Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
wurden.
    Coltranes Atem stank nach verwesendem Fleisch und überhitzten elektronischen Komponenten.
    Sensoren leuchteten und bewegten sich in den lidlosen Augenhöhlen.
    Coltranes Gesicht, das im Schein der Monitore golden wirkte, schien zu einem endlosen Schrei erstarrt zu sein. Die Adern, die an den Kiefern und Schläfen pulsierten, schienen nicht seinen Herzschlag wiederzugeben, sondern Parasiten zu sein, die sich unter der Haut wanden.
    Sam betätigte den Abzug mit einem Erschauern des Abscheus. In dem engen Raum hallte der Schuß wie Donner.
    Coltranes Kopf wurde von der Wucht des Schusses zu rückgeschleudert, dann sackte er nach vorne und kam rauchend und blutend mit dem Kinn auf der Brust zu liegen.
    Die ekelhaften Kabel schwollen an und schrumpften und schwollen wieder an, wie im Rhythmus innerer Flüssigkeiten.
    Sam spürte, daß der Mann nicht völlig tot war. Er richtete den Revolver auf den Computerschirm.
    Eine von Coltranes Skeletthänden ließ das Kabel los, das sie festgehalten hatte. Sie packte mit einem Klick -schnippschnapp blanker Knochen Sams Handgelenk.
    Sam schrie auf.
    Elektronische Klicks und Klacks und Piepser und Summtöne dröhnten durch das Zimmer.
    Die höllische Hand hielt ihn mit so unglaublicher Kraft fest, daß die Knochenfinger das Fleisch zusammendrückten und dann durch die Haut schnitten. Er spürte, wie unter dem Hemdsärmel warmes Blut am Arm hinabrann. Ihm wurde mit einem Anflug von Panik klar, daß die unmenschliche Kraft der Menschmaschine ausreichend war, ihm das Handgelenk zu brechen und ihn zu verkrüppeln. Im günstigsten Fall würde seine Hand mangels Blutzirkulation taub werden und der Revolver herunterfallen.
    Coltrane bemühte sich, den halb zerschmetterten Kopf zu heben.
    Sam dachte an seine Mutter im Autowrack, an das aufgerissene Gesicht, das ihn angrinste, grinste, stumm und reglos war, aber grinste...
    Er kickte panisch gegen Coltranes Stuhl und hoffte, dieser würde wegrollen und davonwirbeln. Die Bremsen der Rollen waren festgezogen.
    Die Knochenhand drückte fester, und Sam schrie. Sein Blick verschwamm.
    Trotzdem konnte er sehen, daß Coltrane langsam, langsam den Kopf hob.
    Mein Gott, ich will dieses zerschmetterte Gesicht nicht  sehen!
    Sam kickte mit dem rechten Fuß, in den er sein ganzes Ge wicht verlagerte, einmal, zweimal, dreimal gegen die Kabel zwischen Coltrane und dem Computer. Sie rissen bei Coltrane ab, platzten mit einem gräßlichen Geräusch aus dem Fleisch, und der Mann sackte auf dem Stuhl zusammen. Gleichzeitig öffnete sich die Knochenhand und fiel von Sams Handgelenk ab. Sie fiel mit einem kalten Klappern auf die harte Plastikmatte unter dem Stuhl.
    Elektronische Baßtöne pulsierten wie leise Trommelschläge und hallten von den Wänden wider, während darunter ein dünnes Wimmern unablässig über drei Töne hinweg anund abschwoll.
    Keuchend und halb im Schock preßte Sam die linke Hand um das blutende Gelenk, als könnte das die stechenden Schmerzen stillen.
    Etwas strich an seinem Bein entlang.
    Er sah nach unten und erblickte die halborganischen Ka bel, blassen Schlangen ohne Köpfe gleich, die immer noch mit dem Computer verbunden und von bösem Leben erfüllt waren. Sie schienen auch gewachsen zu sein und wirkten doppelt so lang wie vorher, als sie Coltrane noch mit der Maschine verbunden hatten. Eines packte seinen linken Knöchel, während sich das andere geschmeidig um die rechte Wade schlängelte.
    Er versuchte sich loszureißen.
    Sie hielten ihn fest.
    Sie krochen an seinen Beinen hinauf.
    Er wußte instinktiv, sie suchten nacktes Fleisch an seinem Oberkörper, bei Kontakt würden sie sich in ihn graben und ihn zu einem Bestandteil des Systems machen.
    Er hielt immer noch den Revolver in der blutigen rechten Hand. Er zielte auf den Bildschirm.
    Es strömten keine Daten mehr über das bernsteinfarbene Feld. Statt dessen sah Coltranes Gesicht vom Bildschirm heraus. Seine Augen waren wieder hergestellt, und es schien, als könnte er Sam sehen, denn er sah ihn direkt an und sprach zu ihm:
    »...brauche... brauche... will... brauche...«
    Ohne auch nur einen Bruchteil zu begreifen, wußte Sam, daß Coltrane noch am Leben war. Er war nicht mit seinem Körper gestorben - zumindest war er nicht völlig dahin. Er war da, irgendwie in der Maschine.
    Wie um diese Erkenntnis zu bestätigen, beeinflußte Coltrane das Glas des Bildschirms so, daß es die konvexe Ebene seiner Oberfläche aufgab und sich den Konturen seines Ge sichts

Weitere Kostenlose Bücher