
    Tessa hob den Kopf des Hundes behutsam vom Schoß, stand auf, strich sich ein paar Hundehaare von den Jeans und sagte: »Nun, die Telefone funktionieren nicht, daher kann Sam das FBI nicht anrufen, und wenn wir die Stadt zu Fuß verlassen, riskieren wir eine Begegnung mit Watkins' Wachen oder diesen Schreckgespenstern. Wenn Sie keinen Heimfunker kennen, der uns sein Gerät benützen lassen würde, sehe ich nur eine Möglichkeit, nämlich zu fahren.«
    »Vergessen Sie die Straßensperren nicht«, sagte Harry.
    »Dann werden wir wohl mit einem Lastwagen fahren müssen, mit etwas Großem und Bösem, überfahren die verdammte Straßensperre einfach, fahren zur Autobahn und dann aus ihrem Bezirk hinaus. Und selbst wenn wir von der Countypolizei angehalten würden, machte das nichts, denn Sam könnte sie dazu bringen, das FBI anzurufen, die Wahrheit seiner Aussage festzustellen, und dann würden sie auf unserer Seite sein.«
    »Wer ist hier eigentlich der Bundesagent?« fragte Sam.
    Tessa merkte, wie sie errötete. »Tut mir leid. Sehen Sie, eine Dokumentarfilmerin ist fast immer auch ihre eigene Produzentin, manchmal Produzentin, Autorin und Regis seurin in einem. Das heißt, wenn der künstlerische Teil hinhauen soll, muß zuerst der finanzielle Teil klappen, daher bin ich daran gewöhnt, jede Menge Planungen und Logistik zu machen. Ich wollte Ihnen nicht auf die Zehen treten.«
    »Da dürfen Sie jederzeit drauf treten.«
    Sam lächelte, und er gefiel ihr, wenn er lächelte. Sie merkte, daß sie sich sogar ein wenig zu ihm hingezogen fühlte. Er war weder hübsch noch häßlich, und auch nicht, was die meisten Menschen mit >unscheinbar< bezeichneten. Er war mehr... schwer zu beschreiben, aber mit angenehmem Äußeren. Sie spürte eine Dunkelheit in ihm, die tiefer reichte als seine momentanen Sorgen über die Ereignisse in Moonlight Cove - vielleicht Trauer über einen Verlust, vielleicht lange unterdrückter Zorn über ein Unrecht, das ihm widerfahren war, vielleicht ein allgemeiner Pessimismus, der damit zusammenhing, daß er bei seiner Arbeit mit den schlimmsten Elementen der Gesellschaft zu tun hatte. Aber wenn er lä chelte, war er wie verwandelt.
    »Wollen Sie wirklich mit einem Lastwagen durchbrechen?« fragte Harry.
    »Vielleicht als allerletztes Mittel«, sagte Sam. »Aber dazu müßten wir einen finden, der groß genug ist, und stehlen, und das ist an sich schon problematisch genug. Außerdem haben sie vielleicht Gewehre an den Straßensperren, oder automatische Waffen. Gegen so etwas wollte ich nicht ein mal mit einem Mack-Lastwagen anfahren. Man kann mit einem Panzer in die Hölle fahren, aber der Teufel wird einen trotzdem bekommen, daher ist es das Beste, gar nicht erst dorthin zu gehen.«
    »Aber wohin gehen wir dann?« fragte Tessa.
    »Schlafen«, sagte Sam. »Es gibt einen Ausweg, eine Methode, das Bureau zu benachrichtigen. Ich sehe ihn aus den Augenwinkeln, aber wenn ich ihn direkt ansehen will, verschwindet er. Das liegt daran, daß ich müde bin. Ich brauche ein paar Stunden in der Falle, damit ich wieder frisch werde und klar denken kann.«
    Nach allem, was sich im Cove Lodge zugetragen hatte, war auch Tessa erschöpft, aber sie war irgendwie überrascht, daß sie nicht nur schlafen konnte, sondern es auch wollte. Als sie in ihrem Motelzimmer stand und die Schreie der Sterbenden und das wilde Kreischen der Killer gehört hatte, hätte sie nicht gedacht, daß sie jemals wieder schlafen könnte.

56
    Shaddack kam um fünf Minuten vor vier Uhr morgens bei Peysers Haus an. Er fuhr seinen anthrazitfarbenen Lieferwa gen mit den dunkel getönten Scheiben und nicht den Mercedes, weil im Lieferwagen ein Computerterminal an der Konsole zwischen den Sitzen montiert war, dort, wo der Hersteller eigentlich eine Klimaanlage vorgesehen hatte. Da die bisherige Nacht so ereignisreich gewesen war, hielt es Shaddack für eine gute Idee, in Reichweite der Verbindung zu bleiben, die wie ein

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