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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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brachte die Maschine in Schräglage.
    »Und steig nicht zu steil auf«, sagte Karen. »Sonst überziehst du.«
    Über ihnen zerplatzte eine weitere Granate. Die Strahlen der Suchscheinwerfer zerschnitten die Dunkelheit um sie herum. Harald hatte das Gefühl, als hebe er das Flugzeug durch reine Willenskraft in die Höhe.
    Sie flogen eine 180-Grad-Kurve. Dann richtete Harald die Maschine wieder geradeaus und stieg weiter. Erneut explodierte eine Granate, diesmal jedoch hinter ihnen. Vielleicht kommen wir auch diesmal mit dem Schrecken davon, dachte er.
    Das Granatfeuer hörte auf. Harald flog wiederum eine Kurve, bis er seinen ursprünglichen Kurs erreichte, stieg aber weiter auf.
    Kurze Zeit später überflogen sie die Küste.
    »Jetzt liegt das Festland hinter uns«, sagte Harald.
    Karen gab keine Antwort, und er drehte sich zu ihr um. Sie hatte die Augen geschlossen.
    Harald warf einen Blick zurück auf die Küste, die im Mondlicht hinter ihnen lag. »Ob wir Dänemark jemals wiedersehen werden?«
    D er Mond ging nun unter, doch der Himmel war wolkenlos, sodass Harald die Sterne sehen konnte – worüber er sehr froh war, denn nur mit ihrer Hilfe konnte er oben von unten unterscheiden. Der Flugzeugmotor dröhnte beruhigend gleichmäßig vor sich hin. Sie flogen in fünfzehnhundert Meter Höhe bei 80 Knoten. Es gab weniger Turbulenzen, als Harald von seinem ersten Flug her in Erinnerung hatte. Liegt es daran, dass wir übers Meer fliegen, oder daran, dass es Nacht ist, fragte er sich, oder spielt beides eine Rolle? Er kontrollierte den Kurs ständig anhand des Kompasses, hatte aber keine Ahnung, wie weit die Hornet Moth inzwischen vom Wind abgetrieben worden sein mochte.
    Er nahm die Hand vom Steuerknüppel und berührte Karens Gesicht. Ihre Wange schien zu brennen. Er trimmte die Maschine, sodass sie ruhig geradeaus flog, dann holte er eine der Wasserflaschen unter dem Instrumentenbrett hervor, befeuchtete seine Hand und betupfte damit Karens Stirn, um sie zu kühlen. Ihr Atem ging normal, obwohl er sich an seiner Hand heiß anfühlte. Karen schien in einen fiebrigen Schlaf gefallen zu sein.
    Als er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Außenwelt richtete, sah er, dass der Morgen dämmerte. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr: Es war kurz nach drei. Sie mussten jetzt ungefähr die Hälfte der Strecke nach England zurückgelegt haben.
    Im spärlichen Licht erkannte er eine Wolke vor sich. Sie kam ihm riesengroß vor, daher flog er direkt hinein. Es war eine Regenwolke. Das Wasser strömte ungestört über die Windschutzscheibe, denn mit Scheibenwischern wie ein Auto war die Hornet Moth nicht ausgestattet.
    Harald erinnerte sich an Karens Erläuterungen zum Orientierungsverlust und beschloss, keine plötzlichen Bewegungen mehr zu machen. Das unentwegte Starren ins wirbelnde Nichts hatte einen merkwürdig hypnotischen Effekt. Am liebsten hätte er sich jetzt mit Karen unterhalten, doch nach allem, was sie durchgemacht hatte, brauchte sie ihren Schlaf. Allmählich verlor er jedes Gefühl für die Zeit und begann, verschiedene Gestalten in der Wolke zu sehen – erst einen Pferdekopf, dann die Motorhaube einer Lincoln-Limousine, schließlich das schnauzbärtige Gesicht Neptuns. Und dann sah er links vor sich auf 11-Uhr-Position und nur wenige Meter unter sich ein Fischerboot, von dessen Deck mehrere Seeleute verwundert zu ihm hinaufstarrten.
    Das ist keine Einbildung, dachte er erschrocken und war schlagartig wieder hellwach. Der Nebel hatte sich gelichtet, und was er sah, war ein echtes Boot. Beide Zeiger des Höhenmessers wiesen nach oben. Er befand sich nahezu auf Meereshöhe – nach einem längeren Sinkflug, von dem er nichts bemerkt hatte.
    Instinktiv zog er den Steuerknüppel zurück und die Nase nach oben, doch im selben Moment hörte er Karen im Geiste sagen: Aber geh nie zu schnell mit der Nase hoch, sonst überziehst du. Das heißt, du verlierst Auftrieb, und das Flugzeug fällt vom Himmel. Ihm war jetzt klar, was er falsch gemacht hatte, und er wusste auch, wie er darauf reagieren musste. Die Frage war nur, ob die Zeit dazu noch reichte. Die Maschine verlor schon wieder an Höhe. Er nahm die Nase nach unten und schob den Steuerknüppel bis zum Anschlag vor. Auf gleicher Höhe flog er an dem Fischerboot vorbei. Dann riskierte er es und zog die Nase der Hornet Moth ein kleines Stück nach oben, während er gleichzeitig damit rechnete, dass das Fahrgestell jeden Augenblick auf den Wellen aufschlug. Aber die

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