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Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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rückgeschoben werden konnte. Er zog Hilfsmittel vor, deren Nützlichkeit erprobt worden war. Er schob die Platte zwischen Tür und Rahmen direkt unterhalb des Schlosses und führte sie aufwärts, wobei er Druck anwendete, als er auf Widerstand stieß. Das Schloß ging auf. Er drückte gegen die Tür, und sie war nicht verriegelt; sie ging mit einem leisen Quietschen auf.
    Er trat ein und machte die Tür leise zu, achtete aber darauf, daß das Schloß nicht wieder einrastete. Wenn er schnell hinaus mußte, wollte er sich nicht erst mit Aufschließen aufhalten müssen.
    Die Küche wurde nur vom trüben Licht des regnerischen Tages erhellt, das kaum durchs Fenster drang. Der Vinylboden, die Tapete und die Kacheln schienen die hellsten Farb töne zu haben, denn im Halbdunkel sah alles mehr oder weniger grau aus.
    Er blieb fast eine Minute lang stehen und lauschte angestrengt.
    Die Küchenuhr tickte.
    Regen trommelte auf das Balkondach.
    Sein nasses Haar klebte ihm an der Stirn. Er strich es beiseite, aus den Augen.
    Als er sich bewegte, quietschen seine nassen Schuhe.
    Er ging direkt zum Telefon, das über einem Sekretär in der Ecke an der Wand befestigt war. Als er den Hörer abnahm, bekam er kein Freizeichen, aber die Leitung war auch nicht tot. Seltsame Laute ertönten: Klicken, leises Piepsen, schwache Oszillationen - alles verschmolz zu einer traurigen, fremdartigen Musik, einem elektronischen Klagelied.
    Sanas Nacken wurde kalt.
    Er legte den Hörer stumm und vorsichtig wieder auf die Gabel.
    Er fragte sich, was für Geräusche man in einem Telefon hören konnte, das als Modem zwischen zwei Computern benützt wurde. Arbeitete einer der Coltranes anderswo im Haus und war per Heimcomputer mit New Wave verbunden?
    Aber irgendwie spürte er, daß man das, was er im Telefon gehört hatte, nicht einfach damit erklären konnte. Es war verdammt unheimlich gewesen.
    Das Eßzimmer grenzte an die Küche. Gazevorhänge hingen vor den beiden großen Fenstern, sie filterten das aschefarbene Tageslicht noch mehr. Eine Kiste, Büffet, Tisch und Stühle waren als schwarze Blocks und schieferfarbene Schatten zu erkennen.
    Er blieb wieder stehen, um zu lauschen. Und hörte wieder nichts Ungewöhnliches.
    Das Haus war im klassisch kalifornischen Design gehalten, ohne Erdgeschoßflur. Jedes Zimmer führte direkt ins nächste, eine offene, freizügige Architektur. Er betrat das große Wohnzimmer durch einen Bogen und war froh, daß das Haus mit Teppichboden ausgelegt war, auf dem man seine Schuhe nicht hören konnte.
    Das Wohnzimmer war nicht so dunkel wie der Rest des Hauses, soweit er ihn bisher gesehen hatte, trotzdem war der hellste Farbton perlmuttgrau. Die westlichen Fenster wurden von der Vorderveranda überschattet, über die nörd lichen strömte der Regen. Bleiernes Tageslicht, das durch die Scheiben drang, überzog den Raum mit einem Fleckenmu ster grauer Schatten von Hunderten von Tropfen, die am Glas perlten, und Sam war so nervös, daß er beinahe spüren konnte, wie diese winzigen amöbenhaften Gespenster über ihn hinweg krochen.
    Mit der Beleuchtung und seiner Stimmung kam er sich vor wie in einem alten Schwarzweißfilm. Einem der trostlosesten Beispiele des film noir.
    Das Wohnzimmer war verlassen, aber dann ertönte unvermittelt ein Geräusch aus dem letzten Zimmer unten. Aus der südwestlichen Ecke. Hinter dem Foyer. Höchstwahrscheinlich das Aufenthaltszimmer. Ein gellendes Kreischen, bei dem er Zahnschmerzen bekam, gefolgt von einem hilflosen Schrei, der weder von einem Menschen noch von einer Maschine stammte, sondern irgendwo dazwischen lag, eine halbmetallische Stimme, die von Angst entstellt und von Verzweiflung verzerrt wurde. Dem folgte ein tiefes elektronisches Pulsieren, gleich einem lauten Herzschlag.
    Dann Stille.
    Er hatte den Revolver gezückt, hielt ihn starr vor sich und war bereit, auf alles zu schießen, was sich bewegte. Aber alles war still und ruhig.
    Das Kreischen, der unheimliche Schrei und das tiefe Pulsie ren konnten unmöglich etwas mit den Schreckgespenstern zu tun haben, die er gestern nacht vor Harrys Haus gesehen hatte, oder mit den anderen Gestaltveränderern, die Chrissie beschrieben hatte. Bisher hatte er sich am meisten vor einer direkten Konfrontation mit ihnen gefürchtet. Aber plötzlich war das unbekannte Ding im Nebenzimmer furchterregender.
    Sam wartete.
    Nichts mehr.
    Er hatte das unheimliche Gefühl, daß etwas so angestrengt nach Bewegungen von ihm lauschte wie er nach

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