Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternacht

Mitternacht

Titel: Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
würde er von Tausenden winziger Hämmer in die Knie gezwungen werden, die alle für sich allein zu winzig waren, deren Wirkung sich aber in ihrer Ge samtheit addierte.
    Neil stieg ebenso eifrig wieder in das Auto ein, wie er vorher herausgeklettert war.
    Ihm war klar, daß er weder dem klaustrophobischen Inneren des Streifenwagens oder dem nervtötenden Prasseln des Regens so verzweifelt entkommen wollte. Was ihn tatsächlich bedrückte, war sein Leben als Neuer Mensch. Da er nur Angst empfinden konnte, war er in einem emotionalen Schrank mit so engen Abmessungen eingeschlossen, daß er sich praktisch überhaupt nicht bewegen konnte. Er erstickte nicht an äußerlichen Verstrickungen und Beklemmungen; er war vielmehr durch das, was Shaddack ihm angetan hatte, von innen gefesselt.
    Was bedeutete, es gab kein Entkommen.
    Es sei denn, möglicherweise durch Regression.
    Neil konnte das Leben, wie er es jetzt leben mußte, nicht ertragen. Andererseits entsetzte ihn der Gedanke daran, in eine nicht menschliche Gestalt zu verfallen, und stieß ihn ab.
    Sein Dilemma schien unlösbar zu sein.
    Sein Unvermögen, nicht mehr an diese Zwickmühle zu denken, beunruhigte ihn fast ebensosehr wie die Zwickmühle selbst. Es ging ihm dauernd durch den Kopf. Er fand keine Ruhe.
    Es gelang ihm nur dann einigermaßen, seine Sorgen - und einen Teil der Angst - aus seinem Denken zu verdrängen, wenn er mit dem mobilen VDT im Streifenwagen arbeitete. Wenn er die Anzeigentafel des Computers abrief, ob Nachrichten auf ihn warteten, wenn er sich im Moonhawk-Plan vergewisserte, wie die restlichen Verwandlungen verliefen, oder wenn er andere Aufgaben am Computer erfüllte, konzentrierte sich seine Aufmerksamkeit so sehr auf die Wechselwirkung mit der Maschine, daß er vorübergehend seine Angst vergaß und die beklemmende Klaustrophobie nachließ.
    Neu hatte sich schon als Jugendlicher für Computer interessiert, aber er war nie ein Hacker geworden. So obsessiv war sein Interesse nicht. Er hatte natürlich mit Computerspielen angefangen, aber später einen billigen PC bekommen. Noch später hatte er sich mit dem Geld, das er mit einem Ferienjob verdient hatte, ein Modem gekauft. Er konnte sich nicht viele Ferngespräche leisten und verbrauchte seine Freizeit selten damit, aus dem Hinterland von Moonlight Cove in die faszinierenden Datennetze der Außenwelt ein zusteigen, aber für ihn waren auch die Ausflüge ins One-line-Datensystem faszinierend und amüsant.
    Als er jetzt im geparkten Auto in der Holliwell Road saß und das VDT benützte, dachte er, daß die Innenwelt des Computers bewundernswert sauber und vergleichsweise einfach, vorhersehbar und normal war. So ganz anders als die menschliche Existenz - ob Neue oder Alte Menschen. Dort drinnen herrschten Logik und Ve rnunft. Ursache und Wirkung und Nebenwirkung wurden immer analysiert und vollkommen deutlich gemacht. Dort drinnen war alles schwarz und weiß - und falls es grau gab, war das Grau sorgfältig abgewogen, festgelegt und bestimmt. Mit kalten Fakten konnte man besser zurechtkommen als mit Gefühlen. Ein ausschließlich aus Daten geformtes Universum, von Materie und Ereignissen abstrahiert, schien ungleich erstrebenswerter als das wirkliche Universum von Kälte und Hitze, scharf und stumpf, glatt und rauh, Blut und Tod, Schmerz und Angst.
    Neil rief ein Menü nach dem anderen ab und drang immer tiefer in die Datenspeicher von Moonhawk in Sonne vor. Er brauchte keine der Daten, die er abrief, aber die Aufgabe, sie zu erlangen, tröstete ihn.
    Er fing an, den Bildschirm des Terminals nicht mehr nur als Kathodenröhre zu sehen, auf der Informationen abgebildet wurden, sondern als Fenster in eine andere Welt. Eine Welt der Fakten. Eine Welt, in der es keine beunruhigenden Widersprüche gab... und keine Verantwortung. Da drinnen konnte man nichts fühlen; es gab nur das Bekannte und das Unbekannte, entweder einen Überfluß an Fakten zu einem bestimmten Thema, oder ein völliges Fehlen davon, aber kein Fühlen; niemals fühlen; zu fühlen war der Fluch derer, deren Existenz von Heisch und Knochen abhing.
    Ein Fenster in eine andere Welt.
    Neil berührte den Bildschirm.
    Er wünschte sich, er könnte das Fenster aufmachen und in jene Welt von Vernunft, Ordnung und Frieden hineinklettern.
    Er strich mit den Fingerspitzen der rechten Hand unabläs sig über den warmen Glasbildschirm.
    Es war seltsam, aber er dachte an Dorothy, die mit ihrem Hund Toto von einem Tornado von den Feldern von

Weitere Kostenlose Bücher