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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hornet Moth, als wolle sie ihren Weg kreuzen. Im Bruchteil einer Sekunde sah Harald das entsetzte Gesicht des deutschen Piloten, der den Mund weit aufriss zu einem Schreckensschrei. Alle drei waren sie nur Zentimeter vom Tod entfernt. Dann glitt die Tragfläche des Jägers unter der Hornet Moth hindurch, wobei sie deren Fahrwerk nur um Haaresbreite verfehlte.
    Harald stieg heftig auf das linke Ruderpedal, und Karen riss den Steuerknüppel zurück, doch da war der Jäger schon fort und nicht mehr zu sehen.
    »Mein Gott!«, stöhnte Karen. »Das war knapp!«
    Harald starrte in die wirbelnden Wolken hinaus und rechnete jeden Moment mit der Rückkehr der Messerschmitt. Eine Minute verstrich, dann eine zweite. »Ich glaube«, sagte Karen, »der ist genauso erschrocken wie wir.«
    »Was glaubst du, was er jetzt macht?«
    »Er wird wohl eine Weile über und unter der Wolkendecke herumfliegen und hoffen, dass wir irgendwann rauskommen. Wenn wir Glück haben, weicht sein Kurs von unserem ab, und wir sind ihn los.«
    Harald überprüfte den Kompass. »Wir fliegen nach Norden«, sagte
    er.
    »Ich bin bei der ganzen Versteckspielerei völlig vom Kurs abgekommen«, sagte Karen. Sie ging in eine Linkskurve, und Harald unterstützte sie mit dem Ruder. Als der Kompass zwei-fünfzig anzeigte, sagte er: »Genug«, und Karen richtete die Maschine aus.
    Sie ließen die Wolken hinter sich. Beide suchten mit den Augen den Himmel nach allen Richtungen ab, konnten jedoch kein anderes Flugzeug entdecken.
    »Ich bin so müde«, sagte Karen.
    »Kein Wunder. Lass mich übernehmen und ruh dich eine Weile aus.«
    Harald konzentrierte sich ganz darauf, geradeaus und auf gleicher Höhe zu fliegen. Die ständigen kleinen Justierungen gingen ihm allmählich in Fleisch und Blut über.
    »Behalt die Instrumente im Auge«, erinnerte ihn Karen. »Den Geschwindigkeitsanzeiger und den Höhenmesser, Kompass, Öldruck und Benzinuhr. Als Flieger musst du ständig darauf achten.«
    »Verstanden.« Harald zwang sich dazu, alle ein, zwei Minuten auf das Instrumentenbrett zu schauen und machte die Feststellung, dass das Flugzeug seine Gefühle Lügen strafte und keineswegs jedes Mal in einen beängstigenden Sturzflug überging.
    »Wir müssen jetzt über Jütland sein«, meinte Karen. »Ich frage mich, wie weit wir nach Norden abgekommen sind.«
    »Wie können wir das überprüfen?«
    »Wenn wir uns der Küste nähern, müssen wir so tief wie möglich runter. Wir sollten dann imstande sein, die eine oder andere Geländeformation zu erkennen, sodass wir anhand der Landkarte unsere Position bestimmen können.«
    Der Mond stand jetzt tief am Horizont. Harald warf einen Blick auf seine Uhr und sah verblüfft, dass sie bereits beinahe zwei Stunden unterwegs waren. Ihm war, als seien erst wenige Minuten seit dem
    Start vergangen.
    »Also, lass uns mal nachsehen«, sagte Karen nach einer Weile. »Geh mit der Drehzahl runter auf vierzehnhundert und senk die Nase.« Sie kramte den Atlas hervor und studierte ihn im Schein der Taschenlampe. »Wir müssen tiefer gehen«, erklärte sie. »Ich kann am Boden nicht genug erkennen.«
    Harald ließ die Maschine erst auf neunhundert Meter sinken und ging dann sogar auf sechshundert herunter. Das Land war im Mondlicht jetzt gut zu erkennen, aber man sah nur Felder, keine markanten Formationen. Plötzlich sagte Karen: »Schau mal – ist das nicht eine Stadt da vorne?«
    Harald sah nach unten. Schwer zu sagen, dachte er. Lichter waren keine zu sehen wegen der Verdunkelung – die aus eben dem Grund angeordnet war, Städte aus der Luft unsichtbar zu machen. Auf jeden Fall schien sich die Struktur der Landschaft vor ihnen zu ändern.
    Urplötzlich tauchten kleine, flackernde Lichter am Himmel auf. »Was ist denn das, um Gottes willen?«, schrie Karen.
    Schoss da jemand mit Feuerwerksraketen auf die Hornet Moth? Seit der deutschen Invasion war dergleichen verboten.
    Dann sagte Karen: »Ich hab noch nie ein Leuchtspurgeschoss gesehen, aber.«
    »Mist, genau das dürfte es sein!« Ohne auf Instruktionen zu warten, gab Harald Vollgas und ging mit der Nase hoch, um Höhe zu gewinnen.
    Im gleichen Moment flammten Suchscheinwerfer auf.
    Es gab einen Knall, und ganz in der Nähe explodierte etwas. »Was war das denn?«, schrie Karen.
    »Das muss eine Granate gewesen sein.«
    »Schießt da wer auf uns?«
    Schlagartig wusste Harald, wo sie sich befanden. »Das muss Morlunde sein! Wir sind direkt über den Hafenbefestigungen!«
    »Kurven!«
    Er

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