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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Zulassungsprüfungen zur Universität blieben, hatte er darauf verwendet.
    Heute, am 31. Mai, kehrte Harald aus dem Internat nach Hause zurück, wo er die Pfingstferien verbringen wollte. Am Vormittag hatte er noch physikalische Gleichungen gepaukt und am Nachmittag dann einen Zahnkranz aus einem verrosteten Rasenmäher ins Hinterrad
    seiner Nimbus eingebaut. Inzwischen lief die Maschine perfekt. Harald war unterwegs zu einer Bar, wo hoffentlich eine Jazzband spielte und wo man vielleicht sogar ein paar nette Mädchen treffen konnte.
    Harald liebte Jazz. Abgesehen von der Physik gab es nichts, was ihn so sehr fesselte. Amerikanische Musiker waren natürlich einsame Spitze, doch es lohnte sich durchaus, auch ihren dänischen Nachahmern zuzuhören. Und das Jazz-Angebot in Morlunde war gar nicht so übel, was vielleicht daran lag, dass die Stadt einen großen Hafen hatte, der von Seeleuten aus aller Welt besucht wurde.
    Doch als Harald vor dem Club Hot vorfuhr, war die Tür verschlossen, und vor den Fenstern waren die Jalousien heruntergelassen.
    Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Samstagabends um acht sollte es an einem der beliebtesten Treffpunkte der Stadt eigentlich hoch hergehen.
    Er saß noch immer im Sattel und starrte das stille Gebäude an, als plötzlich ein Passant stehen blieb und neugierig Haralds Fahrzeug betrachtete. »Was ist denn das für‘ne Erfindung?«
    »Eine Nimbus mit Dampfmaschine. Wissen Sie, was mit dem Club hier los ist?«
    »Muss ich wohl, schließlich gehört er mir. Was für‘n Sprit braucht denn dieses Ding?«
    »Alles, was brennt. Ich nehme Torf.« Harald deutete auf einen Stapel Torfbriketts hinten im Beiwagen.
    »Torf?« Der Mann lachte.
    »Warum ist der Club geschlossen?«
    »Die Nazis haben mir den Laden dichtgemacht.«
    Harald erschrak. »Warum denn das?«
    »Weil ich Neger-Musiker beschäftigt habe.«
    Harald hatte noch nie einen schwarzen Musiker in Fleisch und Blut gesehen, wusste aber von Schallplatten, dass sie die besten waren. »Diese Nazischweine haben doch keine Ahnung!«, polterte er. Den Abend konnte er abschreiben.
    Der Besitzer des Jazz-Clubs sah sich nervös um. Hoffentlich hatte das niemand gehört. Obwohl das Besatzungsregime in Dänemark mit relativ lockerer Hand herrschte, wagten es nur wenige Menschen, offen über die Nazis herzuziehen. Glücklicherweise war weit und breit niemand zu sehen. Der Mann richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Nimbus. »Und das fährt wirklich?«
    »Selbstverständlich.«
    »Wer hat Ihnen das denn umgebaut?«
    »Das hab ich selbst gemacht.«
    Die Belustigung des Jazz-Clubbesitzers verwandelte sich in Bewunderung. »Ganz schön clever«, sagte er.
    »Danke.« Harald öffnete das Ventil, durch das Dampf in den Motor strömte. »Das mit Ihrem Club tut mir echt Leid.«
    »Ich hoffe, sie lassen mich in ein paar Wochen wieder öffnen. Aber ich werde versprechen müssen, dass ich nur noch weiße Musiker engagiere.«
    »Jazz ohne Neger?« Harald schüttelte angewidert den Kopf. »Da könnte man genauso gut alle französischen Küchenchefs aus den Restaurants rauswerfen.« Er nahm den Fuß von der Bremse. Langsam setzte sich das Motorrad in Bewegung.
    Er überlegte, ob er ins Zentrum fahren und in den Cafes und Bars um den Marktplatz herum nach Freunden und Bekannten Ausschau halten sollte, verwarf den Gedanken jedoch rasch wieder. Seine Enttäuschung wegen des Jazz-Clubs war so groß, dass ihm jeder weitere Aufenthalt in der Stadt nur noch mehr auf die Stimmung geschlagen wäre. Daher machte er sich auf den Weg zum Hafen.
    Haralds Vater war Pastor an der Kirche von Sande, einer kleinen, ein paar Kilometer vor der Küste gelegenen Insel. Die Fähre, die zwischen Insel und Festland hin und her pendelte, lag schon am Kai, und Harald fuhr direkt aufs Deck. Das Boot war dicht besetzt mit Fahrgästen, von denen er die meisten persönlich kannte. Eine Gruppe von Fischern kehrte von einem Fußballspiel zurück; die Männer hatten anschließend noch etwas getrunken und waren entsprechend fröhlich. Zwei wohlhabende Damen mit Hut und Handschuhen waren mit einem Ponygespann auf Einkaufstour gewesen. Auch eine fünfköpfige Familie war an Bord; sie hatte Verwandte in der Stadt besucht. Unbekannt war Harald ein gut gekleidetes Paar, von dem er vermutete, dass es in dem erstklassigen Restaurant des Inselhotels essen gehen wollte. Die Nimbus erregte allgemeine Aufmerksamkeit. Einmal mehr musste Harald die Dampfmaschine erklären.
    Die Fähre

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